Pensionskassen tragen erheblich zum Ausstoss von Treibhausgasen und damit zur Klimaerwärmung bei. Zu diesem überraschenden Resultat kam letzten Herbst eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Umwelt («Kohlenstoffrisiken für den Finanzplatz Schweiz»). Der Grund dafür liegt darin, dass die Pensionskassen über Aktien einen Teil der ihr anvertrauten Gelder im Ausland in Kohle-, Erdgas- und Erdölfirmen investieren.
Die Studie hat errechnet, dass jeder Schweizer Versicherte über seine Pensionskasse pro Jahr Emissionen von 6,4 Tonnen CO2 finanziert. Diese Menge ist gewaltig, entspricht sie doch dem jährlichen Ausstoss pro Schweizerin und Schweizer im Inland (verursacht durch Verkehr, Heizung, Industrie und Landwirtschaft).
Vorsorge ohne Klimasünden
Nach der Einigung auf einen weltweiten Klimavertrag in Paris im Dezember 2015 kommen die Pensionskassen unter Druck, ihre Anlagepolitik zu ändern. Eigentlich hätten sie das schon vorher tun können: Ist es doch ziemlich fragwürdig, die Renten der aktiven Generation zu sichern, indem man über die Erhitzung der Erdatmosphäre die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen aufs Spiel setzt.
Hinzu kommt nun aber ein ökonomisches Argument: Um wie in Paris beschlossen die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, muss ein Grossteil der fossilen Rohstoffe im Boden bleiben. Deshalb könnten die Investitionen in fossile Energie an Wert verlieren, wenn zum Beispiel eine weltweite CO2-Abgabe eingeführt wird. Man spricht von Kohlenstoffrisiken oder einer Kohlenstoffblase («carbon bubble»).
Nicht vorbereitet auf dieses Risiko ist die Pensionskasse Basel-Stadt (PKBS). Sie versichert das Basler Staatspersonal von der Lehrerin bis zum Tramchauffeur und verfügt über ein Anlagevermögen von elf Milliarden Franken. Bereits letzten November, noch vor der grossen Klimakonferenz in Paris, hat die TagesWoche der Direktorin Susanne Jeger dazu Fragen stellt. Ihre Antworten bleiben trotz mehrmaligen Nachfragens bis heute vage und ausweichend.
Pensionskasse Basel-Stadt weicht aus
«Tätigt die Pensionskasse Basel-Stadt auch Investitionen in klimaschädigende Unternehmen (wie Öl-, Gas- und Kohlefirmen)?» – das wollte die TagesWoche von Jeger wissen. Die Antwort kam im November per Mail: «Weil wir grundsätzlich marktkapitalisiert investieren, werden sich in unserem Portfolio auch Anlagen befinden, welche aus Ihrer Sicht zu den fraglichen Unternehmungen zählen». Der Begriff «klimaschädigende Unternehmen» sei jedoch nicht genügend klar definiert, deshalb habe man dazu keine Zahlen aufbereitet.
Gerne hätte die TagesWoche mit Jeger, Anwältin und Notarin, ein Interview geführt. Nachdem sie zunächst empfohlen hatte, die TagesWoche möge sich an die Pensionskasse der Stadt Zürich wenden, dies sei «ein interessantes Beispiel», schien es im April 2016 endlich zu klappen. Dann aber schrieb Jeger, man dürfe keinen Fotografen mitnehmen.
Die TagesWoche ging darauf nicht ein: Susanne Jeger soll ihre Anlagepolitik mit ihrem Gesicht glaubwürdig erklären können. Ein Fotoverbot gilt für schützenswerte Subjekte wie Opfer von Gewalttaten, Whistleblower, Geheimdienstler oder verfolgte Menschen – aber nicht für Pensionskassen-Direktorinnen.
Der Bund als Vorbild für Basel
Laut Bundesamt für Umwelt berücksichtigen die meisten Schweizer Anleger Kohlenstoffrisiken kaum. Dass es auch anders geht, zeigt die Publica, die Pensionskasse des Bundes. Diese hat seit dem letzten Jahr ihre Investitionen in fossile Energie überprüft und steigt nun immerhin aus der Kohle aus, wie die «Sonntags-Zeitung» berichtete.
Die Publica stiess ihre Anteile von rund zehn Millionen Franken an Kohlefirmen in China, Indien, Südafrika und Thailand bereits ab, wie Anlagechef Stefan Beiner gegenüber der TagesWoche bestätigt. Umweltaktivisten hatten zwar auf einen Rückzug auch aus Erdöl und Erdgas gehofft. Sie sprechen aber von einem ersten wichtigen Schritt. Die Organisation Fossil Free Schweiz, die sich nach dem Vorbild einer US-Bürgerbewegung für einen Rückzug aller Investitionen aus der fossilen Industrie einsetzt («Disinvestment»), begrüsste auf ihrer Website den Entscheid. Auch wenn die verkauften Kohleanteile nur 0,03 Prozent des Anlagevermögens ausmachten und die Publica mit rund einer Milliarde Franken an fossilen Firmen beteiligt bleibe.
Und in Basel? Da hat inzwischen die Politik den Ball aufgenommen: Anfang Februar stimmte der Grosse Rat einem Anzug von Nora Bertschi (Grünes Bündnis) zu. Dieser fordert den Regierungsrat auf, zu prüfen, wie die PKBS «möglichst kostenneutral aus Investitionen in fossile Energien aussteigen» könne. Bertschi begründete ihren Vorstoss mit dem finanziellen Argument, diese Investitionen könnten an Wert verlieren. Sie finde es erstaunlich, dass man bisher nicht näher hingeschaut habe, sagt sie auf Anfrage.
Der Vorstoss wurde überraschenderweise auch von bürgerlichen Politikern unterzeichnet, so von Luca Urgese (FDP) und von Joël Thüring (SVP). Es ist das finanzielle Argument, das Thüring überzeugt: «Ich halte die Kohlenstoffrisiken für durchaus real», sagt er. Es gelte zu vermeiden, dass am Schluss die Basler Steuerzahler ein Loch bei der Pensionskasse stopfen müssten, wie es in der Vergangenheit schon geschehen sei.