Ni Yidad ni cruzadas – Barcelona widersteht dem Hass

Alois-Karl Hürlimann lebt in Barcelona und hat den Terroranschlag und die folgenden Trauerfeiern und Demonstrationen aus der Nähe miterlebt. Er berichtet von einer Stadt, die sich nicht von Politikern vereinnahmen lässt, sondern auf ihre eigene Weise trauert.

Katalanen gegen Islamophobie – Kundgebungsteilnehmer in Barcelona. (Bild: Reuters)

A

Die Terrorakte in der Rambla Catalunya in Barcelona und in Cambrils lösten bei vielen Menschen Entsetzen aus. Entsetzen, das von Trauer, aber auch von Ängsten begleitet wird. Trauer um die Opfer, Ängste vor möglicher Gewalt, der man wie die Opfer der Terrorakte plötzlich ausgesetzt sein könnte. Als Bewohner einer Stadt, in der ein Terrorakt stattgefunden hat, erlebt man unter Umständen Verunsicherung im Alltag, etwa wenn Nähe zu einem verbrecherischen Geschehnis da ist, weil man die Strasse kennt, in der Menschen getötet oder verletzt wurden.

Die «öffentliche» und damit auch die «mediale» Verarbeitung von Terrorverbrechen gegen Menschen, die zufälligerweise dort waren, wo Mörder ihr Verbrechen durchführten, hat inzwischen eine Art Ablaufregulierung erreicht. Sie beginnt meistens mit sogenannter «Live»-Nachrichtenvermittlung. Dann treten Augenzeugen auf, später Politikerinnen und Politiker. Dann folgen Talksendungen im Fernsehen.

Gewissermassen als Schlusspunkt wird oft eine unübersehbar auf TV-Bilder ausgerichtete und pompös inszenierte offizielle, das heisst durch politische wie durch Religions-Repräsentanten dargestellte Trauerfeierlichkeit veranstaltet. Solcherlei hat manchmal den Charakter eines reinen Medienevents. Nach wenigen Tagen erstirbt jeweils das Medieninteresse, und jene, die als Opfer tatsächlich betroffen sind – Verletzte und Angehörige von Ermordeten – verschwinden aus dem Fokus des Nachrichtenwesens und werden oft alleine gelassen.

Vielfalt der Lebensgefühle

Der Terrorakt in Barcelona wirkte auf viele Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt wie ein mörderischer Raubüberfall in ihre Wohnung. Terroristen haben vielfältige Lebensgefühle angegriffen. In der Berichterstattung ist hauptsächlich von einem «verletzten» Lebensgefühl die Rede gewesen. Bezeichnenderweise steht dieser Begriff in vielen Barcelona-Beschreibungen, die man nach den Terroranschlägen vom 17. August 2017 lesen konnte, im Singular.

Das wird der Vielfalt der Lebensgefühle in der Stadt, die nebeneinander, auch gegeneinander und gleichzeitig miteinander eine Vielfalt produzieren, die man in anderen Metropolen in Europa nicht derart ausgeprägt findet, keineswegs gerecht. Die Reduzierung macht aus Widersprüchlichem eine Art «unité de doctrine»-Aussage über den angeblich einheitlichen «Charakter» einer jeden einzelnen Bewohnerin, eines jeden einzelnen Bewohners von Barcelona.

Es wird also der «typische» Barceloner erfunden, was mit der Zusammensetzung der Stadt- und der gesamten Metropol-Bewohnerschaft nichts zu tun hat. Dieser Typus bewegt sich – den Beschreibungen nach – demnach vornehmlich auf einer Flaniermeile namens Rambla und ist im Übrigen nur eines:«lebensfroh».

Kein klassischer Ferienort

Wenn man sich in dieser Stadt bewegt, dann ist Barcelona unübersehbar – und für die Bewohner des Metropolitandistrikts mit unangenehmen Problemen behaftet – ein Zentrum des globalisierten Tourismus. Touristen sind in bestimmten Stadtbezirken nicht nur Alltagserscheinungen, sie sind während ihrer Anwesenheit in der Stadt auch so etwas wie uneingeweihte Mitbewohner, meist nur auf sehr kurze Zeit. Für diese paar Stunden aber sind sie zum Teil äusserst störend, weil sie das Alltagsleben übernehmen und die jeweiligen Örtlichkeiten dominieren.

