Wir hören unsere eigenen Schritte. Tocktock, tocktock. Kein Mensch weit und breit. Und als wäre dies nicht schon seltsam genug, zieht in diesem futuristisch angehauchten Teil von Sevilla auch noch eine einsame Krähe ihre Kreise über unseren Köpfen.
Da ist ein Gebäude, an dessen Holzverkleidung das Wetter nagt, daneben Gleise, die bald nicht mehr zu erkennen sind unter den Büschen, die sie zuzuwachsen drohen. Etwas weiter: Eine Rolltreppe, die eingerostet ist sowie ein Dach, an dem der Wind zerrt. Der Zugang zu dem Pavillon der Expo 1992 ist versperrt, das Gelände darf nicht betreten werden.
Faszination einer untergegangenen Welt
Es sind die gigantischen Bauten der Weltausstellung, die manchmal doch noch Besucher auf die Isla de la Cartuja locken. All die geschwungenen Dächer, die Kugel im Stahlnetz und der Nachbau einer Ariane-4-Trägerrakete. Und obwohl die Fassaden nicht weiter im Sonnenlicht glänzen, geht von ihnen eine Faszination aus. Man fühlt sich wie in einem Science-Fiction-Film, in dem die Welt längst untergegangen ist.
Folgt man den leeren Strassen weiter flussabwärts, zweigt ein Weg zum Centro Andaluz de Arte Contemporáneo ab. Ähnlich beeindruckend wie die teilweise politischen Ausstellungen, die das Museum zeigt, ist seine Heimstätte. Es liegt in einem Kloster aus dem 18. Jahrhundert, das später zu einer Keramikfabrik umfunktioniert wurde, sodass sich Engel mit Öfen abwechseln. Und es ist kaum bekannt – auf TripAdvisor fungiert es gerade mal auf Platz 18 der Museen –, weshalb sich nur wenige Touristen hierher verirren.
Von Hochseeschiffen zu Kanus
Später schlendern wir dem Guadalquivir entlang zur nächsten Brücke. Dunkelgrün schimmert der Fluss, der bis vor die Stadt mit Hochseeschiffen zu befahren ist. Mitten in der Stadt aber zaubern nur noch Kanus feine Linien aufs Wasser. Hätten wir noch ein paar Tage vor uns, würden wir ebenfalls einen Kurs buchen. Denn es gibt nur weniges, das in einer grossen Stadt mehr Entschleunigung bringt, als die stille Fahrt auf einem Fluss.
Irgendwann überqueren wir den Guadalquivir doch noch. Und mischen uns ins Getümmel auf der lauten Flussseite, auf der die berühmte Kathedrale in den blauen Himmel ragt und sich die Touristen vor dem Eingang zu den Gärten des Alcázar reihen.
Uns zieht es jedoch weiter ins hippe Quartier «La Macarena», in ein Restaurant namens Fargo, das auf biologische Produkte setzt. Zur Vorspeise serviert der Kellner verschiedene Croquetten, die einen schmecken nach Apfel und Zimt, die andern nach Käse und Kartoffeln. Das Curry danach wird in einem Kürbis serviert. Zum Kaffee werden fünf Schokoleckereien gereicht, so zart und klein, dass sie selbst in den vollen Bäuchen noch Platz finden. Zufrieden lassen wir uns danach durch die vollen Gassen in unser Apartment zurücktreiben. Denn die Sevillaner feiern selbst im Winter draussen.
Speisen: Fargo Restaurante, Calle Perez Galdos 20, Sevilla, +34 955 27 65 52.
Sehenswert: Centro Andaluz de Arte Contemporáneo, Expo-Gelände 1992, Kanuwettfahrten auf dem Rio Guadalquivir.