Wintergärten schützen empfindliche Pflanzen, verlängern die Gartensaison oder vergrössern den Wohnraum. Damit der verglaste Anbau wirklich Freude macht, muss er richtig und mithilfe von Fachleuten geplant werden.
Die weltberühmten Kew-Gardens gehören für viele London-Besucher zum Muss. In der Tat ist ein Spaziergang unter den filigranen Konstruktionen aus Eisen und Glas mitten durch eine Welt aus tropischen Pflanzen eindrücklich.
Entstanden ist die Idee zu den gläsernen Schutzbauten für empfindliche Pflanzen in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als adlige Engländer begannen, tropische Gewächse aus den Kolonien in die Heimat zu importieren. Im unwirtlichen Klima der Britischen Inseln hätten diese allerdings nicht lange überlebt. Deshalb wurden die Pflanzen durch sogenannte Orangerien, kleine Gewächshäuser aus Eisen und Glas, vor der Witterung geschützt. Schnell gehörte ein solches Glashaus zur Ausstattung herrschaftlicher Gärten. Nicht nur um die Pflanzen zu schützen, sondern auch als Ort für den Nachmittagstee oder literarische Lesungen.
Eine Frage des Budgets
Adlig muss man heute nicht mehr sein, um sich einen Wintergarten leisten zu können. Ganz günstig ist der Spass trotzdem nicht. Die Preise für einen gedeckten Garten in durchschnittlicher Zimmergrösse von 15 Quadratmetern variieren je nach Typ und Ausführung zwischen 40’000 und 70’000 Franken. Das kann das Budget fürs Eigenheim schon mal sprengen. Deshalb wird ein Wintergarten oft nicht bereits beim Bau des Hauses, sondern erst später realisiert. Dann, wenn man das nötige Geld beiseite gelegt hat.
Beliebt ist der Anbau eines gedeckten Gartens aber auch in kleinen, engen Altbauhäusern – als Erweiterung der Wohnfläche. «Der Grossteil der Wintergärten wird heute nachträgliche an ein bestehendes Haus angebaut», sagt Felix Knobel vom Wintergarten-Fachforum in Liestal (Wigaff). Das Forum stellt Qualitätsrichtlinien für Anbieter auf und berät Käufer als neutrale Anlaufstelle.
Kalt, temperiert oder warm?
Wer sich einen Wintergarten fürs eigene Haus wünscht, braucht neben dem nötigen Kleingeld auch Zeit. Mindestens vier Monate dauert es vom ersten Planungsschritt bis zur Fertigstellung. Und je nach Gemeinde wartete man zwischen ein bis drei Monate auf die Baubewilligung. Für den, der sich noch für diesen Winter einen gedeckten Garten wünscht, wird es also knapp. Umso mehr Zeit bleibt dafür, um bis zum nächsten Herbst Wintergärten zu besichtigen, das eigene Vorhaben ausführlich zu planen und umzusetzen.
In einem ersten Schritt geht es darum zu klären, welche Funktion der Wintergarten übernehmen soll: Dient er nur zum Schutz von Pflanzen? Soll er die Gartensaison im Herbst und Frühling verlängern? Oder ist eine ganzjährig nutzbare Wohnraumerweiterung gefragt?
Wer weiss, wofür er den Wintergarten will, hat später keine Probleme. Falsch geplant, kann sich der Wintergarten im Sommer beispielsweise in eine Sauna verwandeln oder im Winter zur Tropfsteinhöhle werden. «Um die richtige Lösung zu finden, ist es wichtig, schon früh das Gespräch mit einer Fachperson für Wintergärten zu suchen», empfiehlt Knobel. Drei Grundtypen stehen zur Auswahl: unbeheizte, temperierte und vollständig beheizte Wintergärten.
1. Wintergarten ohne Heizung
Ein unbeheizter Wintergarten ist mit rund 30’000 Franken für 15 Quadratmeter Fläche die günstigste und zugleich einfachste Variante. Je nach lokalem Baugesetzt zählt seine Fläche nicht einmal zur Ausnutzung des Grundstücks. Das ist besonders praktisch, wenn man die maximal realisierbare Wohnfläche bereits ausgeschöpft hat. Der Nachteil: Ohne Heizung kann der Wintergarten nur bedingt als Wohnraumerweiterung verwendet werden. Vor allem an kalten, nebligen Wintertagen bleibt es auch im Innern eher unangenehm. Im Hochsommer dagegen kann es ziemlich heiss werden.