Das bringt grosse Probleme, schafft soziale Spannungen und anstelle von Begegnungsbereitschaft zunehmend Abwehr. Vieler Bewohner von Barcelona sind gegen «den» Tourismus in der Stadt.

Barcelona ist kein klassischer Ferienort, sondern eine komplex funktionierende und sehr vielfältige Metropole. Sie hat – als Bewohner der Stadt finde ich diese Feststellung ziemlich zutreffend – den Ruf, urbanes Leben, Toleranz, Zukunftsoptimismus zu ermöglichen und ein Kultur- wie Bildungszentrum von globaler Bedeutung zu sein. Es existieren selbstredend auch zahlreiche Probleme, die alltägliche Auseinandersetzungen und Krisenerscheinungen zur Folge haben. Kurz: Barcelona ist durchaus von dieser Welt!

An einigen Beispielen möchte ich darauf hinweisen, wie überzeichnet oder reduziert Teile der Berichterstattung über den Terrorangriff in Barcelona ausgefallen sind, die nun zu falschen Beurteilungen führen können:

1.

In den Nachrichten über die Terrorverbrechen im August 2017 in Katalonien erschien häufig die Behauptung, dass die «Rambla» der zentrale Boulevard Barcelonas sei. Tatsächlich ist es so, dass der Teil der Rambla Catalunya, der von der Plaça Catalunya bis zum Monument a Colom (dem Kolumbus-Denkmal) führt, vor allem von Touristen und von zahlreichen Andenken-Händlern beherrscht wird. Viele der Händler sind Zuwanderer, oft aus Pakistan oder aus dem Maghreb.

Der obere Teil der Rambla Catalunya, der von der Plaça Catalunya bis zur Avinguda Diagonal führt, wird vor allem von gutsituierten «Einheimischen» aufgesucht. Sie frequentieren die zahlreichen Strassencafés und Restaurants, sind Kunden teurer Boutiquen oder Angestellte eines – keineswegs des einzigen – der Geschäftszentren von Barcelona.

Die Ramblas – Herzstücke von Barcelona

In der Stadt existieren zahlreiche weitere Ramblas. Jeder Stadtbezirk kennt diese für den motorisierten Verkehr nur eingeschränkt zugänglichen oder völlig gesperrten Strassenzüge und Gassen, wo die Bewohner des Stadtteils sich treffen, ihre Alltagseinkäufe erledigen, ihren «Cafe con leche» oder «Corto» trinken und ihre Spaziergänge durch die Nachbarschaft unternehmen. Diese Ramblas bilden die Herzstücke von Barcelonas urbaner Alltäglichkeit – und es gibt sie dutzendfach, verteilt auf die ganze Stadtfläche.

Der untere Teil der Rambla Catalunya wird von sehr vielen Bewohnern Barcelonas, die nicht in der Barri gotic leben, nur äusserst selten aufgesucht, etwa für Opern- oder Konzertbesuche. Er bildet eines der drei Zentren des Tourismus, aber nicht ein Zentrum des Stadtlebens und auch nicht ein Zentrum des «Geschäftslebens», wie in einigen Artikeln in deutschen Print- und Online-Medien behauptet wurde.

2.

Am Sonntag, 20. August 2017, fand die offizielle «Trauerfeier» in der Basilika Sagrada Familia statt. Es war eine Trauerfeier fürs Fernsehen. 1800 Leute nahmen laut Agentur-Mitteilungen in der Kirche teil, angeblich seien etwa gleich viele Menschen vor der Basilika versammelt gewesen. (Was angesichts der Touristenströme, die sich täglich um die Basilika winden, sehr wenige Personen gewesen wären.)

Die Repräsentanten des spanischen Staates, die Königsfamilie, der spanische Premierminister und einige Minister, der portugiesische Präsident und – immerhin – der Präsident der Regionalregierung Catalunya bildeten so etwas wie den trauernden Staat. Es war eine rein katholische Trauerfeier mit viel klerikalem Pomp. Ganz so, als ob die katholische Kirche alle Trauernden in Barcelona vereint hätte.

