Gibt man bei Google «Orgasmus» ein, findet man tonnenweise Fotos von ekstatischen Frauen. Aber keine Männer. Das gibt uns zu denken.
Letzte Woche: Ich recherchiere zum Thema Orgasmus und suche dafür ein Bild für meinen Artikel. Also mache ich eine Bildersuche bei Google und gebe den Begriff Orgasmus ein.
Und was passiert?
Es erscheinen zig Bilder. Von Frauen. Beim Orgasmus. In Nahaufnahme.
Und von Männern?
Ein Bild. Ein einziges kleines Bildchen.
Und da behaupte einer, die Gleichstellung sei erreicht! Nicht mal ein Bild von einem stöhnenden Mann kann frau sich ergoogeln.
Ich tat, was ich in solchen Situationen immer tue: Ich holte mir Hilfe und bat unseren Bildredaktor, Männerorgasmusfotos zu suchen.
Nur um Klartext zu reden: Es geht mir hier nicht um Porno, sondern um einigermassen präsentable Themenfotos, um einen Artikel zu bebildern.
Männer in Schwarzweiss
Eineinhalb Stunden später kommt der Fotoredaktor zu mir. Und er hat sogar Fotos gefunden, zwei Serien. Sehr schöne, schwarzweisse Nahaufnahmen von Männern beim Höhepunkt.
Nur: Diese Fotos dürfen wir nicht zeigen. Sie waren nicht zu explizit, im Gegenteil, es handelt sich um Kunst!
Frau merke: Im Internet gibt es Tausende Fotos von Frauen beim Orgasmus, frei zugänglich, ohne Copyright. Aber ein Bild mit einem ekstatischen Mann ist gleich Kunst, teure Kunst! Etwas Ausseralltägliches, Spezielles, das man sich an die Wand hängt, um bei kultivierten Freunden anzugeben.
Kommen Männer nie?
Daraus lässt sich, sorry, leider nichts anderes schliessen, als: In unserer super aufgeklärten Gesellschaft gilt immer noch die Gleichung:
Sex = Frauenkörper.
Nur: Dieser Gleichung fehlt die Logik. Oder haben Männer etwa keine Orgasmen?
Angebot und Nachfrage
Das lässt sich mathematisch schon erklären, mögen Sie einwenden. Der weibliche Orgasmus ist halt viel häufiger Thema, ergo braucht es viel mehr Fotos von Frauen beim Höhepunkt als von Männern.
Stimmt zwar. Es gibt viel mehr Artikel über weibliche Orgasmen (zu Unrecht, auch Männer bekommen den Höhepunkt nicht einfach so geschenkt, habe ich mir sagen lassen).
Doch, und das ist der Skandal, sogar wenn Journalisten über den männlichen Orgasmus schreiben, zeigen sie dazu Bilder von Frauen. In Unterwäsche. Sehen Sie nur hier oder hier.
Frau am Steuer
Wenn wir über Frauen schreiben, zeigen wir Frauen. Wenn wir über Männer schreiben, zeigen wir Frauen.
Aber es kommt noch fieser. Denn offenbar lautet die Gleichung nicht nur:
Sex = Frauenkörper,
sondern auch
Frau = Sex.
Finden Sie, ich übertreibe?
Dann googeln Sie mal «Auto» und «Frau» zusammen.
Das tat mein Kollege bei einer Bildersuche kürzlich. Ergebnis: Frauen in Outfits und Posen, in denen Sie und ich bestimmt nie Auto fahren. Machen Sie den Test.
Mann am Steuer
Und jetzt googlen Sie mal «Mann» und «Auto». Kaum sexy Fotos, mit einer Ausnahme. Dürfen Sie gerne überprüfen.
Das liegt halt in der Natur der Geschlechter, mögen Sie sagen. Na, dann finden Sie mir bitte einen Naturwissenschaftler, der Ihnen bestätigt, dass Frauen von Natur aus Bikini und Stöckelschuhe tragen und sich auf der Kühlerhaube räkeln.
Aber klar, für Männer lässt sich natürlich viel besser rechtfertigen, weshalb sie all das Geld und die Macht haben, wenn sie Frauen nur als Sexobjekte sehen und nicht als Mensch mit Hirn. Wer gleich Arsch und Titten vor Augen hat, wenn er an Frauen denkt, kommt nicht so schnell auf die Idee, eine Frau zur Verwaltungsrätin zu machen.
Ein Mann im Bett
Doch es gibt Hoffnung. Bei gewissen Suchanfragen geht es Männern nicht besser als Frauen. Googlen Sie etwa «Mann» und «Bett» und Sie erhalten ähnliche Bilder, wie wenn Sie «Frau» und «Bett» suchen: nackte Männerkörper, drapiert in weisses Leinen.
Wir schliessen: Die Welt merkt langsam, dass es für Sex auch Männer braucht. Ob sie deswegen auch realisiert, dass frau sich heute nackt im Bett wälzen und morgen gescheite Gedanken haben kann?
Empörung Ende.