Wisst ihr was? Ich brauch das alles auch nicht wirklich.
Ich brauche keine von Sven Epiney oder Christa Rigozzi moderierten Live-Sendungen, ich brauche keine SRF3-Charts, kein «Jeder Rappen zählt», kein «Glanz und Gloria», kein «Zambo». Keine inszenierten Musiksendungen, keine «SRF bi de Füdlibürger», keine «Landfrauenküche».
Keine Tagesbefindlichkeiten, keine gutgelaunten Moderatoren, keine abgelesenen Moderationen und keine Spiele, bei denen irgendwelche Witzbolde anrufen können.
Mir persönlich würde es reichen, würde man das Programm von «Virus» in Topform und die zu Randzeiten verdammten Specials von SRF3 mit einer Prise SRF2 über die ganzen 24 Stunden spreaden.
By the way: Ich will mein DRS zurück.
Ich schaue die «Arena», um mich zu enervieren.
Ich brauche keine Umstrukturierungen, keine Intermedialität oder wie sich das nennt. Keine Chats, keine Zuschauer-Einbindungen – nichts. Fernsehen ist eh gestorben. Die Musik spielt im Web und auf Netflix. Für Filme gehe ich ins Kino. Ich brauche auch keine Influencer, Youtuber oder Instagram-Stars, die im Fernsehprogramm ein Format kriegen. Denn sie verlieren es dadurch.
Ich schaue die «Arena», um mich zu enervieren, Doks und «Reporter», um mich zu infotainen, und die «Sternstunden, um mich intellektuell zu überfordern. Eine geile Late-Night wär toll. Props an Dominic Deville, aber ich will mehr. Oder besser gesagt: weniger.
«Giacobbo/Müller» auf Crack
Ich möchte so eine Show in der Kneipe, wo der schwierige Gast ein Glas Whiskey ins Publikum schmeisst und der Moderator einen Penis-Helikopter performt, bevor eine Death-Metal-Band auf Kinderinstrumenten und MDMA ein Lied von Francine Jordi verhunzt.
Ich möchte eine Gastro-Sendung namens «Besoffen kochen» – der Titel ist selbsterklärend. Ich möchte, dass in der Diskothek auf DRS2 zwei junge Beatbastler drei Stunden über die Snare-Sounds von J Dilla sinieren. Ich möchte, dass Hazel Brugger, Gabriel Vetter und Renato Kaiser sämtliche News-Formate moderieren und sich ständig alle fragen «Dürfen die das?».
Ich möchte jeden Tag «Samstag Nacht» mit einer Lara Stoll auf Tollkirsche. Ich möchte Kindersendungen und Märchenstunden, bei denen Alfred Hoffman sich im Grab umdreht. Ich möchte «Giacobbo/Müller» auf Crack. (Entschuldigt all die Drogen-Eskapaden, aber ich bin überzeugt, dass es in der Schweiz weniger Drogensüchtige gäbe, wäre das TV- und Radioprogramm ein gröberer Trip.)
Ich will, dass Fai Baba eine Zwölf-Stunden-Performance auf DRS3 spielt. Ich will nie wieder eine Sendung moderieren müssen, in der eine Redakteurin, die privat Helene Fischer hört, sich zusammenfantasiert, wie sich Schweizer Rapper so in ihrem Studio verhalten. Ich will keinen einzelnen Jingle aus dem Hause Hitmill mehr hören.
Für Blocher wäre es cool, wenn die SRG weg wäre – kaufen kann er sie ja nicht.
Aber ich akzeptiere, dass es nicht so ist. Ich bin froh um die SRG. Auch wenn ich die gesamten oben reingeschmuggelten Substanzen in einer konisch verzwirbelten «Weltwoche» rauchen würde, möchte ich nicht ins gleiche Horn blasen wollen wie diese krankhaften #nobillag-Schreier. Denn die Alternative ist mit dem Bachelor auf der Love-Island einen ledigen Bauern suchen, auch wenn dir neoliberale Gschäftlimacher etwas anderes erzählen wollen.
Ich moderiere lieber mit Christa Rigozzi und Sven Epiney drei Stunden lang «Hopp de Bäse» auf dem Dorfplatz in Mettmenstetten, bevor ich mir auch nur noch einmal einen grenzdebilen Bauernlümmel anschaue, der ein Mèche-geplagtes Conny küsst.
Für den «Bachelor» verwende ich gar keine Wortkreationen. Ich beschränke mich auf pure Verachtung – nichts ist lustig daran, nur alles sehr traurig, mit einem selbstmörderisch hohen Fremdschäm-Faktor.
Und ich meine damit nicht einmal die Protagonisten, sondern die verabscheuenswerten Redakteure, die diese armen Exhibitionisten den Lachern zum Frass vorwerfen. Abgeschaut in Deutschland, wo seit fast 20 Jahren grosse Produktionsfirmen geistig Minderbemittelte für 200 Euro Gage in Talk- und Realityshows zur Sau machen und dafür Millionen an Werbegeldern einnehmen.
Aber nur zu, schafft die Billag ab. Hört auf Nathalie Rickli, der es ja so wichtig ist, dass die Bürger nicht Geld ausgeben müssen für einen unnötigen Service public. Oder geht es am Ende darum, dass sie selbst mit Goldbachmedia Gold macht? Goldbachmedia, die ihr Geld mit Werbeplatzierung auf privaten Medien macht. Private Medien sind die direkten Profiteure einer Attacke auf die SRG – so ein Zufall. Und da lese ich, Rickli verlasse Goldbachmedia per Ende Jahr, um sich im Bereich Kommunikation selbständig zu machen – noch so ein Zufall.
Oder hört auf No-Billag-Mitinitiant Olivier Kessler und seine Verschwörungs-Fantasien. Als er die neulich vor der Anti-Zensur-Koalition des Sektenführers Ivo Sasek präsentierte, hat das Publikum frenetisch geklatscht.
Oder hört auf die SVP. Wobei die sich ja hüten wird, das SRF abzuschaffen. Wen sollte sie sonst der linken Hetze bezichtigen, wenn mal wieder kritisch über eine ihrer populistischen Initiativen berichtet wird. Gut, für Blocher wäre es schon cool, wenn die SRG weg wäre – kaufen kann er sie ja nicht.
6000 arbeitslose SRG-Mitarbeiter
Fun Fact: Dieselben Menschen, die Schweizer Waffenexporte mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen legitimieren, nehmen jetzt 6000 potenziell arbeitslose SRG-Mitarbeiter in Kauf. Denn nicht nur Epineys und Rigozzis Jobs sind gefährdet, sondern auch das Einkommen von zig kleinen, feinen Radiostationen und Medienschaffenden.
Im Ernst, Leute: Schickt diese Nonsense-Initiative ins Dschungelcamp. Ein Auto, dessen Blinker hinten links nicht mehr funktioniert und bei dem die Gurten klemmen, bringt man zum Mechaniker. Man fährt es nicht mit 180 gegen eine Wand, während man drinsitzt.
Also setzen wir alle oben zusammengesponnenen Formate um, und ihr dürft noch weitere Schnapsideen einsenden. Entweder in die Kommentarspalte oder an: schönwärs@umlauteinemailadressengibtesnicht.ch.
Danke.