Wann kommen die ersten Fondue-Hütten auf dem Mars?

Berichte von fliessendem Wasser auf dem Mars begeistern weltweit die Menschen. Ein passender Anlass, ein paar Fragen den Mars betreffend nachzugehen.

Fondue on Mars: Die ESA arbeitet daran, eine bemannte Mission zum Roten Planeten zu schicken.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Berichte von fliessendem Wasser auf dem Mars begeistern weltweit die Menschen. Ein passender Anlass, ein paar Fragen den Mars betreffend nachzugehen: Was treibt eigentlich die Schweiz in der internationalen Weltraumforschung? Gibt es schon realistische Pläne dafür, Menschen zum Mars zu schicken? Und wie lange gehts, bis das Fondue den Roten Planeten erreicht hat?

Ungefähr zwei Monate ist es her, seit wir von der Entdeckung des erdähnlichen Exoplaneten «Kepler 452b» erfahren haben. Kurz darauf bekamen wir zum ersten Mal Fotos von der Oberfläche Plutos zu Gesicht, jetzt wartet die Nasa mit neuen Erkenntnissen auf: fliessendes Wasser auf dem Mars.

Unser kleiner Bruder im Sonnensystem beflügelt die Fantasie von Schriftstellern und Filmemachern seit Generationen. Er war zum Beispiel schon Heimatplanet von monströsen Aliens, die uns unterwerfen wollen («War of the Worlds»), oder Kulisse für eine Analogie zur Besiedelung Nordamerikas durch die Engländer («The Martian Chronicles»). 

Menschen auf den Mars zu schicken, diese Idee gehört nicht mehr ins Reich der Fantasterei. Roboter haben wir bereits auf den Mars gebracht, nun möchten Raumfahrtorganisationen als nächstes Menschen dorthin schicken. Diese Aufbruchstimmung ist auch in Hollywood angekommen, das Thema «Menschen im All» spiegelte sich im letzten Jahr in einer Reihe von Filmen wider.

«Gravity» zeigte den einsamen Kampf einer Astronautin ums Überleben während ihrer Rückkehr zur Erde, bei «Interstellar» suchte eine Gruppe furchtloser Raumfahrer eine zweite Heimat für die Menschheit. Das jüngste Beispiel solcher Filme, «The Martian», kommt am 7. Oktober in die Kinos und handelt vom nächsten grossen Traum, den wir seit der Mondlandung haben: die Besiedlung des Mars.

Ein passender Anlass folgenden Fragen nachzugehen:

  • Wie weit ist die Menschheit mit ihren Plänen zur Kolonisierung des Weltraums wirklich?
  • Was für eine Rolle spielt die Schweiz in der internationalen Weltraumforschung?
  • Und wann werden die ersten Fonduehütten auf dem Mars gebaut?

Ein einig Volk von Raumfahrern

Denkt man an die Schweiz und die Weltraumforschung, denkt man zuerst einmal an Claude Nicollier. Aber, in der Schweiz steckt mehr Raumfahrt drin, als man erwarten könnte. Die Schweizer Firma Ruag Space zum Beispiel hat sich über die letzten Jahre fest im Raumfahrtgeschäft etabliert. Ausserdem ist die Schweiz ein Gründungsmitglied der Europäischen Weltraumorganisation ESA, über welche Schweizer Forscher den grössten Teil ihrer Projekte umsetzen. 

Weltraumforschung ist auch Sache des Bundes. Das Swiss Space Office, Teil des Sekretariats für Bildung, Forschung und Innovation, setzt die Weltraumpolitik im Auftrag des Bundes um. Auf Anfrage der TagesWoche erteilte Oliver Botta, Wissenschaftlicher Berater der SSO, Auskunft zum Thema Schweiz im Weltraum.

Was genau ist nun unter Weltraumforschung zu verstehen?

«Bei der Weltraumforschung handelt es sich um Grundlagenforschung, bei der nicht direkt auf Anwendungen geschlossen werden kann. Sie hilft uns, die Grundprinzipien des Universums zu verstehen, aber auch des Sonnensystems, der Erde und schliesslich des Lebens.» Wo Leben im All entstehen soll, da braucht es Wasser. Zu beantworten, wie dieses auf die Erde gekommen ist, war Teil der Rosetta-Mission der ESA, an welcher auch Wissenschaftler der Universität Bern beteiligt waren.

Via Mond zum Mars

Auch bei der ExoMars-Mission der ESA, welche nächstes Jahr starten soll, wird wieder Technik aus den Laboren der Uni Bern im Spiel sein, in Form einer 3-D-Kamera. Sie wird aus dem Orbit Bilder der Mars-Oberfläche aufnehmen.

Langfristiges Ziel der ESA wie auch der NASA ist es, eine bemannte Mission zum Mars zu entsenden. Bis es so weit ist, müssen aber noch einige Probleme gelöst werden: «Welche Antriebe sollen verwendet werden? Wie schützt man Astronauten vor gefährlicher kosmischer Strahlung? Wie kann man Ressourcen auf dem Mars nutzen, zum Beispiel für die Herstellung von Treibstoff oder Nahrung? Soll man eine solche Kolonie zuerst auf dem Mond testen?»

