Bei der Firma Cabb in Pratteln ereignete sich letzten Herbst eine Pannenserie. Nun kommt aus: Bei Zwischenfällen werden keinerlei externe Messungen durchgeführt.
Die Verantwortung für die Messungen bei Zwischenfällen liegt direkt bei der Chemiefirma Cabb. Das schreibt der Baselbieter Regierungsrat am Mittwoch als Antwort auf eine Interpellation der Grünen-Landrätin Rahel Bänziger.
Cabb hatte im vergangenen Herbst eine regelrechte Pannenserie zu verantworten. Bänziger wollte deshalb wissen, ob der Kanton in solchen Fällen die Schadstoffe selbst misst.
Mit seinem klaren «Nein» bestätigt der Regierungsrat, was die TagesWoche bereits vor vier Monaten schrieb: Bei Chemie-Unfällen gilt in der Region Basel das Prinzip Vertrauen.
Chemie-Mitarbeiter im Interessenkonflikt
Der Kanton verfügt über keine eigene Equipe, die bei einem Zwischenfall ausrückt und unabhängige Messungen durchführt. Stattdessen, so schreibt die Regierung, führe die Betriebsfeuerwehr IFRB (Industriefeuerwehr Regio Basel) die Messungen im Auftrag der Cabb AG durch. Bei sämtlichen Ereignissen sei jedoch ein Dienstoffizier des Feuerwehr-Inspektorates oder ein Vertreter des Kantons Basel-Landschaft vor Ort gewesen. Dieser «konnte eine ordnungsgemässe Intervention bestätigen», wie die Regierung schreibt.
Die IFRB verfügt indes auch nicht über eigene Mitarbeiter, die solche Messungen durchführen können – das ergab die Recherche der TagesWoche im Januar. Stattdessen bietet die Betriebsfeuerwehr bei Zwischenfällen Fachmitarbeiter aus der chemischen und pharmazeutischen Industrie auf.
Das Problem dabei: Was die Fachmitarbeiter messen, kann auch strafrechtlich relevant sein. Denn die Daten nach einem Zwischenfall können für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft unter Umständen die entscheidenden Beweisgrundlage darstellen.
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Cabb
Gegen die Cabb laufen derzeit drei Verfahren der Staatsanwaltschaft Baselland wegen Zwischenfällen und einem tödlichen Unfall 2014 (die TagesWoche berichtete ausführlich über die ungeheuerliche Geschichte des Vorfalls). Die Beweisgrundlagen zu den Vorfällen kommen also vom Beschuldigten selbst.
Landrätin Bänziger kritisiert denn auch diese Selbstkontrolle: «Meines Erachtens ist es nicht legitim, dass ein Unternehmen wie die Cabb selber bestimmt, durch wen es im Ereignisfall überwacht wird.» Sie hält die Antwort der Regierung für unbefriedigend, weil sie viele neue Fragen aufwerfe. Zum Beispiel: «Kann es wirklich sein, dass eine wichtige Aufgabe wie die Schadstoffmessung einfach so delegiert werden kann?»
Der Regierungsrat sieht indes keinen Handlungsbedarf, an der bestehenden Kontrolle etwas zu ändern. Die IFRB habe bei den Ereignissen bei der Cabb «kompetent, rasch und reglementskonform» gehandelt. Die rechtlichen Grundlagen dazu seien aktuell: «Die Aufsicht wird vom Kanton wahrgenommen.»
Doch gibt sich Bänziger damit zufrieden? «Ich werde mich nun mit einigen Experten besprechen und allenfalls prüfen, ob noch weitere politische Vorstösse nötig sind.»