Neue Sicht auf Raucher: Ihre Zigarettenstummel helfen Vögeln, lästige Milben zu bekämpfen.
Stadtvögel verbauen in ihren Nestern alles, was sich mit dem Schnabel transportieren lässt. Auch Zigarettenstummel kommen ihnen da gelegen.
Forscher der Universidad Nacional Autónoma de México haben untersucht, ob die Stummel einfach als Polsterung genutzt werden – oder ob sie womöglich noch einen anderen Nutzen haben könnten. Tatsächlich: Je mehr Stummel die Nester von Sperlingen und Karmingimpeln enthielten, desto weniger Milben wurden darin gefunden.
Dass manche Vögel Pflanzen sammeln, die Parasiten abweisende Stoffe enthalten, ist bekannt – aber Zigarettenstummel? Minutiös zerlegten die Forscher die Nester von Haussperlingen und Karmingimpeln und erhoben, welche Materialien in welchen Gewichtsanteilen und wie viele Milben diese enthielten. Im Schnitt bestand das Material zu 6 bis 12 Prozent aus Stummelfasern.
Und siehe da: Die Nester mit den meisten Kippen waren am wenigsten von Milben befallen. Die Forscher gingen noch weiter. Sie bauten vogelwarme Milbenfallen und bestückten sie wahlweise mit dem Filter einer ungerauchten Zigarette und mit gerauchten Kippen. Als sie später nachsahen, waren in die Fallen mit dem unbenutzten Filter doppelt so viele Milben gekrabbelt wie in die anderen.
Auch dem Leiter der Stadtgärtnerei sind schon Zigarettenstummel als Baumaterial in Vogelnestern aufgefallen. «Ich habe sogar schon Zigarrenstummel in einem Vogelhäuschen entdeckt», sagt Emanuel Trueb. Das wirft ein völlig neues Licht auf die Raucher: Diese dürften bald als Vogelschützer durchgehen.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 19.04.13