Der Innovationspark hat einen neuen Direktor. Im Interview erklärt Jürgen Allwohn, wie er Firmen nach Allschwil holen will.
Anfang des Jahres klebte noch ein eilig bedrucktes A4-Papier an der Tür, jetzt ist der Innovationspark mit farbigem Logo angeschrieben. Die Hauptzentrale an der Gewerbestrasse in Allschwil ist startklar.
Seit dem 1. Oktober mit neuem Direktor. Jürgen Allwohn hat die Aufgabe von seinem Vorgänger André Moeri übernommen. Der Auftrag des Neuen heisst: Das noch junge Projekt ausbauen. Denn bisher ist wenig passiert (die TagesWoche berichtete).
Der Ableger des nationalen Swiss Innovation Park soll in Allschwil und Delémont zwei Neubauten erhalten. Der Bund sprach gerade 24 Millionen Franken für die Ableger in Baselland und Jura, davon 18 Millionen als rückzahlbare Darlehen.
Eine «schöne und grosse Herausforderung», findet Allwohn. Der 55-jährige Deutsche arbeitete vorher beim Kosmetik-Konzern Wella, der Chemiefirma DSM und Procter and Gamble, wo unter anderem Rasierklingen und Taschentücher hergestellt werden. Dort habe er «Einblick in die Zusammenarbeit zwischen Start-ups und Industrie» erhalten.
Im Innovationspark will er «Kerntechnologien etablieren», um weitere Firmen anzuziehen – Allwohn spricht von einem «Magneteffekt».
Jürgen Allwohn, wo wollen Sie ansetzen, um den Innovationspark zu stärken?
Wir müssen sehr viel schneller sein in der Realisierung des Parks. Und wir müssen grösser werden. Heute haben wir von unserer Fläche etwa 90 Prozent vermietet. Es braucht also mehr Platz. Wir erhalten sehr viele Anfragen, die wir im Moment ablehnen müssen.
Anfragen von Start-ups?
Ja, und von Forschungsprojekten. Wir erhalten Anfragen von Projekten, die noch in einer frühen Phase sind, also von Pre-Start-ups. Es gibt aber auch Anfragen von reiferen Konstrukten, also kleineren Firmen.
Wie soll der Innovationspark in fünf oder zehn Jahren aussehen?
Der Park soll dann ein Konglomerat sein, bestehend aus wissenschaftlichen und privatwirtschaftlichen Gruppen. Wir wollen, dass exklusive Player bei uns einziehen. Denn dann ziehen auch weitere Forschungsprojekte oder Start-ups hierher.
Es geht also um den richtigen Mix.
Genau.
Was sind weitere Herausforderungen?
Wir wollen Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, in denen die Leute einfacher miteinander in Kontakt kommen. Also auch mit Leuten, die beispielsweise nebenan bei Actelion oder Viollier sitzen. So findet ein produktiver Austausch zwischen Forschern und Unternehmern statt.
Wie schafft man das konkret? Indem man nur ein WC in 100 Metern Umkreis zur Verfügung stellt?
So einfach ist es nicht. An diesem Standort stehen uns rund 500 Quadratmeter zur Verfügung. Die wollen wir für einen Prototypen nutzen, um Arbeitsplätze der Zukunft zu bauen. Es soll eine gemischte Umgebung werden: Büros, Labors, Trainingsräume, Begegnungszonen und so weiter. Aufgrund der Kenntnisse, die wir so gewinnen, soll dann das neue Gebäude des Innovationsparks geplant werden.
Das klingt nach Google Campus oder einer Arbeitsumgebung, wie sie Samsung für 300 Millionen Franken im Silicon Valley umsetzt. Dort stehen auch der Kontakt und Austausch unter den Mitarbeitern im Fokus.
So kann man das sehen: Wir bauen in Allschwil ein Stück Google Campus – allerdings in weit geringeren Dimensionen, natürlich auch finanziell. Die Leute, für die wir eine Infrastruktur bieten, werden wohl in einer frühen Projektphase sein. Ziel soll sein, dass sie in diesem «Future Lab» auf Investoren treffen und vor Ort Verhandlungen führen können.
Der Plan des «Future Lab» von oben: Büroplätze (rechts), Labors (links) und Begegnungszonen (Mitte) sollen sich ergänzen.
