Pionier-Netzwerk kämpft um seine Zukunft

Seit sieben Jahren verbindet das Netzwerk 4057 im Unteren Kleinbasel Schulen und Vereine – damit Kinder auch vom Leben lernen können. Jetzt kämpfen die Verantwortlichen um die Zukunft des Angebots: Die Finanzierung durch das Erziehungsdepartement läuft aus.

Nicht nur in der Schule lernen, sondern auch in einem aktiven Freizeitumfeld: Bildungslandschaften wie das Netzwerk 4057 wollen die Brücke zwischen Alltag und Schule schlagen. (Bild: Andreas Wyss)

Seit sieben Jahren verbindet das Netzwerk 4057 im Unteren Kleinbasel Schulen und Vereine – damit Kinder auch vom Leben lernen können. Jetzt kämpfen die Verantwortlichen um die Zukunft des Angebots: Die Finanzierung durch das Erziehungsdepartement läuft aus.

Es war ein Pionierprojekt, das Basel-Stadt 2008 gegründet hatte: Das Netzwerk 4057 sollte den Kindern im Unteren Kleinbasel ermöglichen, neben den obligatorischen schulischen Aktivitäten auch an ausserschulischen Tätigkeiten teilzunehmen. 

Das Netzwerk organisiert Kennenlernaktionen zwischen den Schulen und zum Beispiel Vereinen, Treffpunkten oder Hausaufgabenhilfen. Denn schliesslich sollen die Kinder nicht nur in der Schule, sondern auch ausserhalb fürs Leben lernen. In der Pfadi, in der Tanzschule, im Boxclub. Das Ziel: die Bildung der Kinder umfassend fördern. Dafür hat das Netzwerk auch einen eigenen Stadtplan publiziert.

Betrieb noch bis Mitte 2015

In den vergangenen sieben Jahren wurde das Netzwerk vom Basler Erziehungsdepartement (ED) über eine Projektfinanzierung ermöglicht, mit 60’000 Franken pro Jahr. Damit wurde hauptsächlich der Regelbetrieb der Teilzeit-Koordinationsstelle des Netzwerks finanziert.

Mit dem jährlichen Geldsegen von oben ist aber bald Schluss: Das ED stellt die Finanzierung ein. Das Netzwerk 4057 kann den Betrieb noch bis Mitte 2015 sicherstellen. 

Neue Geldgeber sind noch keine in Sicht, wie Andreas Wyss sagt, der das Projekt vom Stadtteilsekretariat aus betreut: «Wir haben einen intensiven Austausch mit den Primarschulen im Quartier, damit wir ab Mitte 2015 wenigstens ein Rumpfangebot bieten können.» Ohne das Geld der Direktion sei ein Regelbetrieb nicht möglich. 

Das Netzwerk hat sich über die Jahre zu einem festen Bestandteil im Quartier entwickelt. Das Angebot werde rege genutzt, so Wyss, die Zusammenarbeit zwischen Vereinen aus dem Quartier und den Schulen habe sich etabliert.

Bereits über Gebühr finanziert

Für das Erziehungsdepartement ist klar: Die Finanzierung wird nicht fortgeführt. Laut Pierre Felder, dem Leiter Volksschulen, werden im ED Projekte normalerweise über vier Jahre finanziert. «Wir haben mit dem Netzwerk 4057 den Abschluss des Projekts vor eineinhalb Jahren einvernehmlich besprochen.»

Nach vier Jahren muss ein Projekt entweder selbsttragend sein oder durch andere Geldgeber unterstützt werden, zum Beispiel durch die Schulen selbst. «Dass das Netzwerk 4057 nun über sieben Jahre finanziert wurde, ist eine absolute Ausnahme», sagt Felder. «Wir können es uns nicht leisten, Dauereinrichtungen dieser Art zu finanzieren.» 

Hinzu komme, dass es sich aus Sicht des ED beim Netzwerk 4057 hauptsächlich um Quartierarbeit handle, und das sei nicht Sache des Erziehungsdepartements. Das schrieb die Regierung auch in der Antwort auf eine Interpellation von SP-Grossrätin Salome Hofer vom September.

