Was tun Wissenschaftler, wenn ihnen niemand zuhören will? Sie lassen ihren Frust im Internet raus. Wie das klingt, kann man auf dem Blog «Is this how you feel?» nachlesen.
Der Klimagipfel in Paris hat am 30. November 2015 begonnen. Zwei Wochen lang diskutieren Grössen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft darüber, wie wir die globale Erwärmung stoppen können. Das Ziel ist es zu verhindern, dass der durchschnittliche Temperaturanstieg zwei Grad Celsius übersteigt, gemessen ab dem Einsetzen der Industrialisierung – bisher steht unsere Klimaerwärmungsbilanz bei plus ein Grad Celsius.
Naturwissenschaft ist in den letzten Jahrzehnten auch in der Populärkultur angekommen, dank Leuten wie Carl Sagan, Bill Nye The Science Guy, Carolyn Porco oder Neil DeGrasse Tyson.
Wer Zugang zum Internet hat und in einer freien Gesellschaft lebt, kann sich ohne viel Aufwand gratis und aus zuverlässigen Quellen über wissenschaftliche Themen informieren. Trotzdem verebben die Stimmen der Klimawandel-«Kritiker» nicht. Unermüdlich geben Wissenschaftler geduldig und sachlich Antwort auf die Einwände von Skeptikern.
Unter Laborkitteln stecken auch nur Menschen mit Gefühlen
Was dabei manchmal vergessen geht: Die Heldinnen und Helden im weissen Kittel sind keine gefühlskalten Roboter. Sie geben uns nicht weltfremd Anweisungen aus dem Elfenbeinturm. Sie sind, genauso wie wir, Leute mit einem sozialen Umfeld, um das sie sich sorgen. Sie sind Mütter und Väter, die sich eine sichere Zukunft für ihre Kinder wünschen. Stets werden sie nach ihrer wissenschaftlichen Expertise gefragt. Wie sie sich aber fühlen, wenn sie wieder einmal gegen geistige Leere argumentieren, das interessiert niemanden – bis jetzt.
Joe Duggan kontaktierte für sein Master-Projekt im Fach Wissenschaftskommunikation an der Australian National University verschiedene Forscher auf der ganzen Welt und bat sie, ihre Ängste und Frustrationen niederzuschreiben. Aus den Beiträgen ist der Blog «Is This How You Feel?» entstanden, der zeigt, welche Spuren das jahrelange Gegen-die-Wand-Reden bei ihnen hinterlassen hat.
«Von Menschen verursachte Klimaerwärmung ist keine Frage der Überzeugung – es ist eines der beststudierten Phänomene der Welt. Sogar ein Halbschlauer kann das verstehen!», schreibt zum Beispiel Professor Corey Bradshaw, Biologe an der University of Adelaide. So klingt es also, wenn es Wissenschaftlern «aushängt».
Entstanden ist eine Collage über Trauer, Machtlosigkeit gegenüber der Wirtschaftslobby, Wut und einem letzten Schimmer Hoffnung für die Menschheit.
„My frustration with these greedy, lying bastards is personal“ #isthishowyoufeel see more: http://t.co/cIkAdHkTkN pic.twitter.com/fSPQQGzbsU
— Is This How You Feel (@ITHYF_Letters) 30. Dezember 2014
Das Projekt steht nach Abschluss der Masterarbeit nicht nur Forschern offen. Auf seinem Blog sowie dem dazugehörigen Twitter-Account sammelt Duggan seither Briefe und Stimmen von Menschen aus aller Welt, in der Hoffnung, dass sie endlich zu laut werden, um überhört zu werden.