«Wer Mieten zahlen kann, kann auch Lohn zahlen»

Im Abstimmungskampf zur Mindestlohninitiative zeigt die Unia in einer Kleiderständeraktion die Lohnunterschiede im Basler Detailhandel. Gerade in der Freien Strasse herrscht Ungleichheit.

Rot war klar in der Überzahl. (Bild: Livio Marc Stöckli)

Im Abstimmungskampf zur Mindestlohninitiative zeigt die Unia in einer Kleiderständeraktion die Lohnunterschiede im Basler Detailhandel. Gerade in der Freien Strasse herrscht Ungleichheit.

Mit einer Kleiderständeraktion in der Freien Strasse hat die Gewerkschaft Unia am Mittwoch ihren Abstimmungskampf für die Mindestlohninitiative hinsichtlich der Volksabstimmung vom 18. Mai 2014 vorangetrieben. Damit will die Gewerkschaft auf die massiven Lohnunterschiede und -ungerechtigkeiten im Detailhandel aufmerksam machen – insbesondere mit Fokus auf die Läden und Boutiquen der Innerstadt.

So hingen sie da, grüne, rote und gelbe Kleidungsstücke, jeweils versehen mit Preisschildern, auf denen Verkäuferinnen und Verkäufer der Basler Einkaufsläden ihren Lohn sowie Stellenprozente notierten. Allesamt anonymisiert, in einzelnen Fällen jedoch mit dem Namen des Unternehmens. Die Unterschiede sind gravierend. Der grösste Teil der Preisschilder weist Löhne von unter 4000.- Franken auf – dem in der Initiative verlangten Mindestlohn.

Tägliche Begegnung

«Wir wollen die Passanten sensibilisieren», sagt Eva Südbeck-Baur von der Sektorleitung Tertiär der Unia. «Bei den Leuten hinter den Preisschildern handelt es sich um die Gesichter, denen wir täglich an der Ladentheke begegnen. Das Problem ist nicht weit weg, es ist in unserem Alltag.» Südbeck-Baur und vier weitere Unia-Mitarbeiter verteilen an diesem Mittwoch Flyer im Quasi-Herzstück der «Problemzone», am Fusse der Freien Strasse, in welcher sich Filialen allesamt grosser Unternehmen und internationaler Ketten aneinanderreihen.

Betrachte man den Lebensstandard in Basel und die Summen, die gerade in der Freien Strasse täglich für Einkäufe ausgegeben werden, sei die Vorstellung eines Mindestlohnes absolut realistisch, sagt Südbeck-Baur: «Faktisch ist es allerdings so, dass viele keinerlei Aussicht auf 4000 Franken Lohn haben.»

Wer die Mieten zahlen kann, kann auch Lohn zahlen

Bei den Verkäuferinnen selbst zeigt sich insbesondere Unverständnis gegenüber der Lohnpolitik der Giganten unter den Shoppingketten, die Ableger in der ganzen Schweiz haben. «Bei der Manor verdiente ich früher 19 Franken in der Stunde. Gebessert hat sich dort unterdessen nicht viel», meint eine der beiden Verkäuferin des Damenbekleidungsgeschäfts Wolford an der Freie Strasse 81. Hier verdiene sie und ihre Kollegin nun «sehr gut» – der Stundenlohn netto betrage 28 Franken, ohne Rücksicht auf das Alter.

Hinsichtlich eines vorgeschriebenen Mindestlohns von 4000 Franken sind sich die beiden Verkäuferinnen allerdings nicht ganz einig. Bei kleinen Privatunternehmen sei je nach Geschäftslage ein Lohn von diesem Umfang nicht immer bezahlbar – «wir alle sind Teil der Wirtschaft und nicht alle profitieren gleich gut davon», sagt die eine. Die andere Verkäuferin ergänzte: Das betreffe aber weniger geschäftige Gegenden Basels. In Bezug auf die Freie Strasse ist für sie klar: «Wer die hier die Ladenmieten zahlen kann, kann auch einen Lohn von 4000 Franken zahlen.»

Das mag für Wolford zutreffen – beim Damenunterwäschehändler Intimissimi, einem Unternehmen der Schild-Gruppe, vor welchem die Unia ihren Aktionsstand aufgerichtet hat, wollten oder durften die Verkäuferinnen derweil keine Auskunft geben. Nach Südbeck-Baur ein bekanntes Problem: «Bei der Lohntransparenz spielt oftmals die Angst vor internen Konsequenzen mit. Dazu zu stehen ist für die Betroffenen oftmals schwierig.»

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