Rotes Denkmal auf dem Bruderholz

Am 10. Mai 1925 wurde auf dem Bruderholz das Wehrmännerdenkmal eingeweiht – in der Nacht zuvor hatten es Aktivisten rot angemalt.

Gegen Vandalen nicht standhaft genug: Das Wehrmännerdenkmal auf dem Bruderholz. (Bild: Foto: Staatsarchiv Basel/Neg_03157_B)

Am 10. Mai 1925 wurde auf dem Bruderholz das Wehrmännerdenkmal eingeweiht – in der Nacht zuvor hatten es Aktivisten rot angemalt.

An die 13’000 Menschen waren es gemäss den konservativen «Basler Nachrichten», die sich am Sonntag, dem 10. Mai 1925, auf dem Bruderholz bei der Batterie zur Einweihung des von Louis Weber geschaffenen Wehrmännerdenkmals einfanden. Der Festakt begann mit dem Aufmarsch eines langen Zuges von Reitern, Ehrengästen, militärischen Einheiten und diversen Vereinen. Ihn grüssten drei Militärflugzeuge, die, wie die Zeitung berichtete, «bald himmelhoch in den Lüften, bald in fast greifbarer Nähe über die Menge dahin schwebten». Anschliessend erklang der «Schweizerpsalm», gesungen vom Massenchor der Basler Kunst- und Volksgesangsvereine unter Begleitung der Polizeimusik.

Ein «Murmeln der Entrüstung»

Nun ergriff Oberst Karl Frey das Wort. In seiner patriotischen Rede verlangte er, dass künftig alle Kräfte zur Landesverteidigung heranzuziehen seien. Wer dazu nicht imstande sei, der solle «eben durch eine besondere Mobilisationssteuer das Seine zur Vaterlandsverteidigung und zur Linderung der Not der Soldatenfamilien beitragen. Dann werden jene Missstimmungen der Kriegsjahre nicht wieder aufkommen.»

Danach sprach Edwin Strub als Vertreter des Denkmalkomitees zur Menge. Während seiner Rede wurde die riesige Schweizer Fahne, die das Denkmal bisher verdeckt hatte, entfernt. Da ging ein «Murmeln der Entrüstung» durch die Menge. In der Nacht von Samstag auf den Sonntag war das Denkmal nämlich «durch Bubenhand» mit roter Menningfarbe verunstaltet worden.

Getrübte Denkmalübernahme

Der Farbanschlag war zwar noch vor der Denkmalenthüllung entdeckt und die Farbe, so gut es ging, entfernt worden. «Aber», so die «Basler Nachrichten», «die Wirkung war durch die Nässe und einen weissen Niederschlag, den die zur Abwaschung verwendete Lauge hinterlassen hatte, eben doch gestört.»

Nachdem der Massenchor das Lied «Oh mein Heimatland» vorgetragen hatte, übernahm Regierungspräsident Rudolf Miescher das Denkmal. Zum Schluss der Feier sang man gemeinsam die Landeshymne «Rufst du mein Vaterland».

Delikate Farbbeschaffung

Der Farbanschlag war von einer kleinen Gruppe um den weit links stehenden Paul Thalmann ins Werk gesetzt worden. In seinem 1974 erschienenen Buch «Wo die Freiheit stirbt» hat Thalmann der Aktion ein kurzes Kapitel gewidmet. «Der Kauf der Farbe», lesen wir dort, «war ein delikates Problem, weil ja gerade an diesem Punkt sofort Nachforschungen einsetzen würden. Hier half ein arbeitsloser Jugendgenosse, Maler von Beruf, der eben von seinem Hausmeister den Auftrag erhalten hatte, den Gartenzaun anzustreichen. Er kaufte Menninge und begann einen Tag vor der Aktion seine Arbeit an dem Zaun.»

Erschwert wurde der Farbanschlag durch den Umstand, dass das Denkmal in der Nacht eigentlich bewacht war. Daher wurde ein «Liebespärchen» vorausgeschickt. Dieses sollte auf der Batterie herumstreichen und Thalmann und einem weiteren Genossen den Standort der Wächter signalisieren. «Als unsere zwei Späher meldeten, die zwei Herren seien weit weg», so Thalmann , «schlüpften wir unter die Fahne und begannen hastig unser Malerwerk. In wenigen Minuten war’s getan.» Wie erwartet fand die Polizei später den Käufer der Farbe, ohne ihm aber die Verbindung zum Farbanschlag nachweisen zu können.

Ein bezeichnendes Versehen

In Thalmanns Buch findet sich auch ein kleines, aber bezeichnendes Versehen. So lesen wir in seinem Bericht: «Die Eröffnungsfeier am 1. August (!), dem schweizerischen Nationalfeiertag, geriet zu einer einzigen Katastrophe. (…) Eine ganze Equipe von Spezialisten bemühte sich um die Behebung des Schadens. Aber alles Waschen und Bürsten des porösen Sandsteins verschlimmerte die Sache eher, da Stücke ausbrachen. Wohl oder übel mussten es die Reiniger bei halber Arbeit bewenden lassen.»

Offensichtlich verband sich in Thalmanns Erinnerung der Protest gegen den patriotischen Akt auf dem Bruderholz mit jenem Tag, der nach seiner Einführung 1891 im Laufe der Zeit zum schweizerischen Weihetag par excellence wurde.

«Klimbim»

Der «Basler Vorwärts», damals «Offizielles Organ der Kommunistischen Partei der Schweiz / Sektion der III. kommunistischen Internationale», stellte zwar fest: «Niemand wird die Beschädigung eines Kunstwerks billigen.» Die Zeitung betonte dann aber, «dass bei der in der Stadt verbliebenen Bevölkerung keinerlei wirkliche ‹Entrüstung› zu konstatieren war, viel mehr die erste Wirkung der Nachricht meist in den Lachmuskeln zum Ausdruck kam. Denn das muss nochmals betont werden: es war nichts weniger als ein ‹Volksfest’›, was gestern auf der Batterie veranstaltet wurde. Nicht nur die Füsiliere sabotierten den Weiheakt – auch das übrige Volk will von diesem Klimbim nichts mehr wissen.»

Das kommunistische Blatt nutzte auch die Gelegenheit, um der Polizei eins auszuwischen und bemerkte hämisch: «Am meisten blamiert steht entschieden wiederum die Polizei da.» Dabei ging der Verfasser des «Vorwärts»-Artikels allerdings von der Annahme aus, dass das Denkmal in der Nacht vor der Enthüllung – anders als in früheren Nächten – nicht mehr bewacht worden sei. Dies traf, wie das späte Geständnis von Paul Thalmann zeigt, aber nicht zu.

Neugestaltung 1957

Es sollte im Übrigen nicht beim Farbanschlag auf das Denkmal bleiben. In der Folge wurde das Sandsteinrelief von Louis Weber das Opfer von Vandalismus, wie er im öffentlichen Raum leider immer wieder vorkommt: Die Figuren wurden mit der Zeit dermassen beschädigt, dass sich schon 1939 die Frage einer Sanierung aufdrängte. Die Schäden waren aber so gravierend, dass man 1957 das zerstörte Sandsteinrelief durch eine Bronzetafel ersetzte.

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