Nach grossem Vorsprung im ersten Wahlgang rettet der parteilose Hansjörg Wilde einen hauchdünnen Vorsprung über die Ziellinie. Er wird neuer Gemeindepräsident Riehens. Aussen vor im Gemeinderat bleibt die SVP, die Fundamentalopposition ankündigt.
Eduard Rutschmann war der Frust nicht anzusehen. Das lag nicht nur an seiner beneidenswerten Winterbräune, sondern auch am offenbar ausgeglichenen Naturell des Riehener SVP-Politikers. «Ich habe zwölf Stunden geschlafen, mir geht es gut», sagte Rutschmann trocken, als er auf die Wahlniederlage angesprochen wurde.
Trotz bürgerlichem Schulterschluss und den eigenen Stimmen (die SVP ist die stärkste Partei in der Basler Landgemeinde) schafft Rutschmann den Einzug in den Riehener Gemeinderat nicht. Im fehlen knapp 200 Stimmen auf den Liberalen Christoph Bürgenmeier.
Damit bestätigt sich in Riehen einmal mehr, dass der SVP vom Volk ein Regierungsamt nicht zugetraut wird. Und dass vor allem die bürgerlichen Partner von der Rechtspartei profitieren, nicht aber umgekehrt. Die Partnerschaft zwischen LDP, FDP, CVP und der Volkspartei brachte allen anderen Parteien einen Sitz im siebenköpfigen Gemeinderat ein. Während die SVP-Wähler treu ihre Listen einwarfen, strichen die Anhänger der verbündeten Parteien munter Namen durch, öfters offenbar jenen des unkonventionellen Zöllners Rutschmann.
So sind die Resultate des zweiten Wahlgangs
Gewählt sind:
Christine Kaufmann (EVP) – 3718 Stimmen
Annemarie Pfeifer (EVP) – 3549
Guido Vogel (SP) – 3295
Silvia Schweizer (FDP) – 3280
Christoph Bürgenmeier (LDP) – 3175
Bereits im ersten Durchgang geschafft hatte es CVP-Mann Daniel Albietz, der locker und gelöst durchs Riehener Gemeindehaus schlenderte, so wie jene Kinder in den alten Schulzeiten, die die Prüfung bereits vorzeitig abgegeben haben. Neben Rutschmann scheitern auch der Grüne Andreas Tereh und die Sozialdemokratin Franziska Roth. Tereh, von der Aufregung gezeichnet, tat sich schwer damit, sich mit dem knappen Ausgang zu versöhnen, obwohl das Ergebnis an und für sich ein starkes ist für die kleine grüne Partei.
Roth wiederum habe ein enttäuschendes Resultat erzielt, meinte deren Parteichef Martin Leschhorn. Den Ausschlag zu ihren Ungunsten habe die Präsidiumskandidatur des SP-Kollegen Vogel im ersten Wahlgang gegeben. So sei sein Name präsenter gewesen bei den Wählern im zweiten Durchlauf.
Bürgerliche Mehrheit nicht geknackt
Enttäuschend muss für Mitte-Links auch sein, die bürgerliche Mehrheit in Riehens Exekutive nicht gekippt zu haben. Viel fehlte nicht, ein paar Dutzend Stimmen waren es am Ende.
Der vielleicht grösste Sieger des Tages, gemessen zumindest an der Anzahl Gratulationen, die er entgegen nehmen durfte, war der liberale Malermeister Christoph Bürgenmeier. Nachdem sich seine Partei vor dem ersten Wahlgang verkalkuliert hatte und im Alleingang angetreten war, schaffte er es nun gerade noch, sich im Amt bestätigen zu lassen. Trotz Filzvorwürfen, die in der «Basler Zeitung» vorgebracht worden waren. «Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen, ich bin sehr erleichtert», sagte Bürgenmeier.
Rutschmann in seiner Paraderolle
Dabei ist die Rechnung für die LDP am Schluss aufgegangen. So sieht es auch Rechtsaussen Rutschmann. «Die bürgerliche Allianz hat nur der LDP genutzt im zweiten Wahlgang. Die SVP-Basis wollte sie deshalb auch nicht mehr aufnehmen im bürgerlichen Bündnis. Aber ich war dafür, denn ich wollte die bürgerliche Mehrheit sicher stellen.»
Verloren hat er das strategische Spielchen auch nur halb. Denn Rutschmann weiss selber, dass ihm die Rolle des krawalligen Aussenseiters besser liegt als jene des gelassenen Regierenden. Er kündigte auch umgehend eine «noch stärkere Oppositionspolitik» an. «Wir sind in erster Linie unserer Partei Rechenschaft schuldig und nicht den bürgerlichen Partnern.» Damit zeichnet sich bereits ab, dass die bürgerliche Allianz vor allem ein Wahlvehikel war und auch in den nächsten Jahren mit einer zerstrittenen Riehener Gemeindepolitik zu rechnen ist.
Wilde beinahe eingeholt
Daran ändert für Rutschmann auch die Wahl von Hansjörg Wilde ins Gemeindepräsidium wenig. Der parteilose Elektrounternehmer wurde dank der Unterstützung der SVP als gemeinsamer bürgerlicher Kandidat gegen die EVP-Frau Christine Kaufmann ins Rennen geschickt.
Nach dem ersten Wahlgang wies der beredte, aber undurchsichtige Wilde noch einen deutlichen Vorsprung auf Kaufmann auf, dieser schmolz nun bis auf 132 Stimmen. Es gehe ihr okay, sagte die Geschlagene. Ihre Mimik aber sagte etwas anderes: Sie war bitter enttäuscht. Denn die Zeichen stehen nicht gut für Mitte-Links in Riehen. Die Gemeinde überaltert, «und die älteren Einwohner sind nun mal konservativ», weiss auch Kaufmann. Insofern sei sie zufrieden mit dem Gesamtergebnis. Tatsächlich konnte ihr Bündnis nach dem ersten Durchlauf nochmals mobilisieren und zulegen.
Ihr Kontrahent Wilde steht vor einer schwierigen Aufgabe. Ausgerechnet jene Partei, die ihn portiert hat, dürfte ihm das Leben künftig schwer machen. «Wir müssen die SVP einbinden, so gut es geht», sagt Wilde. Vielleicht lasse sich ja eine Zwischenlösung für die SVP finden: halb Opposition, halb Regierung.
Dass Rutschmann ein Interesse daran hat, ist unwahrscheinlich. Sein Urteil über das neue Gremium hat er jedenfalls schon gefällt: «Dieser Gemeinderat wird genauso weiter mauscheln wie bisher. Es wird nichts besser laufen.»
Sämtliche Resultate finden sich auf der Rückseite des Artikels.