Überzeugende Copy-Paste-Lösung von Herzog & de Meuron für den neuen Helvetia-Campus

Es ist ein Grossprojekt, das gegen aussen gar nicht so gross sein will: Die Helvetia Versicherungen bauen ihren Basler Hauptsitz aus, indem sie ihrem bestehenden Hochhaus aus den 1950er-Jahren einen neuen Zwillingsbruder beiseite stellen.

Visualisierung des verdoppelten Hochhauses von der Gartenseite her gesehen.

(Bild: Herzog & de Meuron)

Es ist ein Grossprojekt, das gegen aussen gar nicht so gross sein will: Die Helvetia Versicherungen bauen ihren Basler Hauptsitz aus, indem sie ihrem bestehenden Hochhaus aus den 1950er-Jahren einen neuen Zwillingsbruder beiseite stellen.

Der Roche-Turm ist Sinnbild für eine Entwicklung, die das Basler Stadtbild mehr und mehr zu prägen beginnt: Grossfirmen machen mit hohen Leucht- oder Geschlechtertürmen auf sich aufmerksam. Die Türme von Roche und der Messe überragen im Kleinbasel alles andere, die Baloise wird mit ihrem neuen Hochhaus beim Bahnhof SBB den heute noch bildbestimmenden BiZ-Turm in den Schatten stellen.

Anders geht die Baloise-Konkurrenz vor: Die Helvetia-Versicherungen entwickeln mit ihrem Ausbau des Basler Hauptsitzes an der St. Alban-Anlage einen neuen Campus, der sich vielleicht erst auf den zweiten Blick als wirklich neues Projekt offenbaren wird.

Siamesischer Bau-Zwilling von Herzog & de Meuron

Wenn man den Namen des verantwortlichen Architekturbüros Herzog & de Meuron liest, erstaunt dies – finden sich im Katalog der Bauten aus diesem Büro doch gleich haufenweise Leuchttürme auf der ganzen Welt. Und doch war es gerade der Vorschlag von Herzog & de Meuron, die bestehende Bautengruppe zu ergänzen und nicht radikal zu erneuern, der die Helvetia-Konzernspitze bei der Testplanung vor ein paar Jahren überzeugte.



Das Hochhaus aus den 1950er-Jahren bekommt einen Zwilligsbruder.

Das Hochhaus aus den 1950er-Jahren bekommt einen Zwillingsbruder. (Bild: Dominique Spirgi)

Das heutige, mit gut 40 Metern Höhe eher bescheidene Hochhaus bleibt stehen und wird umfassend saniert und umgebaut. Es handelt sich um einen Bau von 1955, den die Basler Architekten Suter & Suter für die damalige Patria-Versicherung entworfen hatten.

Dieser Altbau erhält nun ein zusätzliches Attika-Stockwerk – und einen zeitgenössischen Zwillingsbau, der Ausmasse und Bautypologie übernimmt. Verbunden werden die beiden Türmchen durch ein lichtes Portalgebäude mit grosser Eingangshalle im Erdgeschoss und einem Auditorium im Obergeschoss.

Ein Duplikat nach dem Copy-Paste-Prinzip

Es gibt mehrere Gründe, warum sich Herzog & de Meuron für diese Lösung entschieden haben. Der Bau eines höheren Turmes wäre aufgrund der Bestimmungen zum Lichteinfallswinkel nicht möglich gewesen, sagte Pierre de Meuron anlässlich der Präsentation des Projekts.

Massgebend sei aber die Tatsache gewesen, dass der alte Bau baulich und städtebaulich nach wie vor zu überzeugen vermöge, betonte de Meuron: «Der Bau hat das Recht, weiterbestehen zu können.» Willkommener Nebeneffekt sei schliesslich, dass durch den Verzicht auf einen Abriss graue Energie und schliesslich auch Geld eingespart werden könne.

Begegnungszonen schaffen

Helvetia bezeichnet das Projekt zur Erneuerung ihres Hauptsitzes als Campus. Nun trifft der Begriff Campus, wenn man ihn streng auslegt, bei einem Bauensemble von zwei Hochhäusern und zwei weiteren, bereits bestehenden Bauten nur bedingt zu. Herzog & de Meuron wollen aber auch bei diesem Projekt das Prinzip des vertikalen Campus ausführen, wie sie das beim Roche-Turm erprobt haben. Das heisst, dass im Innern über freie Treppenverbindungen neue Begegnungszonen geschaffen werden.



Modell des Helvetia Campus.

Modell des Helvetia-Campus. (Bild: Dominique Spirgi)

Was den Helvetia-Campus zusätzlich vom Beispiel des Novartis-Campus unterscheidet, ist seine Offenheit. Nicht nur der Garten soll zugänglich werden, im obersten Stockwerk des Neubaus wird ein öffentliches Dach-Café entstehen. Und auch das neue Auditorium soll externen Nutzern zur Verfügung stehen.

Investitionsvolumen von 200 Millionen Franken

Dem Neubau weichen muss das heutige Wohnhaus, das mitten auf dem Gelände des Firmenhauptsitzes steht. Im Gegensatz zu den Helvetia-Häusern am Steinengraben sind dort die ehemaligen Mieter aber bereits ausgezogen. Helvetia will auf der gegenüberliegenden Strassenseite mit einem Wohn-Neubau in absehbarer Zeit Ersatz schaffen.

Der Ausbau des Helvetia-Hauptsitzes soll Platz für rund 350 neue Büroarbeitsplätze schaffen. Damit wird sich die Zahl der Mitarbeiter auf dem Gelände auf über 1200 erhöhen. «Das ist ein deutliches Zeichen für das starke Wachstum, das Helvetia unter anderem auf dem Platz Basel durchlebt», sagte CEO Philipp Gmür.

Der Neubau und die Umbauten werden rund 200 Millionen Franken kosten. Nach den Sommerferien werden die Bauarbeiten mit dem Abbruch des Wohnhauses beginnen. Bis 2020 soll das neue Hochhaus fertig gestellt sein. Bis 2023 sollen dann auch die Sanierungs- und Umbauarbeiten am Altbau abgeschlossen werden.

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