Wie Basel zu seinem Monster kam

Fabelhafter Basilisk: Das Basler Wappentier ziert Brunnen, Brücken und Fassaden. Wer aber meint, das Mischwesen existiere nur in der Kunst und Fantasie, der täuscht sich. In Basel kann man auch leibhaftigen Basilisken begegnen.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Fabelhafter Basilisk: Das Basler Wappentier ziert Brunnen, Brücken und Fassaden. Wer aber meint, das Mischwesen existiere nur in der Kunst und Fantasie, der täuscht sich. In Basel kann man auch leibhaftigen Basilisken begegnen.

Viele Monster sind uns im Rahmen unserer Themenwoche über den Weg gelaufen: Frankensteins Kreatur, King Kong, Godzilla, ja, sogar ein Fliegendes Spaghettimonster hat uns Furcht einge…nudelt.

Ein Monster aber, das uns näher liegt als alle anderen, haben wir bisher gar noch nicht erwähnt: Basilisk, das Wappentier der Stadt Basel.

Basilisk zwischen Buchdeckeln
Bislang widmet sich nur eine Buchveröffentlichung der Geschichte der «Basler Basilisken» – und zwar «Von der Entstehung im 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart», wie der Buchtitel verspricht.
Verfasst wurde es von Christian Lienhard und Christiane Widmer, erschienen ist es 2003 im Spalentor Verlag, Basel.
Viele Abbildungen auf 175 Seiten.

Ein Blick, der töten kann

Der Basilisk steht für eine giftige Drachenart, für einen Schlangenkönig, ein Mischwesen, dessen Ursprung wie folgt hergeleitet wird: «Ein alter Hahn legt ein Ei in den Mist, dieses wird von einer Schlange (oder Kröte) umschlungen und durch deren Wärme ausgebrütet.» Was schlüpft, ist ein Basilisk, der allein durch seinen Blick oder Atem einen Menschen töten kann.

Ein Tier das die Fantasie beflügelt

Während man im frühen Mittelalter noch an die Existenz der Basilisken glaubte, so kam mit der Aufklärung die Erkenntnis, dass dieses Wesen wohl nur die Fantasie beflügle, aber nicht sich selber. So hielt der britische Philosoph Thomas Browne im 17. Jahrhundert fest, dass der Glaube, dass aus einem Hahnen-Ei ein Basilisk schlüpfen könne, so ungeheuerlich sei wie die Fabel selbst.

Der Fantasie Flügel verliehen im Mittelalter Präparate, die man dem Publikum als Basiliske präsentierte. Bei näherer wissenschaftlicher Betrachtung stellte sich aber oft heraus, dass es sich um Rochen handelte, die da als Basiliske verkauft wurden.

Spuren am Basler Münster

Die ältesten Spuren in Basel reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück: In der Galluspforte des Basler Münsters finden sich Abbildungen von Basilisken. 200, 300 Jahre später erst sollte das Fabelwesen zum Wappenzeichen und Schildhalter der Stadt werden. Die Vermutung, dass sich der Stadtname Basel von Basilisk herleite, ist übrigens eher unwahrscheinlich. Wie im aufschlussreichen Buch «Basler Basilisken» zu erfahren ist, vertrat der Schriftsteller Beatus Rhenanus schon im 16. Jahrhundert die Ansicht, dass der Basilisk durch ein Wortspiel zum Wappenhalter der Stadt geworden sei.

Fundort Gerberbrunnen

Dazu beigetragen hat sicher auch die Legendenbildung. Die bekannteste in Basel rankt sich um den Ort, wo heute der Gerberlochbrunnen steht. Hier soll einst ein Basilisk gehaust haben. Eine Inschrift (siehe Kasten) erinnert daran – ebenso ein Relief im Basler Rathaus, das zeigt, wie zwei Gerber den Basilisk am Hals packen.

Inschrift beim Gerberbrunnen
In dieses Brunnens dunklem Grund
haust’ einst die Sage tut’s uns kund –
der Basilisk, ein Untier wild
Heute hält er Basels Wappenschild.
D’rauf wird hier ein Gericht gehegt,
auch Tanz und Minnesang gepflegt;
vom Zunfthaus, das beim Quell dann stand,
ward Gerberbrunnen er genannt.
Nachdem versiegt er manches Jahr,
strömt heut’ er wieder voll und klar.
Kein Drach’ sinnt in ihm auf Mord,
doch lebt ein andrer Drache fort.
O Basel, mach von ihm dich frei:
der Zwietracht tritt den Kopf entzwei

Ebenfalls bekannt ist ein Gedicht von Christian Morgenstern, worin dieser an einen Prozess im Jahre 1474 erinnert. Damals habe man einen elfjährigen Hahn, der ein Ei gelegt hatte, zum Tode verurteilt. Teuflische Sache!

Vom Drachentier zum Maskottchen

Im Lauf der Zeit hat sich der Basilisk in mannigfaltiger Form in Basel verbreitet. 28 Basilisken-Brunnen – vom Wiesenplatz bis zur Bruderholzallee – finden sich in der Stadt, wie ein privater Chronist verdankenswerterweise aufgelistet hat. Auf seiner Website erfährt man auch, wo der älteste Basilisk-Brunnen zu finden ist: Am Totentanz, Baujahr 1896.

Aber auch auf Brücken, an Hotelreceptions, im Circus oder am Radio begegnet uns der Basilisk, der zahlreichen Unternehmen bei der Namensfindung geholfen hat.

Ein Basilisk aus Fleisch und Knochen

Im Botanischen Garten stösst man sogar auf einen Basilisken aus Fleisch und Knochen. Denn es gibt ihn tatsächlich und leibhaftig: Er heisst Basiliscus plumifrons (Stirnlappen-Basilisk), stammt ursprünglich aus Mittelamerika (Honduras oder Panama), gehört zu einer Leguan-Art – und dreht im Tropenhaus des Botanischen Gartens seine Klettertouren. Wirklich wahr! Dass man ihm zur eigenen Sicherheit mit der einzigen wirksamen Waffe – einem lebendigen Wiesel – begegnen sollte, ist hingegen eine glatte Lüge.

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