Heutzutage reicht es bekanntlich nicht aus, geboren zu werden. Wer wirklich sein will, meldet sich beim Einwohneramt an.
Erst wenn die eigene Existenz in den amtlichen Papier- und Datenbergen offiziell hinterlegt ist, kann das Leben losgehen. So führte jüngst der Weg eines neuen Bürgers – nennen wir ihn Noah, der häufigste männliche Vorname – von der «Abteilung für Mutter und Kind» direkt in die «Abteilung für Einwohnerdaten».
Zuvor meldete sich Noah – ganz der «Digital Native» – über das Internet für die Ausweisbestellung an. Die Antwort liess nicht lange auf sich warten. «Sehr geehrter Herr Noah», hiess es dort, «Ihre Antragsdaten wurden geprüft.» Noch keine vier Wochen alt sein und schon gesiezt werden, willkommen bei uns, lieber Noah. Dann folgte eine grobe Fehleinschätzung von Noahs Feinmotorik: «Sie können sich jetzt einen Termin reservieren, indem sie auf folgenden Link klicken.» «Klicken» kommt schliesslich erst nach «Trinkflasche halten» und «das grüne, viereckige Klötzli ins viereckige Loch stopfen».
Wahrscheinlich im Wissen darum, dass Noahs Erfahrungen mit Beamtendeutsch noch einigermassen überschaubar sind, boten sich die Absender immerhin für telefonische Rückfragen an. Und schliesslich machte das Passbüro, allen Formalitäten zum Trotz, doch noch ein Zugeständnis an Noahs Kindesalter: «Bitte beachten Sie, dass Sie als minderjährige Person von einer sorgeberechtigten Person begleitet werden müssen», liess man ihn wissen. Zielgruppe doch noch erreicht, bravo.
Artikelgeschichte
Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 14.03.14