«Die Bevölkerung» der Stadt war von der Trauerfeier in der Sagrada Familia ausgeschlossen.

Es war aber so, dass diese Kirche im Alltag der Stadt sehr wenig bis gar nichts bedeutet. Sie nimmt keineswegs eine Rolle als die umfassende trostgebende Institution für Trauerarbeit ein, als die sie in der TV-Inszenierung dargestellt wurde. Genau genommen war «die Bevölkerung» der Stadt von dieser Trauerfeier weiträumig ausgeschlossen – aus Sicherheitsgründen. Es ging um die Sicherheit der Veranstaltung wie – wohl vor allem – um jene der Politgrössen, die daran teilnahmen.

Ich wohne ungefähr eineinhalb Kilometer Luftlinie von der Sagrada Familia entfernt. Vor, während und nach der Trauerfeier wurde unser Sonntagmorgen durch tief fliegende Hubschrauber mit infernalischem Lärm eingedeckt. Die offizielle Trauer der wenigen hat, um es sarkastisch zu formulieren, die Trauer jener Barceloner, die über die TV-Übertragung daran teilnehmen wollten – weil sie wegen der «Sicherheitsvorkehrungen» nicht in die Nähe des Trauerortes gelangen konnten –, mehr als nur gestört.

3.

Die Repräsentanz des spanischen Zentralstaates nicht nur an der Trauerfeier, sondern überhaupt im Verlauf der «Aktualität», erhält derzeit zudem einen Beigeschmack, den man ausserhalb Spaniens respektive Kataloniens vermutlich nicht ohne Weiteres erkennen kann: Die Regionalregierung will am 1. Oktober 2017 die Bewohner Kataloniens über die Unabhängigkeit abstimmen lassen und, sollte dieses Referendum ein Ja ergeben, zwei Tage später die Unabhängigkeit der Republik Catalunya erklären.

Die spanische Regierung, das spanische Verfassungsgericht und die beiden grössten Parteien (PP und Sozialisten) sind gegen das Referendum, die PP liebäugelt gar mit allerhand martialischen Massnahmen, auch militärischen. Fürs Erste beschränkt man sich aber auf Obstruktion. So fehlen der Regionalregierung noch die Wahlurnen, weil alle Lieferanten von der Zentralregierung unter Androhung von «Konsequenzen» unter Druck gesetzt worden sind, nichts zu liefern.

Der Zentralstaat übernimmt die Trauer

Der spanische Premierminister Mariano Rajoy (er leitet eine Minderheitsregierung, hat also keine parlamentarische Mehrheit hinter sich) hat die Koordination der staatlichen Massnahmen nach dem Terrorangriff sofort an sich gezogen. Was allerdings nicht zu Folge hatte, dass die zentralstaatliche Polizeibehörde und die eigenständige katalanische Polizei, die Mossos d’Equardas, sofort gut zusammengearbeitet hätten.

Die allgegenwärtige Medienpräsenz der zentralstaatlichen Repräsentanten in den Tagen nach dem Terroranschlag in Barcelona ist in der Stadt bei vielen Menschen auf Kritik gestossen. Man hat die Vereinnahmung zu einem quasi gesamtspanischen Trauerfall, der allerdings eben nicht Gesamtspanien, sondern ausschliesslich Catalunya betroffen hat, vielerorts als Zumutung empfunden. Nicht so sehr die Präsenz der Königsfamilie – welche sich durch Zurückhaltung im Auftritt auszeichnete –, aber sehr wohl durch jene Polizeioffiziere, Staatsanwälte und Politiker aus Madrid, die teilweise die katalanischen Politikerinnen und Repräsentanten gut wahrnehmbar zur Seite schoben, um ihre Auftritte ungestört als einzige Staatsreaktionen erscheinen zu lassen.

4.

Die Beileidsbekundungen von Politikern aus aller Welt wurden gleich zu Beginn durch zwei Tweets von Trump als das entlarvt, was sie eh meistens sind: hohles Geschwätz. Erst twitterte Trump:

«Study what General Pershing of the United States did to terrorists when caught. There was no more Radical Islamic Terror for 35 years!»

