Wie ich den Zoo lieben lernte

Praktikantinnen und Praktikanten der TagesWoche berichten vom Zolli-Apéro: Das ist so sicher wie das Geschrei im Affenhaus. Auch Zoo-Verächterin Jara Petersen ist hin – und wird sich nach ihrem Besuch wohl demnächst ein Jahresabo lösen.

(Bild: Zoo Basel / Torben Weber)

Praktikantinnen und Praktikanten der TagesWoche berichten vom Zolli-Apéro: Das ist so sicher wie das Geschrei im Affenhaus. Auch Zoo-Verächterin Jara Petersen ist hin – und wird sich nach ihrem Besuch wohl demnächst ein Jahresabo lösen.

Die Schreibtische meiner Arbeitskollegen sind beeindruckend. So viel Charakter, Menschlichkeit, Zeitgeist lässt sich von den Arbeitstischen und dem, was sich drauf türmt, ablesen. Cooler Kaffee aus dem Regenwald. Eindringliche Bücher. Notizblöcke, heftig vollgekritzelt.

Auf meinem Tisch dagegen befanden sich zu Arbeitsbeginn nur zwei Dinge: ein Personaldatenblatt, noch auszufüllen. Und: die Einladung zum Presseapéro des Zollis. Thema: «Neuzugang bei den Panzernashörnern». Aber auch: «Freudige Überraschung – Aufregung bei den Schimpansen».

Tiere!?

Der Presseapéro des Zoologischen Garten Basel (redaktionsintern «DER Zolliapéro») gehört zu den unumgänglichen Eintrittsriten für Praktikantinnen der TagesWoche. Das wurde – sanft, aber bestimmt – schon beim Bewerbungsgespräch thematisiert. Denn da wurde ich gefragt: «Wir schicken unsere Praktikanten gerne an so allerlei Orte, da gibts zum Beispiel diesen Zolliapéro – würdest du sowas machen?» Ich nickte.

Tiere sind schöne Wesen. Es ist gut, dass sie da sind auf der Welt. Aber in den Zoo gehe ich nie. Einfach wirklich nicht. Nicht mal für ein Zollicornet. Nicht mal, um mir eine Postkarte mit dem Motiv einer schlüpfende Schildkröte zu kaufen. Und auch nicht, um wieder und wieder festzustellen, wie faszinierend ähnlich wir den Schimpansen sind. Trotzdem habe ich genickt: Das mache ich natürlich. 

Schon in der ersten Arbeitswoche wurde DER Zolliapéro akut. «Schön, jetzt haben wir die Einladung gekriegt. Ich leite sie dir gleich weiter, alright?» – «DEN Zolliapéro, den macht dann eben Jara.» Ich war vorbereitet. Und dann ging ich hin. Und freute mich. Wirklich!

Geheimbaby im Affenhaus

Marc Riggenbach, stellvertretender Direktor, begrüsst die Medien mit Regenschirm und Siegelring. Los geht es zum Affenhaus. Dort erzählt Adrian Baumeyer, der Kurator, eine schöne Geschichte: Ein Schimpansenbaby wurde am 6. April geboren. Keiner wusste von der Schwangerschaft. Und dann war am Morgen das Baby da, schon trocken, und wurde von seiner Mutter Kitoko gestillt.

Weshalb die Schwangerschaft nur erahnt werden konnte? Das Schimpansenbaby wiegt so wenig, dass die Gewichtszunahme, anders als bei den Menschen, nicht unbedingt einer Schwangerschaft zugeordnet wird. Und Kitoko, die Mutter, liess sich keinen Urin abnehmen. So trug sie achteinhalb Monate ihr Geheimnis mit sich im Gehege rum.

Alleine, ohne Pfleger und ohne weibliche Artgenossinnen als emotionale Unterstützung brachte Kitoko ihr Baby Nkonbe zur Welt. Die Geburt dauert ein paar Minuten. Dann frisst die Mutter die Nachgeburt, durchbeisst die Nabelschnur und kümmert sich die nächsten vier Jahre um ihr Junges. Vollstillend.

Wer der Vater ist, so erfahren wir von Kurator Baumeyer, weiss niemand. Die Männchen kümmern sich nicht um die Jungen. «Anders als das bei uns Menschen ist», stellt Baumeyer fest. Dass der Vater nicht zugeordnet werden kann, hat einen Grund: Die Weibchen sind promiskuitiv. Und das schützt das Baby. Weil alle Männchen in der Herde Vater sein könnten, tötet keiner das Junge. Denn es könnte ja sein, dass es eigenes Fleisch und Blut ist. Das finde ich aber mal spannend.

Wie die Tiere zu ihren Namen kommen? «Das überlassen wir den Tierpflegern», erläutert Baumeyer. Fritz und Gaby gehen aber nicht. Deshalb trägt nun Mama Kitoko ihren Nkombe im Arm. Schön ist es, den beiden zuzusehen. Schon faszinierend, die Ähnlichkeit mit uns, irgendwie.

Wo ist das Horn?

Im Nashornstall stellt uns Kuratorin Friederike von Houwald den «Neuzugang bei den Panzernashörnern» vor. Madame Saar aus Holland, 16 Jahre alt, Nashorn. Sie hat kein Horn. 

Saar kam vor wenigen Wochen neu zur zweihornigen Nashorngruppe in Basel. Die Nashornzucht in Basel habe in 60 Jahren zu grosser Erfahrung und immerhin 34 Jungen geführt, erzählt Kuratorin von Houwald. Koordiniert wird die Zucht durch das Europäische Erhaltungszuchtprogramm.

Bisher habe der Bulle heftig auf das Weibchen reagiert. Aber im guten Sinn. So dass nach der Eingewöhnung an den Aussenstall Saar hoffentlich bald schwanger werde. 




Alles da: Muntiak, Ente, Nashorn – nur das Horn fehlt. (Bild: Zoo Basel / Torben Weber))

Da stand sie also, diese Saar. Hornlos. Das Horn, so von Houwald, sei ein völlig wertloses Material, wie Haare, wie Fingernägel. Saar habe es sich abgeschlagen, darauf wurde das Horn vom Zoopersonal verbrannt.

Die indischen Panzernashörner brauchen, anders als ihre afrikanischen Artgenossen, ihr Horn nämlich nicht zum Kämpfen. Sondern, um die Erde nach Wurzeln zu durchwühlen. Gekämpft werde mit den Eckzähnen. Und deshalb sei die Haut auch so dick, liege in schlabbrigen Falten, um die Organe vor den Zähnen zu schützen.

Nashörner stehen kurz vor dem Aussterben, in Afrika und in Asien. Die Hörner seien unter asiatischen Businessmännern ein Statussymbol wie bei uns der Porsche, berichtet von Houwald. Die Wilderei sei derart weit verbreitet, dass die Reproduktion der freilebenden Nashörner ihr Überleben nicht sichern könne. Die erschreckenden Zahlen dazu kann man nachlesen.

Zum Schluss: Lachsbrötli

Dann gesellt sich der stellvertretende Zoodirektor Riggenbach wieder zu uns: Die Muba, die am Freitag eröffnet wird, werde die Einnahmen ihres ersten Besuchstages für den Bau der neuen Pinguinanlage spenden. 

Dann gibt es für alle ein Lachsbrötli. Ich mache mich auf den Rückweg. Die Störche klappern oben auf den Bäumen. Warum nur? Ich werde es gleich mal nachlesen, denke ich. Und auch: Hoffentlich kann ich wieder einmal an den Zolliapéro.

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