Über eine Stunde Schulweg: Eltern wehren sich gegen absurde Schulpolitik

Einige Schülerinnen und Schüler aus Oberdorf müssten im nächsten Schuljahr nach Reigoldswil pendeln. Dagegen reichen Eltern Beschwerde bei Monica Gschwind ein.

Einige Schülerinnen und Schüler aus Oberdorf müssen künftig in ein anderes Tal nach Reigoldswil pendeln.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Sieben Schülerinnen und Schüler aus Oberdorf müssten im nächsten Schuljahr nach Reigoldswil pendeln. Dagegen reichen Eltern Beschwerde bei Monica Gschwind ein.

Um 15.20 Uhr ist die Schule aus, um 15.59 Uhr fährt der Bus, und um 16.11 Uhr sind die Schülerinnen und Schüler an der Haltestelle, von wo aus sie nach Hause laufen. So könnte es einigen Schülerinnen und Schülern aus Oberdorf im Waldenburgertal ergehen, wenn sie im nächsten Schuljahr in Reigoldswil zur Schule gehen.

Denn der Kanton muss sparen und belegt die Klassen bis zur Maximalgrösse von 24 Schülerinnen und Schülern. Im Schulkreis Reigoldswil-Oberdorf führt das dazu, dass es im nächsten Schuljahr noch zwei 7. Klassen im P-Zug (progymnasialer Zug) à 24 Schülerinnen und Schüler geben könnte. Sieben davon wohnen in Oberdorf und müssten bis zu einer Stunde Schulweg auf sich nehmen.

Beschwerde gegen Klasseneinteilung

Einige der betroffenen Eltern haben deswegen eine Aufsichtsbeschwerde an die Bildungsdirektorin Monica Gschwind geschrieben. Der Weg von Oberdorf nach Reigoldswil sei «nicht zumutbar», sagt einer derjenigen, die hinter der Beschwerde stehen. Er wolle seinen Namen nicht in den Medien sehen, sagt er. Seine E-Mails schreibt er von einer anonymen Adresse.

Der Schulleiter der Sekundarschule Reigoldswil, Hansruedi Hochuli, bestätigt die Angaben zu den Klassenzuteilungen. Man habe die Klassengrössen dem Amt für Volksschule (AVS) vorgeschlagen, dieses habe die Klassen in einem ersten Schritt bestätigt.

Urs Zinniker vom AVS sagt, die definitiven Zuweisungen würden erst Mitte Mai vorliegen. Zu den Details im Schulkreis Frenkentäler könne er deshalb noch nichts sagen. Man prüfe von Fall zu Fall, ob eine Klassenzuteilung machbar sei.

60 Zwangsverschiebungen

Zinniker erklärte vergangene Woche in der «Basellandschaftlichen Zeitung», dass 100 Baselbieter Schülerinnen und Schüler der ersten Sekundarschule ab Sommer nicht in die nächstgelegene Schule eintreten könnten. Bei 40 sei die Verschiebung im Einvernehmen mit den Eltern erfolgt, bei 60 komme es zu Zwangsverschiebungen.

Im Falle von Oberdorf habe das AVS mit vier Eltern eine Verschiebung nach Liestal vereinbart, erklärt der Betroffene, der anonym bleiben will. Das sei jedoch nicht auf freiwilliger Basis geschehen, wie das Bildungsgesetz vorschreibt, sondern auf Druck des Kantons. Denn Verschiebungen kann das AVS von sich aus nur innerhalb eines Sekundarschulkreises – in diesem Fall innerhalb von Oberdorf und Reigoldswil – bewilligen.

Zuteilung widerspreche dem Gesetz

Die Zuteilung nach Liestal widerspreche deshalb dem Bildungsgesetz, sagt der Betroffene. Auch die Zuteilung auf zwei 7. P-Klassen sei nicht gesetzeskonform, weil nicht wie angenommen 48 Schülerinnen und Schüler in diese Stufe eintreten würden, sondern eine Schülerin mehr. Damit würde die maximale Klassengrösse von 24 Schüler überschritten.

Die Bildungsdirektion muss nun auf die Beschwerde der Eltern reagieren. Auf Anfrage sagt Monica Gschwind, es sei unschön, «dass Schülerinnen und Schüler nicht in ihrem Wohnort zur Schule gehen können». Dies werde verständlicherweise kritisiert. Als Regierungsrätin sei es jedoch ihre Pflicht zwischen kurzen Schulwegen und regierungsrätlicher Finanzstrategie eine Balance zu finden. Ungünstige Klassenzuweisungen seien im Einzelfall nicht zu vermeiden. 

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