Vermeiden Sie gleich zu Beginn den schlimmsten Anfängerfehler: Verstauen Sie Ihr Hab und Gut in einem Rucksack, nicht in einer unförmigen Tasche. Sie werden es sich danken. Denn wer aus Angst vor den Essenspreisen auf dem Festivalgelände nebst Schlafsack und Kleidern auch die richtig grossen Ravioli-Dosen in die Tasche statt den Rucksack stopft, muss sich nicht wundern, wenn er mit üblen Verspannungen am ganzen Körper bei seinem temporären Zuhause ankommt.
Und Auskurieren ist nicht. Schon gar nicht, wenn man auf einem Mätteli schläft, das nach zwei Stunden Einsatz nur noch den Zeltboden verziert, statt dem malträtierten Körper ein Luftpolster zu verschaffen. Deshalb, ebenfalls sehr wichtig: Ausrüstung im Vorfeld überprüfen. Ist das Zelt wirklich wasserdicht? Passe ich noch in meinen Schlafsack? Hatte mein Mätteli nicht im Vorjahr schon ein Loch? Kann ich meinem Körper das alles noch einmal antun?
Falsche Schuhe? Gehen Sie nach Hause
Auf dem Weg zum Festivalgelände werden Ihnen je nach Ankunftszeit schon am Bahnhof Leute entgegenkommen, die früher da waren als Sie und bereits Alk-Nachschub benötigen. Schauen Sie sich deren Schuhe an. Sind sie schlammverspritzt, wissen Sie, wie es auf dem Festivalgelände aussieht. Wenn Sie jetzt an sich runterschauen und ein paar alte Chucks oder Ihre Pseudo-Gärtner-Gummistiefel sehen, haben Sie eigentlich schon verloren und können gleich wieder in den nächsten Zug nach Hause steigen.
Nach dem Motto «Oben hui, unten pfui» gehört es nicht nur zum guten Ton, ein paar richtig gute, hochgeschnittene Gummistiefel mit Profil zu tragen. Nein, das richtige Schuhwerk ist an einem Festival – vor allem in der Ostschweiz, glauben Sie mir – überlebenswichtig.
Mit den falschen Schuhen ist abfallendes Gelände nach einigen Stunden Dauerregen nicht mehr begehbar. Und wie wollen Sie dann zu Konzerten, Food und Alkohol kommen? Sie wären darauf angewiesen, dass man Sie beim Zelt füttert und Ihnen das PET-Flaschen-Festivalbier liefert. Das macht niemand.
Ausserdem können Sie auch nicht darauf vertrauen, dass Sie Ihren Lieblings-Act aus der Ferne hören werden. Ihre Teenie-Nachbarn sind nämlich nicht wegen der Bands hier und werden nach den ersten paar Takten das Konzert mit ihren eigenen Böxli lautstark übertönen. Das ist dann schade.
Ihre Blase bestimmt den Festival-Alltag
Nebst der richtigen Ausrüstung ist Timing das A und O an einem Festival. Stellen Sie sich vor, Sie himmeln gerade Kyle Simmons von Bastille oder Campino von den Toten Hosen an und plötzlich meldet sich die Blase. Das wäre Ihnen nicht passiert, wenn Sie nicht so viel Bier getrunken oder sich in der letzten Konzertpause erleichtert anstatt einen Burger geholt hätten.
Nun warten Sie aber um Himmels Willen nicht, bis es dringend wird, sondern beginnen Sie sofort, sich aus der Masse herauszuellenböglen. Auch wenn ihr Lieblingslied noch nicht gespielt wurde. Bis der WC-Ring mit Klopapier ausstaffiert ist – dieser Schritt fällt mit steigendem Alkoholpegel weg –, dauert es im Schnitt gut 40 Minuten.
Beim Anstehen gilt es zwei Dinge zu beachten: Jeder, der sich von hinten kommend verdächtig schräg vor einen stellt, muss gereizt darauf hingewiesen werden, wo das Ende der Schlange ist. Nämlich NICHT HIER. Stehen Männer an, merken Sie sich gut, in welche Kabine sie verschwinden und meiden Sie diese. Die tun sich die Ansteh-Tortur nämlich nicht für ein kleines Geschäft an.
Lassen Sie keine Melancholie aufkommen
Gut möglich, dass Sie sich nach ein paar Stunden im Dauerregen fragen, warum Sie sich das eigentlich antun. Anstatt über das Leben zu sinnieren, sollten Sie dann einen schönen Matsch-Spaziergang über das Gelände unternehmen. So können Sie sich nämlich mit den anderen Campern vergleichen.
Plötzlich freuen Sie sich, dass der Hang unter Ihrem Zelt ja gar nicht so steil ist. Denn immerhin rutschen Sie bei offenem Eingang nicht aus Ihrer Unterkunft raus. Sie belästigen höchstens unabsichtlich Ihren Zeltnachbarn, weil Sie des Nachts auf ihn rollen.
Wenn Sie sich erst mal zu Gemüte geführt haben, wie gut Sie es getroffen haben, geht es Ihnen schlagartig besser – zumindest bis zum nächsten Gewitter.
Flirts und Körperhygiene
Auf einem Festival ist es sehr wichtig, dass alle über Ihren aktuellen Beziehungsstatus Bescheid wissen. Sind Sie offen für alles, single oder doch schon vergeben? Möglicherweise sogar eine Kombination aus allem? Eine ausgefuchste Promoaktion ermöglicht es, sich mit farbigen Gratis-Bändeli zu outen. Nutzen Sie diese Chance unbedingt. So kann man Sie viel leichter ansprechen.
Ganz allgemein sorgt abseits der Bühnen eine gute Mischung aus Ballermann und Wiesn für das richtige Flirt-Feeling. Das wissen auch die Junggesellenabschiede in den Schlagerzelten zu schätzen.
Aber: Wer flirten will, sollte besser nicht müffeln. Irgendwann reichen Zähneputzen und Deowolken aber nicht mehr aus, um den modrigen Eigenduft zu kaschieren. Mit etwas Glück kann frau drei Tage mit der gleichen (wasserfesten) Schminke rumlaufen. Ein Problem weniger für Knackebouls «Tussen im Bikini-Tops».
Das Duschzelt hat einen dubiosen Ruf. Gehen Sie da besser nicht rein. Wenn Sie auf ein bisschen Körperhygiene trotzdem nicht verzichten wollen, besorgen Sie sich am besten ein paar Ostschweizer (oder – je nach Open Air – Frauenfelder, Berner, Zürcher) Freunde und schleimen sich so richtig ein. Die haben nämlich saubere Duschen in ihren Wohnungen, die Sie benutzen können.
Zu alt für den Scheiss
Geniessen Sie die schlammfreie Zeit in der Wohnung Ihres Freundes und werden Sie vom jammernden Nervenbündel («Es ist alles so nass. Mir tut alles weh.») langsam wieder zu sich selbst. Wenn Sie dann merken, dass Sie gar nicht aufs Festivalgelände zurückkehren wollen, müssen Sie den Tatsachen ins Auge sehen: Sie sind zu alt für den Scheiss. Nehmen Sie sich fest vor, dass Sie zum letzten Mal an einem Open Air waren. Und dann seien Sie aber bitte auch konsequent – lassen Sie sich erst auf der Heimreise wieder umstimmen.