Das frei werdende BASF-Areal im Basler Klybeck-Quartier weckt Fantasien. Architekturstudenten haben an Plänen für eine neue Siedlung getüftelt. Und die WG Klybeck wünscht sich eine weitere Genossenschaft mit günstigen Wohnungen.
Beim Projekt des Master-Absolventen Marco Rickenbacher wird die Kleinhüningerstrasse verlängert und bietet Platz für Kleingewerbler und Gastro-Angebote.
(Bild: Marco Rickenbacher)Im Entwurf von Balàzs Földvàry entsteht am Ende der Kleinhüningerstrasse ein belebter Quartierplatz zwischen neuen und alten Gebäuden.
(Bild: Balàzs Földvàry)Martin Brändle steht auf dem Parkplatz des BASF-Geländes und schaut sich gespannt um. Er zeigt auf die Rückseite des Hinterhauses der Genossenschaft und sagt: «Fenster und eine Terrasse einbauen, davon träumen wir schon lange.» Brändle betreibt eine Velowerkstatt in der alten Häuserzeile der Wohngenossenschaft (WG Klybeck), wo er gleichzeitig wohnt. Er möchte mitreden, wenn sein Quartier umgestaltet wird.
Im Frühling 2013 gab der Chemiekonzern BASF bekannt, man werde das 120’000 Quadratmeter grosse Areal zwischen Wiese und Rhein verkaufen. Das stellt Basel vor neue städteplanerische Herausforderungen. Politiker und Medien haben bereits gefordert, dass der Kanton das Land kaufen solle. Die Stadtverwaltung will sich dazu nicht äussern, dafür sei es noch zu früh.
Eine Entwicklung aus dem Quartier heraus
Die direkte Nachbarschaft mit dem Chemie-Riesen hat das Quartier geprägt. Da die BASF nun das Quartier verlässt, sieht die WG Klybeck eine Chance, auch für die eigene Genossenschaft etwas zu verändern. Direkt nach Bekanntgabe des Verkaufs gründete sie eine Arbeitsgruppe, in der auch Brändle aktiv ist.
Bedarf sehen die Anwohnerinnen und Anwohner an preiswertem Wohnraum für ältere Menschen und Familien sowie an Werkräumen. Man wolle eine zweite Genossenschaft gründen mit modernen Wohnformen, die auch günstige Mieten zulassen, sagt Brändle. «Die Idee ist, dass es einen ausgeglichenen Altersspiegel über beide Genossenschaften gibt.»
Als Referenzprojekt sieht Brändle beispielsweise die Kalkbreite in Zürich. Jetzt hofft er, dass die Stadt das Land kauft und «sich dabei nicht über den Tisch ziehen lässt».
Das Quartier steht vor einem markanten Umbruch. Gemäss den Plänen der «Entwicklungsvision 3Land» soll der Kleinhüninger Hafen in den kommenden Jahrzehnten in einen neuen Stadtteil verwandelt werden. Ein Projekt, das auch Ängste im Quartier auslöst.
So hat etwa das Modell einer Hochhausinsel im Rhein («Rheinhattan») bei vielen Anwohnern für grossen Unmut gesorgt. «Das ist kein Projekt im Sinne der Quartierbewohner», sagt Brändle. Nun ergebe sich aber mit dem frei werdenden BASF-Areal die Gelegenheit, bei der Planung mitzureden.
«Wenn wir jetzt schon auf der Matte stehen, können sie uns nicht einfach auslassen.»
Denn Brändle erwartet, dass die WG Klybeck in die Planung miteinbezogen wird, sollte die Stadt das Areal kaufen. «Wenn wir jetzt schon auf der Matte stehen, können sie uns nicht einfach auslassen. Das wäre ein Skandal.» Auf Anfrage bestätigte die Stadtverwaltung, sie wisse, dass die WG Klybeck am Areal «sehr interessiert» sei.
Masterarbeiten machen Mut
Während die Arbeitsgruppe an einer neuen Zukunft des nachbarschaftlichen Areals schmiedete, machten sich 13 Architekturstudenten und -studentinnen an die gleiche Aufgabe. Die Studenten der Fachhochschule Nordwestschweiz sollten im Rahmen ihrer Masterarbeit Pläne für eine Entwicklung des nördlichen Teils des BASF-Areals am Altrheinweg machen. «Gerade im Klybeck muss es Aufgabe einer zukunftsgerichteten Stadtentwicklung sein, auch beispielsweise kulturell aktive, bereits im Quartier tätige Player in die Planungen miteinzubeziehen», hiess es in der Aufgabenstellung. Ein solcher Player ist beispielsweise die Genossenschaft an der Klybeckstrasse.
Die Dozenten waren unabhängig von den Plänen der Genossenschaft auf die Aufgabenstellung gekommen. Erst letzten Frühling erfuhr Brändle vom fiktiven Stadtplanungsprojekt der Studenten. Die Masterarbeiten seien so konkret gewesen, dass die WG Klybeck ihren eigenen Entwurf verworfen habe, sagt Brändle: «Wir haben gesehen, dass eine grössere Überbauung möglich wäre.»
Ein Areal regt zum Träumen an
Die Masterarbeiten zeigen, wie es aussehen könnte: Verlängerung der Kleinhüningerstrasse, moderne Wohnsituationen, neue Gewerbezonen oder Quartierzentren für das Klybeck. Sie spielen gleichzeitig Szenarien durch, wie an betroffener Stelle möglichst günstiger Wohnraum entstehen könnte. Das sei beispielsweise möglich, indem der private Wohnraum auf ein Minimum beschränkt wird, dafür aber Gemeinschaftsräume zur Verfügung stehen.
Noch ist offen, was mit dem Areal der BASF passiert. In der Nachbarschaft hat der Verkauf Fantasien geweckt. Für das Klybeck-Quartier und seine Bewohner wird sich mit der «Entwicklungsvision 3Land» in den kommenden Jahren so oder so vieles verändern. Spannend wird sein, ob sie in diese Veränderung miteinbezogen werden.