Das «Urmeter» des Wachstums

Das Bruttoinlandprodukt ist das Mass für die wirtschaftliche Leistung eines Landes. Sinkt das BIP länger als sechs Monate, spricht man von einer Rezession.

(Bild: Nils Fisch)

Das Bruttoinlandprodukt ist das Mass für die wirtschaftliche Leistung eines Landes. Sinkt das BIP länger als sechs Monate, spricht man von einer Rezession.

Das Bruttoinlandprodukt (BIP) ist die Zahl in Franken und Rappen, die den Gesamtwert der im Laufe eines Jahres in einem Land hergestellten Güter und erbrachten Dienstleistungen umfasst. Das Schweizer Bundesamt für Statistik (BFS) nennt das BIP das «Mass für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft». Die jüngste verfügbare Zahl für die Schweiz: 586,8 Milliarden Franken, Stand Ende 2011.

Jedes Zeitungabo, jedes SBB-Billett, ­jeder Theaterbesuch, jeder Strassenbau, jede geleerte Schnapsflasche, jeder Spitalbesuch, jeder Börsenauftrag: (fast) alles, was irgendwie im Inland Umsatz generiert, zählt zum BIP. Je mehr Menschen in der Schweiz leben, desto besser für das BIP. Denn mehr Menschen bringen mehr Umsatz, das BIP steigt.

Auf das BIP bezieht sich die vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) alle drei Monate veröffentlichte Prognose seiner Auguren. Mitte Dezember 2012 orakelten sie: «Die Expertengruppe des Bundes behält ihre bisherige Einschätzung bei, dass für 2013 mit einem mo­deraten BIP-Wachstum (+1,3 Prozent) zu rechnen ist, welches sich 2014 festigen dürfte (+2 Prozent).»

Geht das BIP hoch, reiben sich die Ökonomen die Hände und nennen das «günstig», «erfreulich» oder «Fortschritt». Sinkt das BIP in absoluten Zahlen länger als sechs Monate, heisst das «Rezession». Als Mass für den gesamtgellschaftlichen Wohlstand oder das Wohlbefinden einer Bevölkerung taugt das BIP allerdings wenig. Es ist eine nackte Zahl ohne inhärenten qualita­tiven Aussagewert.

Anders das BNG, das Bruttonationalglück, Ende der 1970er-Jahre in Bhutan als Messgrösse eingeführt vom ­damals knapp 25-jährigen Jigme Singye Wangchuck, dem vierten König von Bhutan.

Das BNG bezieht andere als nur in Franken und Rappen ausdrückbare ­Grössen mit ein: die Förderung einer sozial gerechten Gesellschafts- und Wirtschaftsentwicklung, die Bewahrung und Förderung kultureller Werte, den Schutz der Umwelt und gute Regierungs- und Verwaltungsstrukturen.

Auf einer britischen BNG-Rangliste von 2006  ist die Schweiz übrigens auf Platz 2 gelandet – zwar ­hinter Dänemark, aber vor Österreich, Island, den Bahamas, Finnland, Schweden – und Bhutan.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11.01.13

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