PFC: Wer schützt den Regen vor der Jacke?

Eine Kampagne von Greenpeace will Outdoor-Ausrüster motivieren, ihre Produkte schadstofffrei zu produzieren. Denn die in Outdoor-Produkten verwendeten poly- und perfluorierten Chemikalien (PFC) stellen für die Umwelt eine Gefahr dar. Anbieter nehmen Stellung.

(Bild: © Greenpeace)

Eine Kampagne von Greenpeace will Outdoor-Ausrüster motivieren, ihre Produkte schadstofffrei zu produzieren. Denn die in Outdoor-Produkten verwendeten poly- und perfluorierten Chemikalien (PFC) stellen für die Umwelt eine Gefahr dar. Anbieter nehmen Stellung.

Outdoor-Hightech-Jacken sind praktisch. Sie schützen gegen Wind, Wasser, Schmutz und Fett. Sport- und Bergbegeisterte können dank diesen Wetterschutzkleidern ihrem Hobby auch bei extremen Temperaturen über lange Zeit nachgehen, ohne nass zu werden oder auszukühlen. Bloss: Das Ganze hat einen Haken.

Viele Hersteller setzen gefährliche poly- und perfluorierte Chemikalien (PFC) ein. Diese werden etwa für die Produktion von wasserfesten Membranen verwendet, die Hosen, Jacken und Schuhe wasser-und dreckabweisend machen. Unter anderem sind sie in «Gore-Tex»-Produkten enthalten.

Gemäss Andreas Buser vom Bundesamt für Umwelt landet ein Teil der bei der Herstellung eingesetzten PFC via Abwasser in den Gewässern. In geringen Mengen seien diese Stoffe auch in den Textilien selber vorhanden und können so durch das Tragen in die Umwelt gelangen. Dadurch bestehe die Gefahr, dass sich die entsprechenden Substanzen in Böden und in Lebewesen anreichern und so teilweise auch in die Nahrungskette geraten. PFC seien in der Umwelt sehr langlebig. In Langzeitstudien mit Ratten und Mäusen habe sich gezeigt, dass PFC die Entstehung von Leberkrebs und anderen Tumoren fördere. Claudia Staude vom deutschen Umweltbundesamt weist auf Anfrage darauf hin, dass PFC die Fruchtbarkeit des Menschen beeinträchtigen können.

Appell an die Outdoor-Basis

In einer aktuellen weltweiten Kampagne fordert Greenpeace Outdoor-Begeisterte und Naturliebhaber dazu auf, von den Herstellern giftfreie Produkte zu verlangen und dafür umweltverträglichere Alternativen einzusetzen. Wanderer, Kletterer, Kajakfahrerinnen und Spaziergängerinnen sollen selber aktiv werden und bei den Herstellern nach PFC-freien Produkten fragen. Dazu Julia Bangerter von Greenpeace: «Ziel unseres Open-Campaining ist es, all jene, welche die Natur lieben, in die Kampagne mit einzubeziehen und so den Druck auf die Marken zu erhöhen. Es sind die Kunden, die von der Branche verlangen können, auf PFC zu verzichten und auf sichere Alternativen umzustellen.» Das Engagement der Outdoor-Begeisterten zeige, dass diese sich ungefährlichere und umweltverträglichere Stoffe wünschten.

Eine Nachfrage bei verschiedenen Herstellern und Verkäufern von Outdoor-Produkten ergibt ein durchzogenes Bild. Martina Bosshard, Mediensprecherin der Migros, sagt: «Seit zwei Jahren verbietet die Migros ihren Eigenmarken-Lieferanten, bei der Bekleidungsproduktion PFC einzusetzen. Wir haben auch unsere Markenlieferanten wiederholt aufgefordert, sich dieses Themas anzunehmen.»

Charlotte Huber von Transa erklärt: «Wir bestärken unsere Partner und Markenlieferanten darin, umweltverträgliche Alternativen zu PFC-haltigen Imprägnierungen zu entwickeln und zu verwenden.» Ein Pressesprecher von Ochsner-Dosenbach schreibt, dass man sich der Thematik bewusst sei und im ständigen Austausch mit den Lieferanten stehe.

Die Firma Odlo lässt mitteilen, dass circa 60 Prozent (*) ihrer mit einer dauerhaft wasserabweisenden Beschichtung versehenen Produkte PFC-frei seien. Moreno Zmak von Baechli-Bergsport erklärt, dass in seinem Unternehmen 17,4 Prozent aller wasserabweisenden Bekleidungsprodukte PFC-frei seien. Gemäss Baechli würden alternative Produkte nicht die gleichen Ergebnisse erbringen.

Jack Wolfskin äussert sich folgendermassen: «Wir sind bereits seit Jahren aktiv und werden bis 2020 komplett aus der Fluorchemie aussteigen. Im Moment sind 35 Prozent unserer wasserabweisenden Bekleidungsartikel PFC-frei.» Der Schweizer Hersteller Mammut stellt sich auf den Standpunkt, dass es derzeit keine Alternativen zu PFC gebe, die ebenso gut und vergleichbar lang vor Wasser, Schmutz und Fetten schützen.

Werbung mit unberührter Natur

Julia Bangerter von Greenpeace kennt das Argument, wonach PFC-freie Alternativen die High-Performance-Anforderungen nicht erfüllten. Sie verweist aber auf Greenpeace-Expeditionen bei äussert extremen Wetterbedingungen. «Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren in PFC-freier Kleidung unterwegs – und alle kamen trocken wieder zurück.» Es gebe nämlich durchaus PFC-freie Alternativen, die hohen Standarts gerecht würden. Als Beispiele nennt Bangerter die Schweizer Marken R’ADYS oder Rotauf. Noch wenig getan habe sich hingegen bei der Produktion von Outdoor-Schuhen. Bei ihren Expeditionen trugen die Greenpeace-Teams deshalb PFC-freie Gamaschen über den Schuhen.

Julia Bangerter weist darauf hin, dass viele Hersteller von Outdoor-Bekleidung Werbung mit unberührter Natur machen und sich sehr naturverbunden geben. Die Verwendung von umwelt- und gesundheitsschädlichen Chemikalien stehe dazu in krassem Gegensatz. Greenpeace verlange deshalb von den grossen Marken, in Sachen PFC-freier Ausrüstung eine Vorreiterrolle zu spielen und sofort zu handeln.

(*) Prozentangaben beruhend auf Eigendeklarationen der jeweiligen Firmen

PFC ist eine Abkürzung für per- und polyfluorierte Chemikalien. Wegen ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften finden PFC in vielen Produkten Anwendung. Nebst Outdoor- und Arbeitsbekleidung können unter Umständen auch Pappbecher, Pizzakartons, Wachse, Wetterschutzfarben, etc. PFC enthalten. Um Mensch und Umwelt zu schützen, schlägt Deutschland zusammen mit Norwegen ein Verbot der Herstellung, des Verkaufs und der Verwendung von PFOA – einem Vertreter dieser Stoffgruppe – vor. Das deutsche Bundesumweltamt (UBA) hatte im Jahre 2014 15 Outdoorjacken auf PFC testen lassen. Fazit: In allen geprüften Jacken wurde PFC nachgewiesen. Unter anderem stellte das UBA in einer Nachbetrachtung zur Debatte, ob der Wetterschutz vieler Textilien nicht grundsätzlich übertrieben sei.

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