Früher waren Einzelbüros en vogue, später sogenannte Cubicles und Grossraumbüros. Heute sind es gemischte Arbeitsorte. Ist das mehr als ein Trend? Gibt es Studien, die den Nutzen von solchen Arbeitslandschaften belegen?
Es gibt Beispiele, die zeigen, dass eine solche Arbeitsumgebung sehr gut funktioniert. Etwa in Boston. Wir haben unser Konzept auch an einen dortigen Life-Sciences-Arbeitsort angelehnt. In Europa gibt es das zum Beispiel bei Philips in Eindhoven. Was man auch im Auge behalten muss: Die Leute werden sich nicht länger als sechs Monate oder ein Jahr in diesem Arbeitsumfeld aufhalten. Sie brauchen einen Einzelarbeitsplatz, um vielleicht ihr Konzept oder ihren Businessplan zu erarbeiten. Danach verlassen sie vermutlich das Lab wieder. Für eine spätere Phase stellen wir dann andere Räume zur Verfügung.
Eine Studie der UBS, die den Nutzen von Technologieparks untersucht, kommt zum Schluss: Büroräumlichkeiten sollten nicht vom Staat, sondern von privatwirtschaftlichen Akteuren angeboten werden, weil sonst eine staatliche Abhängigkeit entsteht. Sehen Sie das auch so?
Für eine staatliche Abhängigkeit sehe ich bei uns keine Gefahr, weil wir Forscher nach thematischen Kriterien auswählen und nicht nach ökonomischen. Bei uns zählt, welchen technologischen Background die Leute mitbringen. Was man dazu auch sagen muss: Wir sind daran, den Innovationspark von einem Verein in eine Aktiengesellschaft zu führen. Diese soll ab dem nächsten Jahr aktiv sein. Ein wichtiges Kriterium ist dabei, dass die Privatwirtschaft am Innovationspark partizipiert.
Werden Bund und Kantone die Mehrheit behalten?
Die Kantone werden die Gründer sein. In einem zweiten Schritt wird das Ganze für Wissenschaft und Privatwirtschaft geöffnet. Im Endzustand werden die Kantone in der Minderheit sein – das ist unser Ziel.
Warum muss denn der Staat die Vorfinanzierung leisten?
Es ist nicht zwingend, dass der Staat sich um diese Infrastruktur kümmert. Aber es ist sehr, sehr selten, dass ein privatwirtschaftlicher Akteur so etwas aufzieht. Beim Technologiepark in Eindhoven, den ich erwähnte, war dies bei Philips der Fall. Das ist eine krasse Ausnahme. Bei Technologieparks in der Schweiz waren es immer die Kantone, die die Initiative ergriffen.
Bund und Kantone planen, in den nächsten Jahren fast 50 Millionen Franken den Standorten Allschwil und Delémont zur Verfügung zu stellen; teilweise in Form von Darlehen. Wird sich die Investition für den Steuerzahler lohnen?
Wie sehr sich die Investition lohnt, wird sich nicht daran messen lassen, wie viele Firmen in den Innovationspark gelockt werden und wie viel Steuern diese Unternehmen zahlen. Man muss den Kreis weiter ziehen. Im Umfeld wird mehr geschehen. Zum Beispiel, wenn sich eine Firma mit einer exklusiven Technologie einmietet. Dann ist es relevant für andere Firmen, in der Nähe zu sein.
Ein viel gehörtes Argument: Der Life-Sciences-Cluster brauche auch kleine Start-ups. Inwiefern ist deren Nutzen belegt?
Wenn man heute sieht, wie Wirkstoffe entwickelt werden, dann sehen Sie, dass ein wesentlicher Teil der Forschung häufig von Start-ups getragen wird. Es sind oft die kleinen Firmen, die eine tolle Idee entwickeln und für die grossen Player zur Verfügung stellen – oder gleich von ihnen übernommen werden. Die Big Pharma entwickelt nicht mehr viel von sich aus neu.
Dann braucht es den Innovationspark, um Roche und Novartis hierzubehalten?
Ich weiss nicht, ob man sie damit wirklich hält. Aber es hilft den Grossen, wenn wir hier ein Kreativzentrum haben, aus dem innovative Start-ups entstehen können.
Artikelgeschichte
Jürgen Allwohn im Raum, wo ein «Future Lab» entstehen soll. (Bild: Hans-Jörg Walter)