Die Uni Basel geht nach der Kontroverse um die von der Pharmalobby bezahlte Professur nicht auf Distanz zur Industrie. Im Gegenteil: Uniratspräsident Ulrich Vischer will viel mehr gesponserte Lehrstühle. In Zukunft dürfte die Uni Basel deutlich stärker auf Life Sciences setzen.
Wo steht die Basler Universität, wo will sie hin? Drei Antworten gab das Leitungsgremium um Ratspräsident Ulrich Vischer und Rektorin Andrea Schenker-Wicki an der Jahreskonferenz der Uni: Life Sciences, vielleicht Liestal und Life Sciences. Aber alle heiklen Dossiers der Reihe nach:
Von der Industrie bezahlte Professoren
Erst hatte die «Rundschau» publik gemacht, dass der Lobbyverband Interpharma dem von ihr bezahlten Gesundheitsökonomen Stefan Felder 300’000 Franken an die Pension zahlt, dann legte die TagesWoche eine Geheimvereinbarung zwischen der Uni und Interpharma offen. Diese zeigt das enorme Interesse der Interpharma an der Ernennung Felders – und woran der neue Professor zu forschen hat.
Rektorin Schenker-Wicki gab dabei auf Nachfrage eine neue Erklärung für den geheimen Deal. All die Zugeständnisse – Pensionskasse, unbefristete Finanzierung, höhere Abgeltung, schnelle Beförderung – seien nicht auf Wunsch der Pharmalobby gemacht worden, sondern Bedingungen Felders gewesen, damit er von Duisburg nach Basel wechselt. Der Hintergrund: «Es war sehr schwierig, überhaupt jemanden für den Posten zu finden. Felder konnten wir nur dank der Nachverhandlungen holen.»
Uniratspräsident Ulrich Vischer hält die Befürchtung für «lächerlich», dass die Pharmaindustrie ungebührlich Einfluss nehmen könnte auf die universitäre Lehre und Forschung. Er wünscht sich noch «viel mehr von Roche und Novartis gestiftete Professuren»:
Der Umzug der Wirtschafts- und Jusstudenten nach Liestal
Mitten im Abstimmungskampf um das Basler 80-Millionen-Geschenk an Baselland, das unter anderem die Uni-Finanzierung retten soll, dringen Auslagerungspläne der Uni nach aussen. Die «Basellandschaftliche Zeitung» berichtete über einen angedachten Umzug der juristischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät nach Liestal.
Bislang sind diese entlang der Gleise am Bahnhof SBB untergebracht, nun soll angeblich ein Neubau am Bahnhof Liestal zur Diskussion stehen. Die Ideen, namhafte Institute nach Baselland zu verschieben, sind nicht neu, diskutiert werden sie seit 2007. Damit soll die Akzeptanz für die kostspielige Mitträgerschaft der Uni im Landkanton gestärkt werden.
«Es sieht so aus, als könnte das etwas werden.»
Uniratspräsident Ulrich Vischer
Bislang scheiterte eine solche Auslagerung laut Ratspräsident Ulrich Vischer am Unwillen der Baselbieter Gemeinden, etwa bei den Standorten Schänzli und Polyfeld in Muttenz. Andere Quellen benennen vor allem zwei Bremsblöcke: Vischer und den Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann.
Klar sei auch jetzt noch nichts, sagte Vischer. Die Mieten im Jacob-Burckhardt-Bau am Bahnhof seien weniger hoch als behauptet und «für unser Budget sehr gut verantwortbar». Die Mietfristen laufen dort noch zehn Jahre, eine Verlängerung sei möglich. Immerhin räumte Vischer ein, dass der Umzug nach Liestal vertieft geprüft wird: «Aktuell sieht es so aus, als könnte das etwas werden.»
Geht die Uni Basel nach Liestal, müssen 2700 Studenten und Doktorierende beider Fakultäten ihren Rucksack packen.
Die Uni Basel setzt noch mehr auf Life Sciences
Rund anderthalb Stunden referierte die Uni-Spitze über Geld, vor allem aber über die Kronjuwelen der Uni Basel: die Life Sciences. Der Biomediziner Peter Scheiffele durfte seine Forschung erklären, der Campus Schällemätteli wurde im Detail vorgestellt. Dort wird nicht nur das neue Biozentrum entstehen, es sollen bis 2029 auch Neubauten für Biomedizin, Chemie, Physik und das ETH-Institut hinkommen. Es handelt sich um Investitionen in der Höhe von mindestens 200 Millionen Franken.
Über die Geistes- und Sozialwissenschaften verloren die Verantwortlichen dagegen kein Wort. Das sei ohne Absicht geschehen, versicherte Rektorin Andrea Schenker-Wicki und erklärte, warum auch diese Wissenschaften wichtig seien: als Wegbereiter für die Pharmaindustrie und für technische Neuerungen.
Auf Nachfrage schwächte Schenker-Wicki die Aussage ab. Geistes- und Sozialwissenschaften seien auch unabhängig vom Rest durch ihre reflektierenden Funktionen wichtige Standbeine der Uni Basel. Doch der Eindruck blieb: Die Uni Basel versteht sich vor allem als Forschungslabor im Pharma- und Biomedizinbereich.
Schenker-Wicki will die Platzierung der Uni Basel in internationalen Rankings in diesen Bereichen verbessern. Industrie und Forschung sollen näher zusammenrücken: «Das machen alle Universitäten der Ivy League. Sie betreiben eine exzellente Grundlagenforschung, aber sorgen auch dafür, dass ihre Erkenntnisse umgesetzt werden. So fliessen auch Gelder an die Uni zurück und es werden Arbeitsplätze geschaffen. Basel hat sehr gute Voraussetzungen, ganz nach oben zu kommen. Wir haben wunderbare Cluster, haben die grossen Pharmariesen bei uns.»