Sie wollen das Iselin wachküssen

Das Iselin hat lange geschlafen. Jetzt wollen drei Kulturmanagerinnen das Quartier wachküssen – mit einem Abend der offenen Türen. Was charakterisiert denn das Iselinquartier, das eigentlich nur auf dem Papier existiert?

Sie wollen das 4055 zum Leben bringen: Désirée Hess und Zamira Angst.

(Bild: Julia Voegelin)

Das Iselin hat lange geschlafen. Jetzt wollen drei Kulturmanagerinnen das Quartier wachküssen – mit einem Abend der offenen Türen. Was charakterisiert denn das Iselinquartier, das eigentlich nur auf dem Papier existiert?

Bestimmt kennen Sie das: Sie wohnen seit vielen Jahren an der gleichen Strasse. Als Sie irgendwo in Italien in den Ferien sind, treffen Sie einen anderen Basler. Sie finden heraus, dass dieser gleich ums Eck wohnt. Aber im Quartier sind Sie sich noch nie begegnet.

So ist es auch den drei jungen Kulturmanagerinnen gegangen: Zamira Angst, Désirée Hess (beide 31) und Marianne Mathys (38) haben sich in Lenzburg im Weiterbildungskurs für Kulturmanagement kennengelernt. Und bald herausgefunden: Wir wohnen alle im 4055. «Mit dieser Zahl identifiziere ich mein Quartier», sagt Zamira Angst. Sie nenne es nicht «Iselin-Quartier» oder «Am Ring», sondern «4055». 

Es tötelet brutal

Sonst steht das Quartier aber für: nicht sehr viel. Die TagesWoche schrieb vor drei Jahren, das Iselin sei ein Quartier ohne Ausstrahlung und titelte in einem Quartierporträt: «Der Verkehr brummt, das Geschäft nicht.» Und eine Studie aus dem Jahr 2012 von der Stadt- und Regionalforschung kam zum Schluss, das Quartier sei «ruhig» und habe ein «beschränktes Angebot». 

Überall in der Stadt tue sich etwas, «nur vor unserer Haustür nicht», sagt Zamira Angst. Deshalb wurden die drei Frauen aktiv. Im Rahmen ihrer Ausbildung entwickelten sie die Idee, ein Quartierfest zu organisieren.

Heute Abend öffnen 20 Läden und Ateliers im Quartier ihre Türen. «Wenn man genau hinschaut», sagt Désirée Hess, «gibt es viele tolle Läden, Lokale und Ateliers.» Aber an vielen Läden gehe sie täglich vorbei, ohne diese richtig wahrzunehmen. 

Niemand wollte ein «Hegenheimerviertel»

Vielleicht liegt der Grund für die Unscheinbarkeit in der Vergangenheit. Das Iselin hat schon mehrmals Namen und Grenzen geändert. Ursprünglich gehörte das im Westen der Stadt liegende Quartier zum Spalenquartier, zusammen mit dem Gotthelf und Teilen des Quartiers «Am Ring». Anfang des 20. Jahrhunderts teilte die Stadt die Viertel neu ein und nannte das Iselin von nun an Hegenheimerviertel. 

Aber dieser Name gefiel einigen Bewohnern im Quartier nicht. Man wollte keine Quartiernamen, die Orte im Ausland bezeichneten. Man einigte sich auf Iselin, weil viel schöner. Iselin, das ist der Abschnitt zwischen dem Spalenring, der Allschwiler- und der Burgfelderstrasse, dem Buschwilerweglein und der Grenze zum Elsass. 

Eingeklemmt: Das Iselin im Überblick.

Eingeklemmt: Das Iselin im Überblick. (Bild: Geodaten, Basel-Stadt)

Aber nur auf dem offiziellen Papier, das der Kanton gezeichnet hat. Die Diskussion um die Quartiernamen ist noch nicht abgeschlossen. Die Bevölkerung des Viertels liege mit der Stadt in einem kleinen Streit, sagt Klaus Wagner am Telefon. Wobei Streit nicht ganz ernst gemeint sei, ergänzt er. «Aber hier im 4055 gehören wir zum Kannenfeldquartier, nicht zum Iselin.»

Wem gehört der Kannenfeldpark?

Im Quartier kennt man den 79-jährigen Wagner als Mitglied des Neutralen Quartiervereins Kannenfeld. Und er kennt das Quartier wie seinen «Hosesagg». Schon immer hat er hier gewohnt und die Veränderungen miterlebt.

Einer der wichtigsten Orte ist der Kannenfeldpark. Früher waren hier nur Felder, später der Friedhof, heute die Naherholungszone der Stadt. Die Stadtverwaltung aber zählt den Kannenfeldplatz zum St. Johanns-Quartier, und unter den 19 Quartieren kennt der Kanton keines, das Kannenfeld heisst. 

Wie dem auch sei, Klaus Wagner charakterisiert sein Quartier vor allem durch die Nähe zum Elsass. Viele Strassen sind nach französischen Ortschaften benannt, zu denen der Quartierverein eine gute Beziehung pflegt. Und: «Im Viertel wohnt eine gut durchmischte Bevölkerung.» Es gebe viele Genossenschaften, deswegen auch viele Familien. Ja, man könnte sagen: ein Familienquartier. 

Was dem Iselin/Kannenfeld vielleicht fehlt, ist das Typische, das Charakteristische. Hier das alte Spalentor, dort die moderne Kirche, da die niedrigen Arbeiterhäuser, vorne zur Stadt hin die Läden, hinten Richtung französische Grenze die grossen mehrspurigen Strassen. Man kann es auch positiv formulieren, wie es das Statistische Amt des Kantons tut: «Das Iselin/Kannenfeld hat ein sehr uneinheitliches Erscheinungsbild», heisst es im Quartierporträt. 

Heute Abend kann man dieses Erscheinungsbild besser kennenlernen. 

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18. November 2016, 17 bis 22 Uhr, «Ein Abend der offenen Türen im Quartier 4055», 20 Lokale und Kunstschaffende öffnen die Türen und laden zu Konzerten, Lesungen und Workshops ein. Eintritt frei. Zum Programm.

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