Sturm ums Wasserglas

Eine junge Mutter ist empört, weil sie im Restaurant für ein Glas Wasser für ihr Baby bezahlen sollte. Das Thema Hahnenwasser in Beizen gibt immer wieder Anlass für Diskussionen: Soll es gratis sein oder etwas kosten? Ihre Meinung ist gefragt.

Streitpunkt Hahnenwasser (Bild: Hans-Jörg Walter)

Eine junge Mutter ist empört, weil sie im Restaurant für ein Glas Wasser für ihr Baby bezahlen sollte. Das Thema Hahnenwasser in Beizen gibt immer wieder Anlass für Diskussionen: Soll es gratis sein oder etwas kosten? Ihre Meinung ist gefragt.

Der Park der «Grün 80» in Münchenstein gehört zu den beliebtesten Erholungsräumen in der Region. Besonders bei Familien, denn da gibt es nicht nur viel Grünfläche – 46 Hektaren, um genau zu sein – sondern auch noch einen grossen Spielplatz, einen Teich, ein Karussell, einen gruselig grossen Dinosaurier und so weiter und so fort. Kurz und gut, an sonnigen Tagen ist der Park Ziel vieler Mütter und Väter und Kindern. So auch diese Woche, wo sich der Frühling von seiner schönsten Seite zeigte. Es war denn auch nicht das Wetter, weswegen sich eine verärgerte «Grün 80»-Besucherin per Mail an uns wandte, nein, der Grund ihrer Verärgerung lag im Parkrestaurant Seegarten. Sie erzählte uns folgende Geschichte:

Sie sei mit ihrem 10-Monate alten Baby im Restaurant eingekehrt, um dort auf der Terrasse einen Salatteller zu essen. Normalerweise habe sie für ihr Kind einen Wasserschoppen dabei, aber an diesem Tag habe sie ihn vergessen einzupacken. So bat sie die Angestellte am Buffet um einen Plastikbecher mit etwas Wasser für ihr Baby. Die Angestellte habe ihr ein Glas Leitungswasser gegeben und gesagt, das müsse sie aber an der Kasse bezahlen. Die junge Mutter glaubte, sich verhört zu haben und fragte nochmals nach.

Es tue ihr leid, habe die Angestellte gesagt, «aber der Chef will es so». Die junge Mutter jedoch wollte nicht; sie beschloss, den Durst ihres Kindes mit Muttermilch zu stillen statt mit Wasser. Es sei ihr ums Prinzip gegangen, erklärt sie, es gehe doch nicht an, dass ein Familienrestaurant seiner Kundschaft für Leitungswasser Geld abknöpfe. Generell, findet sie, sollte «Hahnenburger» in Restaurants kostenlos sein.

Höhere Preise wegen Gratiswasser

«Kostenlos ist immer relativ», sagt Maurus Ebneter vom Basler Wirteverband dazu. Grosszügigkeit als Grundsatz sei sicher kein schlechtes Geschäftsprinzip, aber: «Letztlich muss die betriebswirtschaftliche Rechnung aufgehen.» Und entscheidend sei nicht, dass das Wasser fast gratis aus der Leitung komme, was ins Gewicht falle, sei die Dienstleistung. «Die ist teuer, nicht das Lebensmittel.»

Ein Gastronom, der das Hahnenwasser seinen Gästen gratis abgebe, sei gezwungen, das in den Preisen seiner anderen Angebote einzukalkulieren, sagt Ebneter. Das sei beispielsweise in den USA, wo den Gästen ein Krug Eiswasser zum Essen serviert werde, ganz klar so. «Und je mehr auch bei uns der Trend zu Gratiswasser zunimmt, desto unumgänglicher werden Preiserhöhungen.» Ein Anrecht auf kostenloses Wasser im Restaurant, wie immer noch viele glaubten, gebe es jedenfalls nicht.

Bei der Migros jedoch, die für Betrieb und Verwaltung des Parkrestaurants zuständig ist – wie übrigens der ganze Park in den Händen einer von Migros gegründeten Stiftung liegt und der Unterhalt aus dem Kulturprozent der Migros Basel finanziert wird – reagierte man sehr erstaunt über die Schilderung der jungen Mutter: «Es ist bei uns absolut üblich und normal, dass ein Gast, der ein Glas Leitungswasser haben möchte, dieses auch bekommt», antwortet Migros Basel auf Nachfrage der TagesWoche. «Und selbstverständlich gratis.»

Das sei ein Grundsatz, der nicht nur im Selbstbedienungsrestaurant, sondern auch im à la Carte-Restaurant und im Bankett-Bereich gelte. Leider könne man Fehler von Mitarbeitenden, wie etwa falsche Aussagen, nie gänzlich ausschliessen. Man werde sich gerne mit besagter Kundin über den Vorfall unterhalten, «damit wir herausfinden können, was sich bei ihrem Besuch genau zugetragen hat».

Wieviel soll es kosten?

Der Fall von unserer jungen Mutter scheint also auf einem Missverständnis zu beruhen. Doch es hätte genausogut wegen einer tatsächlich geltenden Regelung so geschehen sein können. Denn gemäss einer Umfrage von drei schweizerischen Konsumentenorganisationen (SKS, FRC und ACSI) im Jahr 2010 verlangt etwa ein Viertel der angefragten Restaurants in der Deutschschweiz ein Entgelt für das Wasser zur Mahlzeit, die welschen Wirte hingegen zeigten sich da grosszügiger: 96 Prozent von ihnen gaben an, Trinkwasser kostenlos abzugeben.

Die Konsumentenschutzorganisationen befürworten grundsätzlich die Gratis-Abgabe von Trinkwasser zu Mahlzeiten, schreiben sie dazu, ansonsten sollte es den Wirten frei stehen, für das Wasser etwas zu verlangen. Allerdings sollte der Preis auf der Getränkekarte vermerkt sein.

Uns interessiert nun, liebe Leserinnen und Leser, Ihre Meinung zu diesem Thema: Nicht nur, ob Hahnenwasser gratis abgegeben werden soll oder nicht, sondern auch, welche Erfahrungen Sie gemacht, wieviel Sie wo bezahlt haben. Schreiben Sie uns – direkt als Kommentar zu diesem Artikel oder via community@tageswoche.ch

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