Ein unbeheizter Wintergarten eignet sich besonders, um Pflanzen vor Witterung zu schützen. Er kann aber auch als Garderobe oder als grüner Klimapuffer vor dem Wohn- und Esszimmer genutzt werden. Als zusätzliche Wohnfläche dient er problemlos im Frühling und Herbst, wenn das Glashaus durch die Sonne schnell warm wird.
Ohne Heizung variiert das Klima in einem einfachen Wintergarten im Jahresverlauf stark. So auch der Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Deshalb sind Stoffsofas oder Teppiche als Möblierung nicht geeignet. Bewährt haben sich hingegen robuste Gartenmöbel aus Kunststoff oder Metall. Zudem ist ein wenig Disziplin gefragt. Dringt im Winter warme Luft aus dem Haus in den verglasten Anbau, bildet sich Kondenswasser an den Scheiben und Metallprofilen. Und bleiben im Sommer die Lüftungsklappen bei starker Sonnenstrahlung geschlossen, wird es den Pflanzen schnell zu heiss.
2. Temperierter Wintergarten
Eine Stufe komfortabler ist der temperierte Wintergarten. Mit seiner kleinen Heizung lässt sich die Temperatur um maximal zehn Grad nach oben korrigieren. Für kalte, bedeckte Wintertage ist das zu wenig, um um ein angenehmes Klima zu erreichen. Aber die Zusatzheizung kann die Gartensaison im Herbst und Winter dennoch verlängern.
Ein temperiertes Glashaus zählt zwar zur Ausnutzungsziffer, muss aber nicht die kantonalen Wärmedämmvorschriften für Gebäude erfüllen. Dadurch spart man sich zum Beispiel teure isolierte Metallprofile oder eine Dreifach-Isolierverglasung. Kostenmässig ist für einen temperierten Wintergarten mit rund 40’000 Franken für 15 Quadratmeter zu rechnen.
3. Beheizter Wintergarten
Der Rolls-Royce unter den Wintergärten ist die voll beheizte Variante. Sie entspricht bezüglich Komfort einem normalen Wohnraum. Entsprechend gross ist der bauliche Aufwand: Verglasung und Profile müssen den Wärmedämmvorschriften entsprechen, ebenso die Bodenplatte. Zudem braucht es eine ausreichend starke Heizung. Um zu verhindern, dass sich der Wintergarten im Sommer zu stark aufheizt, müssen Storen und Lüftung montiert werden, die mit einem Temperaturfühler verbunden sind. Entsprechend höher fallen auch die Kosten aus: Sie erreichen schnell einmal 70’000 Franken für 15 Quadratmeter.
Am besten ohne Heizung
Bei knappem Wohnraum kann ein voll beheizter Wintergarten eine gute Möglichkeit sein, die Wohnfläche zu vergrössern. Verfügt das eigene Haus hingegen bereits über ausreichend Fläche, sollte man auf eine Heizung oder Temperierung verzichten. Das spart nicht nur Geld, sondern schont auch die Umwelt. Trotzdem muss man auf Komfort nicht unbedingt verzichten: Ein von Fachleuten geschickt geplanter unbeheizter Wintergarten kann die Gartensaison ebenfalls um mehrere Wochen verlängern. Ein wichtiges Element dazu ist die Speichermasse: Ein dunkler Fussboden aus Stein sowie Mauern aus Stein oder Lehm etwa können Sonnenwärme aufnehmen und an kühlen Tagen wieder abgeben.
So konstruiert wird der Wintergarten an kühleren Tagen im Herbst oder Frühling oder einem regnerischen Sommertag zum geschützten Aussenraum und man kann dort – ganz in der Tradition des englischen Adels – tropische Pflanzen halten und den Nachmittag mit Gästen bei Tee und Kuchen geniessen.