Danach, vermutlich auch, weil die Geschichte mit der rigorosen Tötung von «Terroristen» durch einen US-General vor Jahrzehnten auf den Philippinen eine Legende ist und jeglicher Rechtsstaatlichkeit widerspricht, hat er einen zweiten Tweet gepostet:

«Die Vereinigten Staaten verurteilen den Terrorangriff in Barcelona, Spanien, und werden alles tun, was notwendig ist, um zu helfen. Bleibt hart und standhaft.»

Zu welch verlogenen und zugleich kitschigen Publikationen an die Adresse Barcelons sich zum Beispiel «Bild» hinreissen liess, zeigt das folgende Zitat:

Liebes Barcelona
Ich kenne keine lebensfreudigere Stadt als Dich. Wer Barcelona besucht, denkt nicht an den Tod. Ich erinnere mich an ein leichtes Kopfweh, wenn ich nach einer Nacht in Barcelona aufwachte. In irgendeiner Kneipe an den Ramblas legte jemand «Barcelona» von Freddie Mercury und Montserrat Caballé auf. Ich kann mich noch an den Refrain erinnern. Wenn wir uns wiederfinden, Barcelona war für mich nie eine Stadt der Särge. Friedhöfe habe ich niemals in Barcelona besucht. Ich war immer in herrlichen Kneipen. (…)

B

Natürlich sind journalistisch vorgenommene Reduzierungen eines komplexen Gebildes oder eines vorerst unübersichtlichen Ereignisses und die damit einhergehenden Ungenauigkeiten bis hin zu Falschinformationen oft der Aktualität geschuldet. Ob Reduktionen «aufs Wesentliche» tatsächlich Fakten wiedergegeben haben, kann sowieso im Fall eines Ereignisses wie dem Terrorangriff in Barcelona – mitsamt Vorgeschichte und sozialen Begleiterscheinungen –, wenn überhaupt, erst nach Wochen geklärt werden.

Lebt man in einer Stadt von der Grösse von Barcelona, Paris, Brüssel, Berlin oder auch Nizza, erlebt man einen Terroranschlag überwiegend genau gleich wie alle, die nicht in dieser Stadt leben: Über TV-Bilder, über Videoschnipsel, über oft nicht überprüfte «Live»-Nachrichten, die oft als Gerüchte qualifiziert werden müssten.

Tatsächlich ist es so, dass wenige Hundert Meter neben der Rambla Catalunya, welche die Terroristen mit dem Lieferwagen als Mordinstrument durchfuhren, von diesem Akt des Mordes nichts zu spüren war.

Viele Menschen haben, wie bereits in Berlin, Paris oder Brüssel, am Ort der Morde in Barcelona Blumen und kleine Texte niedergelegt. Es ist dies Ausdruck einer tiefen Trauer. Aber es ist auch Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit. Es sind erste, unmittelbare Reaktionen auf das, was einen entsetzt und verunsichert.

«Ich habe keine Angst.» Plakate wie dieses gab es an der Kundgebung Ende August zu Tausenden.

Am 26. August 2017 hat in Barcelona eine Reaktion auf den Terrorangriff vom 17. August stattgefunden. Eine Manifestation unter dem Titel «No tinc por» – Ich habe keine Angst! Rund 500’000 Menschen haben an dieser Kundgebung auf der Passeig Gracia zwischen der Avinguda Diagonal und der Plaça Catalunya teilgenommen.

In den Nachrichtensendungen sah man den König, den spanischen Premierminister, den Präsidenten der »Generalitat Catalunya» und viele Polizisten und Sanitäter, die seinerzeit die Erste Hilfe organisiert hatten, in den vorderen Bereichen des Demonstrationszuges. Die Masse der Manifestanten sah diese Gruppe überhaupt nicht.

