Religiöser Friede fällt nicht einfach vom Himmel

Wenn ich gefragt werde: «Können verschiedene Religionen friedlich neben- und miteinander leben, auch mit Nichtreligiösen?» – dann frage ich zurück: «Haben Sie in der Schweiz je etwas anderes erlebt?»

Wenn ich gefragt werde: «Können verschiedene Religionen friedlich neben- und miteinander leben, auch mit Nichtreligiösen?» – dann frage ich zurück: «Haben Sie in der Schweiz je etwas anderes erlebt?»

Meist lautet die Antwort: «Nein, ich nicht, Religion ist ja Privatsache, und ich bin tolerant.» Es gibt aber solche, die sagen, sie hätten anderes erlebt. Ausgrenzung und Diskriminierung aufgrund von Religionszu­gehörigkeit findet auch in der Schweiz statt. Klar ist: Religiöser Friede fällt nicht einfach vom Himmel. Wo es Mehr- und Minderheiten gibt, braucht es aktive Verständigungsarbeit, damit diese friedlich miteinander auskommen.

Ebenso klar ist zudem: Wo Angst geschürt und Feindbilder inszeniert werden, braucht es dieses Engagement erst recht. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben jedoch erkannt, dass das Schüren von Angst auf dem Rücken von Minderheiten der Schweiz schadet. Das haben sie bei der letzten Wahl gezeigt.Tatsächlich gelingt das friedliche Neben- und Miteinander in der Schweiz, weil sich seit Jahrzehnten Menschen dafür einsetzen.

In der Woche der Religionen, die vom 6. bis 12. November in der ganzen Schweiz stattfindet, wird dies erlebbar. In 20 Kantonen finden über 100 Veranstaltungen von über 150 Organisationen statt. Mehrere Hundert Freiwillige sind engagiert und Tausende von Besuchenden werden daran teilnehmen. Diese Veranstaltungen sollen zeigen, was die verschiedenen Religionen an Vielfalt, Gastfreundschaft und Herzlichkeit bedeuten und dass sie in der Lage sind, nicht nur Türen zu öffnen und Feste miteinander zu feiern, sondern auch Probleme miteinander anzupacken.

Dabei lassen sie sich von den Themen und Fragestellungen Nichtreligiöser herausfordern und beziehen diese auch in die Vorbereitung mit ein. Themen wie etwa die Rolle von Mann und Frau in den Religionen, das Verhältnis von Religionen und Staat oder ob es Religionen überhaupt braucht, zeigen, dass heisse Eisen angepackt werden und im Dialog Lösungen erarbeitet werden. Die Woche der Reli­gionen ist überraschend, bunt, schmeckt gut und ist aktuell.

Gehen Sie hin, und machen Sie sich ein eigenes Bild über die Religionen in Basel.Aber mit einer Woche ist es nicht getan, die Arbeit geht auch unter dem Jahr weiter: In interreligiösen Foren, dem Rat der Religionen, den Integrationsstellen von Kantonen, am Runden Tisch der Religionen beider Basel. Auch Universitäten und Fachhochschulen engagieren sich in der Weitergabe von Wissen über religionsrelevante Fragestellungen. In Basel ist dies insbesondere das Institut für Religion und Recht. Und immer geht es darum, Religion statt als trennende Welten als friedfertige Kraft zu vermitteln.

 

 

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 04/11/11

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