Vermählen am Laufmeter

Die Basler Standesbeamtin Mirjam Cattin hat am 11.11.2011 viel zu tun. Insgesamt 20 Paare geben sich an diesem Tag das Ja-Wort.

Standesbeamtin Mirjam Cattin sieht sich nicht als Romantikerin. (Bild: Lucian Hunziker)

Die Basler Standesbeamtin Mirjam Cattin hat am 11.11.2011 viel zu tun. Insgesamt 20 Paare geben sich an diesem Tag das Ja-Wort.

Mirjam Cattin könnte in Basel locker als Schauspielerin durchgehen. Sie ist schön, hat Stil, drückt sich gepflegt aus und spricht perfektes Baseldeutsch. Cattin ist aber nicht auf der Bühne zu sehen, sie ist Standesbeamtin – seit 21 Jahren. Mit Schauspiel hat ihr Job dennoch zu tun, wenn auch nur indirekt. «Ich muss jedem Brautpaar das Gefühl vermitteln, einzigartig zu sein – egal, wie viele Trauungen ich an einem Tag bereits gemacht habe und wie ich mich gerade fühle.» Auch am 11. 11. 2011. Insgesamt 20 Paare schliessen an diesem Tag im Zivilstandsamt Basel-Stadt den Bund fürs Leben, für einen Novembertag sind das aussergewöhnlich viele. Ein Datum mit einer Schnapszahl gibt es schliesslich selten. Mirjam Cattin selber hätte nie an einem Schnapszahl-Tag geheiratet.

Kein Herzklopfen mehr

Normalerweise arbeitet die 56-Jährige freitags nie. Am 11. 11. 2011 macht sie wegen des grossen Ansturms jedoch eine Ausnahme. Mirjam Cattin nimmt die vielen Hochzeiten gelassen. Für sie ist der 11. 11. 2011 ein Tag wie jeder andere auch, nur läuft mehr. Denn eine Trauung durchzuführen, ist für sie keine spezielle Angelegenheit mehr. Sie ist routiniert. Vor 21 Jahren war das noch anders. Damals war sie noch aufgeregt, wenn sich zwei Personen vor ihren Augen das Ja-Wort gaben. Heute schlägt der stellvertretenden Leiterin des Zivilstandsamts das Herz deswegen nicht mehr höher. «Ich bin mir bewusst, dass eine Trauung für die Betroffenen einmalig ist, und versuche, dem gerecht zu werden.» Aber sie wisse auch, dass es ein staatlicher Akt sei, der normalerweise 15 Minuten dauern sollte.

Total unromantisch? Ja, sie sei keine Romantikerin, sagt Cattin. Man müsse auch nicht romantisch sein, um diesen Beruf auszuüben. «Vielmehr muss man kommunikativ sein und auf das Brautpaar eingehen können.» Und das sei nicht immer einfach. Es sei eine grosse Heraus­forderung, innert kürzester Zeit ein Brautpaar einzuschätzen und auf die Schnelle den passenden Text oder das geeignete Gedicht zu finden. «Manchmal gelingt mir das, manchmal nicht.»

Für Mirjam Cattin ist es wichtig, nicht zu viele Trau­ungen an ­einem Tag selber durchführen zu müssen. «Sonst nimmt meine Konzentration ab.» An Tagen wie dem 11. 11. 2011 ist aber ohnehin alles anders. Dann werden Ausnahmen gemacht.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11/11/11

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