Vuestas guerres, nuestros muertos

Die Bewohner Barcelonas – dies kann unter Berücksichtigung der Zahl der Demonstrierenden so geschrieben werden – gingen dichtgedrängt und langsam vorwärts. Etwa alle fünf Minuten fand ein rhythmisches Klatschen statt, drei Schläge, eine kurze Pause, wieder drei Schläge und so fort. Hie und da riefen viele im gleichen Takt: «No tinc por!»

Ein Flaggenmeer – zu über 95 Prozent waren es katalanische Flaggen, nicht spanische – erhob sich über den Köpfen, zahlreiche Kleinplakate, welche die hauptsächlichen Slogans vorstellten, wurden gut sichtbar von Tausenden in die Luft gehoben.

Die Slogans? Hier eine Auswahl jener, die mir am häufigsten begegneten:

– «Les seves guerres, els nostres Morts.» Ihre Kriege, unsere Toten.

– «No al la islamofobia.» Nein zur Islamophobie.

– «Mariano, queremos paz, no vender armas.» Mariano – gemeint ist Rajoy –, wir wollen Frieden, nicht Waffenverkauf.

«No tenim por.» Wir haben keine Angst.

– «Ni Yidad ni cruzadas.» Weder Jihad noch Kreuzzüge.

– «Ojo por ojo, y … todos ciegos (Ghandi).» Auge um Auge und … alles blind, Ghandi.

– «Felipe, people who want peace don’t deal in Weapons.» Felipe – gemeint ist der König –, das Volk will Frieden, nicht Waffendeals.

– «Vuestas guerres, nuestros muertos.» Eure Kriege, unsere Toten.

– «Justizia y paz.» Recht und Frieden.

Auffallend war, dass sehr viele Menschen die Kriege in Afrika, im Nahen Osten, den Waffenhandel (etwa mit Saudi-Arabien) und die Terrorakte in Europa auf ihren kleinen Plakaten verurteilten und in einen Zusammenhang setzten. Das waren keine «Verschwörungsgläubige», sondern Hunderttausende Menschen aus Barcelona, die sich erlaubten, neun Tage nach mörderischen terroristischen Attentaten nicht auf selbstständiges Denken, das auf Fakten basiert, zu verzichten.

Auffallend war auch, dass sehr viele Menschen sich gegen Islamophobie gewandt haben: Dieses kleine Plakat – weisse Schrift auf blauem Grund – war eines der am häufigsten mitgetragenen nebst jenen, die den Jihad und die Kreuzzüge zurückwiesen.

Ein Meer von Flaggen und Plakaten – die Kundgebung in Barcelona am 26. August 2017.

Nicht dort, wo sich die TV-Kameras und die Journalisten aufhielten, also dort, wo die Prominenz marschierte, sondern weiter hinten reihten sich auch «Identitäre», an ihren schwarzen Halbuniformen erkennbare Neofaschisten in den Demonstrationszug zur Plaça Catalunya ein. Sie entfalteten plötzlich ein riesiges Spruchband – es war das grösste hinter dem Band an der Spitze des Demonstrationszuges – mit der Parole: «Spanien vereint gegen Terrorismus. Danke Majestät.» Sie wurden immer wieder ausgepfiffen, mit «Faschisten» betitelt und der Ruf «Fuera!» (raus) erschallte unentwegt.

Es war eine Gruppe von etwa 40 Personen. Ihre Parole – nach den schlechten Erfahrungen mit Anwohnern an der Rambla Catalunya vor Wochenfrist haben sie sich als «königstreu» maskiert, wurden aber sofort erkannt – richtete sich für die übergrosse Mehrzahl der Demonstranten gegen das, was Catalunya ausmacht: Vielfalt und Toleranz. Sie wurden ausgepfiffen, sie wurden von zahlreichen Leuten mit katalanischen Flaggen eingerahmt, aber sie wurden nicht angegriffen oder weggedrängt.

Die Reaktion vieler Bewohner von Barcelona auf den Terroranschlag ist eindeutig. Die Beteiligung an der Demonstration bezeugt, dass es in dieser Stadt sehr wohl ein Zusammengehörigkeitsgefühl gibt, das aus sich heraus besteht. Und das, so scheint mir, ist mehr als bloss tröstend. Es lässt den Hass, der gesät werden sollte, nicht wachsen.

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