Die Digitale Gesellschaft kritisiert die Praktiken des Schweizer Nachrichtendienstes. Beinahe alle virtuellen Daten könnten in Zukunft überwacht werden.
Wer seine Ferienfotos mit anderen übers Internet teilen möchte, verwendet sogenannte Cloud-Dienste wie beispielsweise Dropbox. Wer ein Konto besitzt, kann seine Daten von überall auf der Welt abrufen und mit anderen teilen. Die Daten liegen nicht in der Schweiz, sondern sind auf Servern in der ganzen Welt verstreut.
Genau das machen sich Geheimdienste zu Nutzen, prangert ein Bericht der Digitalen Gesellschaft Schweiz nun an. Mit dem Bericht startet die Digitale Gesellschaft eine Offensive gegen die Revision des Nachrichtendienstgesetzes (NDG), mit dem sich der Nationalrat im März beschäftigt.
Im Entwurf des NDG ist die Kabelaufklärung von grenzüberschreitendem Verkehr verankert. Das heisst: Wenn jemand von einem Computer in der Schweiz auf seine Fotos oder Emails zugreift, die auf einem Server im Ausland liegen, dann darf der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) in Zukunft diese Kommunikation abfangen und nach Stichworten durchsuchen.
In einer vernetzten Welt betreffe das beinahe alle Daten im virtuellen Raum, sagt Erik Schönenberger von der Digitalen Gesellschaft. Das neue NDG sei eine gefährliche Entwicklung, weil von dieser Überwachung sämtliche Schweizer Bürger betroffen sind.
Digitale Gesellschaft fordert Expertenkommission
Zurzeit darf der Geheimdienst nur den ausländischen Datenverkehr via Satellit überwachen. Der NDB kann inländische Daten nur über Partnerschaften mit anderen Geheimdiensten – beispielsweise der NSA – beschaffen. Die Digitale Gesellschaft geht davon aus, dass es der Schweizer Nachrichtendienst deshalb sogar begrüsst, wenn die NSA in der Schweiz respektive über die Schweiz spioniert.
Dass die Partnerschaft mit der NSA auch Früchte trägt, haben Fälle aus der Vergangenheit gezeigt. Die Aufgabe des Nachrichtendienstes ist es, beispielsweise Terrorverdächtige ausfindig zu machen. Schönenberger meint dazu: «Wenn es darum geht, einem begründeten Verdacht nachzugehen, dann soll die Bundesstaatsanwaltschaft das selbstverständlich tun – auch bereits bei Vorbereitungshandlungen. Wenn es sich jedoch um eine verdachtsunabhängige Überwachung handelt, entspricht das nicht dem Verhältnismässigkeitsprinzip, das wir in einem Rechtsstaat kennen.»
Die Digitale Gesellschaft fordert nun eine «Expertenkommission zur Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit», die sich mit den Herausforderungen von digitalen Daten befassen soll.
Ausserdem will die Digitale Gesellschaft, dass zwischen zivilem und militärischem Nachrichtendienst getrennt wird. Der militärische Nachrichtendienst soll sich auf militärische Ziele beschränken, der zivile auf Spionageabwehr. Gleichzeitig soll die Bundesanwaltschaft gestärkt werden, damit sie terroristische und kriminelle Aktivitäten besser verfolgen kann.