100 Jahre Muba: Gefeiertes Auslaufmodell

Die Messe Schweiz feiert ihr 100-jähriges Bestehen. Mit einem Buch, einer Plakatausstellung und einem durchzogenen Blick auf das eigentliche Geburtstagskind, die Schweizer Mustermesse.

«Noch immer erscheint jedes Jahr ein Bundesrat zu Eröffnung»: Messe-Verwaltungspräsident Ueli Vischer an der Vernissage des Jubiläumsbuchs.

(Bild: Dominique Spirgi)

Es ist eine bemerkenswerte Geschichte: Mitten im Ersten Weltkrieg initiierte der damalige Direktor der Allgemeinen Gewerbeschule, der belgische Künstler Jules de Praetere, die Gründung einer Warenmesse für die kriegsgeplagte Schweizer Wirtschaft. 1917 schlug damit die Geburtsstunde der Schweizer Mustermesse, die in diesem Jahr ihre 100. Ausgabe feiern kann.

Volle Messehallen im Jahr 1930
Volle Messehallen im Jahr 1930. (Bild: Messe Schweiz)

100 Jahre sind ein stolzes Jubiläum, das die Messe-Verantwortlichen auch standesgemäss begehen möchten. Sie werden dies an der Muba selber tun, deren Eröffnung dieses Jahr auf den 15. April fallen wird. Und sie taten dies bereits jetzt mit der Vernissage zum schön aufgemachten und anregend zu lesenden Jubiläumsbuch mit dem Titel «Im Takt der Zeit» und zu einer Plakatausstellung in der Innenstadt. Die Messe-Verantwortlichen, das sind an vorderster Front die MCH Group, aber auch der Kanton Basel-Stadt, der vor hundert Jahren massgebliche Geburtshilfe geleistet hat.

Mutter aller Messen mit Altersschwächen

100 Jahre sind auch ein fortgeschrittenes Alter, das man dem eigentlichen Geburtstagskind Muba ansieht, während die Unternehmensgruppe, die daraus entstanden ist, blendend aufgestellt ist. Seit Jahren schon ist der ideelle Status der «Mutter aller Messen» um einiges höher als ihre wirtschaftliche Bedeutung.

«Eine Konsumgütermesse wie die Muba hat heute längst nicht mehr die Bedeutung, die sie einst hatte», sagt Ueli Vischer, langjähriger Verwaltungsratspräsident der MCH Group AG. «Die Güter, für die man früher an die Muba pilgerte, sind im Internet oder in gängigen Einkaufszentren heute günstiger und einfacher zu bekommen.»

Die lukrativen Bereiche ausgelagert

Messe-CEO René Kamm bezeichnet die Muba im Jubiläumsbuch als «Anachronismus». «Mit Messeveranstaltungen, die exakt auf eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten sind, erreichen wir unsere Kundschaft viel besser», ergänzt er gegenüber der TagesWoche.

Musterbeispiel für eine auf eine spezifische Zielgruppe zugeschnittene Veranstaltung ist die Weltmesse Baselworld. Als Schweizer Uhrenmesse und später Europäische Uhren- und Schmuckmesse war sie lange Zeit integrierter Teil der Muba und später eine parallel dazu geführte Messe. Heute ist sie das klar von der Muba abgetrennte Flagschiff der MCH Group, dem sich alle anderen Veranstaltungen quasi unterzuordnen haben.

Neben der Uhren- und Schmuckmesse verlor die Muba mit der Zeit auch weitere Fachbereiche – etwa die Swissbau und die Internationale Fachmesse für die Holzbearbeitung «Holz». Die Muttermesse wurde von ihren Kindern übertrumpft und ist in der Hierarchie der Messeveranstaltungen weit nach unten gerutscht. Was sich alleine schon in der Tatsache zeigt, dass sie terminlich regelmässig hin- und hergeschoben wird.

Noch immer kommt der Bundesrat

Der grosse Publikumsmagnet ist die «anachronistische» Mustermesse also längst nicht mehr. Ihre erste Ausgabe, die im Stadtcasino und einer Halle des Badischen Bahnhofs stattfand, vermochte noch 300’000 Besucherinnen und Besucher anzulocken. 2015 waren es noch rund 132’000, über 30’000 Besucherinnen und Besucher weniger als im Jahr zuvor.

Die Verantwortlichen wollen die gute alte Mustermesse aber trotzdem nicht abschreiben. Noch nicht zumindest. «Rein finanziell rechnet sich die Muba kaum mehr. Aber die Muba ist eine Tradition und Institution, die wir uns auch aus Imagegründen leisten können und wollen», gibt Kamm im Jubiläumsbuch zu Protokoll.

Die Muba heute
Die Muba heute. (Bild: Barbara Sorg)

Auf Anfrage der TagesWoche sagt der Messe-CEO, dass doch noch mehr als nur Nostalgie hinter der Weiterführung der Mustermesse steckt. «Es kommen weit über 100’000 Besucherinnen und Besucher, so lange dies anhält, wird es die Muba auch weiterhin geben», erklärt Kamm. Ob die Muba dereinst auch ihren 125. Geburtstag wird feiern können, wollte Kamm aber nicht sagen.

«Noch immer erscheint jedes Jahr ein Bundesrat zu Eröffnung», ergänzt Verwaltungsratspräsident Vischer. Und fügt pragmatisch hinzu, dass die MCH Group unter dem kommerziellen Aspekt in einer Woche, in der sonst nichts los ist, eine Messehalle füllen könne.

Nur noch die Rundhofhalle

Es handelt sich um die Rundhofhalle oder Halle 2, welche die Muba, die sich einst über das gesamte Messeareal erstreckte, heute noch belegt. Und den Messeplatz, wie Muba-Kommunikationsleiter Simon Dürrenberger ergänzt. Es wird die letzte Messe sein, die Dürrenberger begleiten wird. Im Oktober 2015 teilte die MCH Group mit, dass sich Dürrenberger und die Messeleiterin Kay Schmid, die nur gerade zwei Jahre im Amt war, verabschieden.

Wer Schmids Nachfolge übernehmen wird, wollte Dürrenberger noch nicht sagen. «Die Nachfolge für die Leitung der Muba konnte verpflichtet werden und startet am 1. April. Auf Wunsch des aktuellen Arbeitgebers, der den personellen Abgang erst im Laufe des Monats März kommunizieren wird, können wir die Neubesetzung noch nicht bekannt geben», lässt er verlauten.

Wirtschaftlich schwierige Rahmenbedingungen

Die Jubiläumsausgabe wurde von einem achtköpfigen Team unter Claudia Guyaz, der Leiterin der Fach- und Publikumsmessen am Standort Basel, organisiert. Ein leichtes Spiel war dies offensichtlich nicht. «Man spürt in der Akquisition für die Muba 2016, dass die Firmen verschiedener Branchen unter Druck sind und Marketingausgaben sehr genau abgewogen und überdacht werden», so Dürrenberger. «Unser Team ist jedoch mit Hochdruck und guten Argumenten daran, die wenigen noch verfügbaren Flächen zu verkaufen.»

«Im Wandel der Zeit. Von der Mustermesse zur MCH Group». Herausgegeben von Patrick Kury und Esther Baur im Christoph Merian Verlag. Preis: CHF 59.–.

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