Nur weil man etwas kann, heisst das noch lange nicht, dass man es auch tut. Der Mensch beispielsweise ist durchaus als vernunftbegabt anzusehen, dieses Talent kommt aber nicht oft zum Zuge.
Einen Velohelm zu tragen, das wäre zum Beispiel eine gute Sache, denn das Trottoir ist mit Sicherheit härter als jeder Dickschädel; dennoch ist die Frisur oder der Wind um die Ohren den meisten wichtiger. Auch Rauchen, Trinken, Feiern und Aufbleiben bis in die Puppen ist eigentlich nicht schlau respektive vernünftig. Aber es macht Freude, und man muss schliesslich Prioritäten setzen!
Sonnenbaden gehört ebenfalls in die Kategorie: blöd, aber schön. Eine braune Haut ist nett anzusehen, die Wärme macht uns angenehm träge, so als wären wir satte Würgeschlangen, und irgendwelche Pheromone werden bestimmt auch noch reichlich ausgeschüttet. Dazu kommt: Sich zu sonnen ist eine jener Beschäftigungen, die eigentlich keine sind. Euphemismen, her damit! «Ich liege faul herum» hört sich nicht gut an, «Ich nehme ein Sonnenbad» impliziert eine Tätigkeit, und das ist gut, denn Nichtstun kommt in dieser Gesellschaft nicht gut an.
Wer auf das Anwenden seiner Vernunftbegabung verzichtet, macht dafür oft von einem anderen Talent Gebrauch: dem zur Schadensbegrenzung. Dieses hat bereits eine ganze Industrie hervorgebracht: Zahncreme für perlweisse Beisser trotz übermässigem Rotweinkonsum, Fitnessstudios für Menschen, die gerne essen, statt zu verzichten – und Aftersun-Produkte. Die kühlen, pflegen und machen alle UV-Schäden wieder gut, sagt sich der Mensch. Und ignoriert damit schon wieder seine Vernunftbegabung.
After-Sun-Pflege, zum Beispiel von Pelsano Sun, vernünftigerweise ohne Parabene, Mineralöle und ph-neutral. 200 ml, etwa 18.50 Franken.
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Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 17.08.12