Auch als Mann kann man heutzutage alles machen – aber es braucht viel Selbstbewusstsein. Acht Dinge, die ich tun würde, wenn es wirklich keine Rollenbilder gäbe.
Geht es um Feminismus und Genderfragen, denkt man automatisch an Frauen. An Frauen, die auf dem Papier alles dürfen, aber trotzdem benachteiligt sind. Die alles dürfen, aber vor allem sehr viel sollen. Die alles dürfen und dadurch verunsichert sind, auf welche Weise sie nun Frau sein wollen.
Und klar. Gemessen daran, wie Frauen die Möglichkeiten verweigert werden, die ihnen vermeintlich offenstehen, haben Männer ziemlich unspektakuläre Probleme. Wie will ich Mann sein? Will ich metrosexuell sein (ist natürlich längst over), normcore oder lumbersexuell?
Der arme Mann, vor lauter Optionen weiss er gar nicht, wohin mit sich. Aber das Perfide ist, dass der Mann zwar alles machen kann, aber sehr abschätzige Blicke auf sich zieht, wenn er es auch wirklich tut.
Wenn man die klassischen Rollenbilder verlässt, dann ist es, als würde man aus einer heiligen, geschützten Zone heraustreten. Das meiste ist erlaubt, aber das wenigste ist selbstverständlich. Zum eigenen Ding stehen? Das braucht Leder auf der Seele.
Bob Dylan, Schuhkönig.
Wie wäre es aber, wenn wirklich keine Rollenbilder gelten würden? Wenn es es nichts zu erfüllen gäbe und nichts zum sich widersetzen? Was für ein Mann würde ich sein?
Ich würde relativ hochhackige Schuhe tragen. Das macht Bob Dylan zwar auch, aber eben. Kaum hätte man den Verdacht abgewendet, eine Tunte zu sein, müsste man glaubhaft machen, sich nicht für einen verkannten Singer-Songwriter zu halten.
Ich würde doch noch mal versuchen Tango zu tanzen. Tango ist zwar, so wie er bei uns getanzt wird, sehr langweilig. Aber die Freiheit, sich ganz entspannt führen zu lassen, sich auf der Tanzfläche voll fallen zu lassen, die müsste ich ausprobieren.
Schminke müsste auch sein, klar. Ich weiss zwar nicht, wie das heisst, was Johnny Depp in «Fluch der Karibik» um die Augen hat, aber ich will es auch (ohne Piratenkostüm oder pathetische Grunge-Looks, versteht sich).
Meine Freundin kann mich besser huckepack tragen als ich sie. An Tagen ohne Rollenbilder hätte ich deswegen keinen Komplex.
Wenn ein anderer und ich auf die gleiche Frau im Raum stehen, würde ich ihn machen lassen mit seiner Nummer: «Ich bin der starke, charmante Mann mit den besseren Sprüchen.» Ich würde ihn machen lassen, ihn nicht kopieren (er kann es besser) und mit sehr weichen Bewegungen bei der Frau ankommen. Oder sogar ein bisschen schmollen. Sie kann schliesslich auch mal selber merken, dass dieser Mann-Mann uninteressant ist und von sich aus zu mir kommen.
Ich würde Porsche fahren – aber das geht nicht so einfach.
Meine Freundin soll 100 Prozent eigenständig sein («Ich will, dass du für mich da bist», ist ein sehr uninspirierender Satz). Aber wenn sie friert, lege ich ihr die Jacke um die Schultern.
Lesen Sie mehr über Geschlechteridentität und Gleichberechtigung in unserem Dossier.
Überhaupt das ganze Gentleman-Ding, da würde ich von Fall zu Fall entscheiden. Natürlich halte ich ihr die Tür auf. Ein richtig geglücktes Türaufhalten gehört zum Besten, was zwischen zwei Menschen passieren kann.
Aber dann gibt es auch Fälle, wo es sehr schön ist, ihr nicht die Tür aufzuhalten. Weil das Dame-und-Herr-Thema gerade keine Rolle spielt. Oder umgekehrt: Sie hält mir die Tür auf. Das kann so gut tun, wie sich pflegen zu lassen, wenn man krank ist.
Ich würde Porsche fahren. Aber das geht nicht so einfach, denn an einem öffentlichen Ort aus einem Porsche zu steigen, muss extrem anstrengend sein. Das «Geiles Auto»-Image wiegt zu schwer. Und es sitzt schon im Wagen drin, wenn man nur schon daran denkt, ihn zu kaufen.
So peinlich, wie für den Mann der Sportwagen, ist für die Frau der SUV. Hingegen eine Frau im Sportwagen kann sehr sexy sein. Also sollte auch entspanntes Porschefahren ohne Männer-Rollenbild eigentlich möglich sein.
Der Anlass zum Thema: Mittwoch, 11. Februar um 19 Uhr. Mehr Infos sind nur einen Klick aufs Bild entfernt.