2,82 Erden nötig wären, wenn alle Menschen auf der Welt denselben Lebensstil pflegen würden wie Herr und Frau Schweizer.
«10 Jahre wirtschaftliche Stagnation und Bevölkerungsschwund: Japan sollte ein Vorbild sein für die ganze Welt», rief der kanadische Ökologe William Rees vor Kurzem aus, als er beim WWF Japan zu Besuch war anlässlich einer Preisverleihung. Rees ist der Doktorvater des Baslers Mathis Wackernagel. Die beiden entwickelten in den 1990er-Jahren die Idee des ökologischen Fussabdrucks. 2012 erhielten sie dafür zusammen den Blue Planet Prize der japanischen Asahi-Glass-Stiftung.
Gemäss ihrem «Global Footprint Network» (GFN) leben wir in der Schweiz, im Schnitt, auf deutlich zu grossem Fuss. In der jüngsten Länderanalyse kommt das GFN zum Schluss, dass 2,82 Erden nötig wären, um allen Menschen auf der Welt dieselbe Lebensweise zu erlauben, wie Herrn und Frau Schweizer. In der Sichtweise des GFN ein knapp ausgeglichenes Ökobudget hat China. 1,18 Erden wären nötig, lebten alle «à la chinoise». Indien bleibt deutlich darunter. Eine halbe Erde reichte, um uns zu versorgen und unsere Abfälle zu verdauen, wären wir alle Herr und Frau Gupta. Deutlich über ihre Verhältnisse leben die USA. 4,2 Erden reichten knapp, um den American Way of Life für alle zu ermöglichen. Gemittelt kommt GFN auf 1,5 Erden für uns alle.
Daraus errechnet GFN unter anderem den «Overshoot-Day», also den Tag im Jahr, ab dem wir eigentlich nichts mehr zu Gute haben von «Mutter Erde». 1992 war das noch der 21. Oktober. Inzwischen haben wir global durchschnittlich bereits am 22. August alle unsere ökologischen Reserven aufgebraucht.
Das GFN kommt auf seine Zahlen, indem es zwei von ihm definierte Grössen einander gegenüberstellt: die Biokapazität und den ökologischen Fussabdruck. Biokapazität meint, einfach gesagt, die Fähigkeit eines Ökosystems, wirtschaftlich verwertbares Material zu produzieren und unseren Abfall zu verdauen.
Der ökologische Fussabdruck anderseits gibt an, wie viel produktive Land- und Wasserflächen eine Aktivität benötigt, um alle dabei konsumierten Ressourcen zu produzieren und die danach anfallenden Abfälle zu verdauen. Ein Spaziergang ums Viereck hinterlässt einen kleinen Fussabdruck, die Billigreise in die Tropen einen grossen.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11.01.13