Laut Andreas Wyss akzeptierten die Verantwortlichen des Netzwerks den Finanz-Entscheid des ED, «wir sind aber nicht damit einverstanden». Das Angebot sei von Anfang an so konzipiert gewesen, dass es ohne dauerhafte Finanzierung durch das ED nicht bestehen könne.

Wyss widerspricht insbesondere im Punkt der Quartierarbeit: Das Netzwerk 4057 sei ausdrücklich auf Bildung fokussiert. Es gehe nicht um eigentliche Quartierarbeit, sondern darum, Kindern innerhalb des Quartiers weitere, eben ausserschulische Bildungsmöglichkeiten zu schaffen.

Neue Bildungslandschaften dank Kaffee-Imperium

Vor einem Jahr hat Wyss das Netzwerk 4057 im Rahmen einer Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz evaluiert. Das Fazit: Ein derartiges Netzwerk ermögliche einen verbesserten Zugang zu Freizeitangeboten im nahen Umfeld, er empfehle eine Umwälzung dieser lokalen Bildungslandschaft auf andere Quartiere.

Tatsächlich beendet das ED mit dem Ende der 4057-Finanzierung nicht die Bildungslandschaften. Im Gegenteil: Das Departement arbeitet seit einiger Zeit mit der Jacobs Foundation zusammen, die auch Bildungslandschaften rund um Schulen etabliert. Sie sind ähnlich aufgebaut, aber weniger stark mit der Quartierarbeit verzahnt wie das Netzwerk 4057.

Solche Projekte laufen bereits in einigen Basler Quartieren: Rund um die Schulen St. Johann, Thierstein und Wasgenring wurden erste Bildungslandschaften errichtet. Auch im Bereich des Postleitzahlgebiets 4057 soll als Anschlussprojekt eine solche aufgebaut werden.

Die Jacobs Foundation ist eine Stiftung des deutschen Kaffee-Imperiums von Klaus J. Jacobs, die sich in Deutschland und der Schweiz für Bildungsprojekte einsetzt. Aktuell werden die Bildungslandschaften der Stiftungen in den Kantonen Basel-Stadt, Zürich und Freiburg aufgebaut. Die Kantone können sich bei der Stiftung mit Sitz in Zürich um die Teilnahme an den Projekten bewerben.

Im Gegensatz zum Netzwerk 4057 sind die Bildungslandschaften der Jacobs Foundation von Anfang an als befristete Anschubprojekte ausgelegt. Die ersten vier Jahre werden die Bildungslandschaften gemeinsam durch Kanton und Stiftung finanziert, danach sollen sie selbstständig werden oder von den Schulen getragen werden. 

Regelbetrieb ohne ständige Geldgeber eher unrealistisch

«Die Schulen können sich selber für solche Projekte melden, und sie tun es auch», sagt Volksschul-Leiter Pierre Felder. Der Vorteil der Zusammenarbeit mit der Jacobs Foundation sei, dass die Projekte klar begrenzt seien und den Steuerzahler weniger belasten würden: So teilen sich Staat und Stiftung die Kosten für die Errichtung jener Landschaften.

Eine Sicht, die Andreas Wyss nicht teilt: «Ohne Regelbetrieb wie beim Netzwerk 4057 ist es schwierig, Bildungslandschaften nachhaltig zu etablieren.» Die Gefahr bestehe, dass jene kurzzeitig aufgestellten Projekte wie die der Jacobs Foundation versanden würden.

Wie schwierig es ist, einen Regelbetrieb zu finanzieren, zeigt sich am Beispiel des Kleinbasler Netzwerks. Wyss und Konsorten suchen aktiv nach Geldquellen für die Weiterführung des Projekts. «Das können Stiftungen sein, auch Unternehmen oder andere Institutionen», so Wyss. Dass die interessierten Schulen den Gesamtbetrag von rund 60’000 Franken allein stemmen könnten, sei allerdings illusorisch.

Bis Mitte 2015 läuft das Kleinbasler Projekt immerhin weiter. Und vernetzt die Schulangebote mit Quartierangeboten. Zum Beispiel mit Quartierrundgängen: Die nächsten finden am 30. Oktober und am 6. November statt, ausgehend vom Pausenhof der Primarschule Kleinhüningen.

Nächster Artikel