Nicht ohne mein Handy

Ohne Smartphone geht heute nichts mehr, auch für Schülerinnen und Schüler nicht. Die Schulen reagieren ziemlich unterschiedlich auf das Problem.

Die einen verbieten es ganz, die anderen setzen es als Arbeitsmittel ein – jede Schule hat eigene Regeln für den Umgang mit Handys. (Bild: Nils Fisch)

Ohne Smartphone geht heute nichts mehr, auch für Schülerinnen und Schüler nicht. Die Schulen reagieren ziemlich unterschiedlich auf das Problem.

Ob in der Sitzung, während des Strandurlaubs oder im Unterricht – Smartphones sind unverzichtbar. Sie begleiten Schülerinnen und Schüler jeden Alters und werden im Schulhaus zum ungeliebten Störenfried. Lautes Musikhören in den Gängen, telefonieren in der Mensa, SMS schreiben in der Stunde oder spicken in der Prüfung – die Palette an Möglichkeiten ist unendlich. Und unterschiedlich sind die Massnahmen der Basler Schulen.

Wenn am Gymnasium am Münsterplatz im Unterricht ein Handy klingelt, wird es von der Lehrperson eingesammelt und später wieder an den Schüler abgegeben, wie Rektor Eugen Krieger sagt. Gemäss Hausordnung sind elektronische Geräte während der Lektionen auszuschalten und dürfen nur benutzt werden, wenn es die Lehrperson erlaubt. Vor Prüfungen werden sie eingesammelt. Weitere Massnahmen strebt Krieger nicht an. «Wir möchten die Schülerschaft zu mündigen und verantwortungsbewussten Menschen heranbilden. Ein ausgebautes Überwachungssystem wäre diesem Vorhaben abträglich.»

Generelles Handy-Verbot

An der WBS-Leonhard hingegen wurden drastischere Massnahmen ergriffen. «Im ganzen Schulhaus gilt bei uns ein generelles Handy-Verbot», sagt Schulleiter Gaudenz Löhnert, nicht nur in den Schulzimmern und in den Gängen, auch in der Mensa. Nur auf dem Pausenhof werden Smartphones toleriert. Geregelt wird das Verbot durch ein schriftliches Abkommen zwischen Schule, Schülern und Eltern. «Es ist erstaunlich, wie gut sich die Schüler daran halten», sagt Löhnert.

Wer willentlich gegen das Verbot verstösst, hat mit Konsequenzen zu rechnen: Beim ersten Verstoss wird das Telefon eingezogen und der Schüler kann es später auf dem Rektorat abholen. Kommt es zu einem zweiten Vorfall, muss das Telefon von den Eltern abgeholt werden – keine schöne Vorstellung für pubertierende Jugendliche. «Wir wollen, dass die Handy-Diskussion im Elternhaus geführt wird», so Löhnert. Der «Punkt des Gelingens» liege darin, dass die Eltern das Abkommen lesen und unterschreiben.

Zum Ärger des Schulleiters gilt diese strenge Regelung nicht für die Gymnasiasten des Leonhards, die das Schulareal und die Mensa mit den WBS-Schülern teilen. Einzig in den Durchgängen zwischen den beiden Schulhäusern hätten sich die Gymnasiasten an die «handyfreien Zonen» zu halten. Roger Morger, Rektor vom Gymnasium Leonhard, ist sich dieser Problematik bewusst, sieht aber zurzeit keinen Handlungsbedarf. «Wenn man den Schülern zu viele Verbote auferlegt, ist für sie die Verlockung umso grösser, gegen diese zu verstos­sen.»

Klingelt das Handy, muss der Schuldige einen Kuchen bringen.

In den Schulzimmern gelten daher verschiedene Regeln. Einzelne Lehrpersonen ziehen vor jeder Unterrichtsstunde alle Handys ein, da die Geräte gemäss Hausregel ohnehin in den Taschen verstaut sein müssen. Verschiedene Schulklassen haben sich zudem ein eigenes Bussen-System ausgedacht: Klingelt das Telefon während des Unterrichts, so muss der «Schuldige» Kuchen mitbringen. «Uns ist wichtig, dass wir bei den älteren Schülern ein gewisses Mass an Selbstverantwortung initiieren können», so Morger.

Im Bäumlihof zeichnet sich ein ähnliches Problem ab wie im Leonhard. Ein Schulareal, zwei Schulen und folglich verschiedene Regeln. Den Gymnasiasten ist die Benutzung der Handys nur während des Unterrichts untersagt. Kommt es zu einem Verstoss, darf die Lehrperson das Gerät einfordern. «Fixe Regeln existieren aber nicht», stellt Rektorin Anna-Katharina Schmid klar. Daher wäre es den Lehrpersonen bei Bedarf erlaubt, alle Geräte vor der Lektion einzuziehen. Ein generelles Verbot auf dem ganzen Schulareal werde nicht angestrebt.

Aufeinander abgestimmte Hausregeln

Anders als im Leonhard haben die Schulleitungen von Gymnasium und WBS ihre Hausregeln aufeinander abgestimmt. Anstelle eines strikten Verbotes wie an der WBS-Leonhard, dürfen die Schülerinnen und Schüler der WBS-Bäumlihof ihre Handys dort benutzen, wo sie in Kontakt mit den Gymnasiasten kommen: auf dem Schulhof, dem Pausenplatz und in der Mensa. «Wo sich die beiden Schulen überschneiden, gelten die gleichen Regeln», erklärt Schulleiter Jürgen Eckerle. «Es sollen keine Ungerechtigkeiten entstehen.»

Rektor Ulrich Maier vom Gymnasium Muttenz spricht sich ebenfalls gegen ein generelles Verbot aus. Es sei aber wichtig, bei den Geräten die allgemeinen Regeln im Unterricht durchzusetzen, wie sie auch für Essen, Trinken oder Reden gelten. Sprich: Jegliche Benutzung ist untersagt. Die Handys aus der Schule verbannen zu wollen, wäre für Maier der falsche Ansatz: «Der Umgang mit den modernen Kommunikationsmitteln gehört in diesem Alter zum beruflichen und schulischen Alltag.» Das erfordere jedoch Disziplin und Anstand, nicht anders als in der Arbeitswelt.

Liberales Liestal

Im Gymnasium Liestal wurde für die Handy-Problematik eine völlig andere Lösung gefunden. Dort gibt es überhaupt kein Verbot, die Schüler dürfen ihre Smartphones sogar während der Lektionen benutzen. «Die Lehrer können die Geräte im Unterricht als Arbeitsmittel einsetzen», sagt Schulleiter Thomas Rätz. Für ihn ist es wichtig, dass die guten Potenziale und die Technik der Smartphones genutzt werden: Die Schüler können Themen im Internet recherchieren und sich darüber austauschen – und alles ohne Einsatz von Computern. Wer kein Smartphone besitzt, darf mit einem Mitschüler zusammenarbeiten.

Aber auch dieses Vorgehen hat seine Kehrseite. «Natürlich ist die Verlockung vorhanden, mit dem Smart-phone zu spicken», sagt Rätz. Doch wer dieser erliegt und während einer Prüfung die Lösungen im Internet sucht, muss mit Konsequenzen rechnen. Wer erwischt wird, hat nichts zu lachen: Es drohen Handy-Entzug und Notenabzug. Ein Risiko, dass gemäss Rätz nicht viele eingehen: «Auf 1000 Schüler gerechnet, hatten wir bisher drei Fälle, die entdeckt wurden. Über die Dunkelziffer lässt sich wenig aussagen.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 01.02.13

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