Die Idee für ein solches Monddorf existiert bei der ESA tatsächlich. Also vielleicht doch zuerst Fondue auf dem Mond und nicht auf dem Mars? In den nächsten Jahren wahrscheinlich weder noch. Wie die Pläne für den bemannten Marsflug, existiert auch das Monddorf lediglich als Konzept.

Und was antwortet man jemandem, der sich fragt: «Wem nützt dieser teure Spass?»

«Viele Leute sind sich nicht bewusst, dass die Raumfahrt ein integraler Teil des täglichen Lebens ist», schreibt Botta. Der Forschung rund um die Raumfahrt verdanken wir Erdbeobachtungs-Satelliten, die es uns ermöglichen, das Wetter genauer vorauszusagen. Aber auch Erdrutsch- und Lawinenwarnungen werden mithilfe von Daten aus dem All verhängt und Gletscherveränderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel aufgezeichnet. 

Dass Sie diesen Artikel online lesen können, ist der Raumfahrt mitzuverdanken.


Dass Sie diesen Artikel online lesen können, ist der Raumfahrt mitzuverdanken. «Der kommerziell wichtigste Bereich der Raumfahrt ist die Telekommunikation. Sie ist für TV, Datenübertragung und Internet nicht mehr aus unserem täglichen Leben wegzudenken.» Auch Navigationssysteme in Fahrzeugen werden mit Daten aus Satellitennetzwerken gefüttert. «Galileo», das europäische GPS, befindet sich derzeit im Aufbau und wird voraussichtlich ab 2020 voll einsatzfähig sein.

Der Schweizer, der bald auf den Mars will

Einen Schritt weiter als die ESA oder die Nasa geht die niederländische Firma Mars One. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2027 eine Siedlung auf dem Roten Planeten zu errichten. Bis Ende August 2013 konnte sich jeder um einen Platz im ersten Raumschiff bewerben – vorausgesetzt, es ist einem egal, nie wieder zur Erde zurückzukehren, der Tapetenwechsel wäre nämlich permanent.

Einer der Menschen, die unbedingt auf den Mars wollen, ist der Thurgauer Steve Schild. Der 31-Jährige hat sich vor zwei Jahren bei Mars One beworben und hat es unter die 100 letzten Kandidaten geschafft. Auf eine telefonische Anfrage erklärt er, wie es mit dem Projekt weitergeht: «Ich warte auf die nächste Stufe des Programmes, das im September nächstes Jahr startet. Dann finden Tests in Gruppen statt, bei denen die Mars-Anwärter auf ihre psychische Belastbarkeit geprüft werden.»

Das Vorhaben von Mars One wurde zu Beginn von den Medien gehypt, im Laufe der letzten Jahre häufte sich allerdings Kritik am Unternehmen. Einerseits betrifft dies die Frage nach der ethischen Vertretbarkeit einer One-Way-Mission zum Mars, andererseits die Professionalität und Finanzierung. Nötig wären nach Berechnungen von Mars One sechs Milliarden US-Dollar für die erste Mission, bei der vier Leute auf den Mars gelangen würden, zusammengekommen sind bisher rund 780’000 Dollar.

Big Brother Mars

Die Differenz erhofft sich Mars One durch Fernsehdeals zu beschaffen. Zur Debatte stand eine mehrjährige Reality-TV-Show, welche die Aspiranten während dem Astronautentraining und sogar während der Reise zum Mars und bei der Errichtung des ersten Camps begleiten sollte. «Big Brother» lässt grüssen.

Tatsächlich führten das Produktionshaus Endemol, das die Rechte an «Big Brother» besitzt, und Mars One lange Gespräche über einen möglichen Vertrag. Der Traum von «Big Brother Mars» ist jedoch vorerst geplatzt, da keine Einigung über vertragliche Details erzielt werden konnte. Stattdessen setzt das Unternehmen jetzt auf Dokumentarfilme.

«Ein Kindheitstraum würde sich erfüllen.»


Der Thurgauer Steve Schild will mit Mars One auf den One-Way-Trip.

Dass er geht, sofern die Mission zustande kommt, dafür besteht für Steve Schild kein Zweifel. «Damit würde sich ein Kindheitstraum erfüllen.» Ethische Probleme hinter dem Vorhaben von Mars One sieht er keine. «Ich bin der Meinung, dass man jeden Menschen die eigenen Entscheidungen treffen lassen soll, sofern er damit niemandem schadet.»

Die Menschen machen sich bereit für den Mars. Bis wir so weit sind, wird es noch ein paar Jahrzehnte dauern, doch wir arbeiten daran. Ein Stückchen Schweiz befindet sich jedoch bereits auf dem Mars. Der Mars-Rover «Curiosity» der NASA ist mit MR-Encodern der Schweizer Firma Maxon Motor ausgerüstet.

Die magnetischen Sensoren sind in den Gelenken des Fahrzeugs untergebracht und steuern die Motoren. Seit seiner Landung am 6. August 2012 untersucht «Curiosity» im Namen der Wissenschaft unermüdlich Steine auf dem Mars und twittert gegen die Einsamkeit an. Vielleicht bekommt er ja bald Gesellschaft.

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