Nicht nur Männer, auch Frauen schmücken sich zurzeit gerne mit Bärten.
Wo man auch hinschaut, sind Schnurrbärte. Dass diese in letzter Zeit vermehrt auf Männeroberlippen spriessen, ist zum Teil einer guten Sache geschuldet: Im November startete weltweit die Aktion «Movember», deren Mitglieder sich einen Monat lang einen Schnauzer wachsen lassen, um das Bewusstsein für Prostatakrebs zu fördern.
Andere tragen ihren Schnauz in neuentdeckter modischer Tradition. Was Brad Pitt trägt, kann nicht verkehrt sein. Aber auch Frauen schmücken sich gerne mit Schnäuzen, allerdings nicht mit dem nach wie vor verschmähten Damenbart, der das gleiche Schicksal erleidet wie die übrige Körperbehaarung, also entfernt wird. Nein, Frauen schmücken sich mit stilisierten Schnauzern in Form von Bart-Ketten, Bart-Tassen, Bart-Ringen, oder sie malen sich einen Schnauz auf den Finger und klemmen sich den unter die Nase, sehr lustig.
Wenn sich so eine Bartträgerin als «Mo Sista» auf der «Movember»-Website registrieren will, um die gute Sache zu unterstützen, nur zu. Wenn sie es nur angesagt findet, sich mit männlichen Attributen, also mit fremden Federn, zu schmücken, fragt man sich natürlich, warum.
Ist die weibliche Bartlust als endgültige Kampfansage an die Männer zu verstehen: erst der Bart, dann die Quote, dann die völlige Verwischung der Geschlechterrollen? Oder beweist die Schnauzkoketterie das Gegenteil: dass das Spiel mit den Gender-Identitäten doch noch Bedeutung hat? (Solange noch jemand über ein Männerballett lacht, ist das so.)
Vielleicht steckt hinter dem Bartwahn auch einfach weiblicher Neid, weil Männer ganz ohne Make-up, nur mit natürlichen Mitteln, ihren Typ total verändern können.
- Der diesjährige «Movember» ist vorbei, aber der nächste kommt bestimmt, mehr Infos auf ch.movember.com.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 30.11.12