«Wir werden den Turm verhindern»

Über das Neubauprojekt des Klinikums 2 des Universitätsspitals Basel ist ein heftiger Streit entbrannt. Der Heimatschutz ist zum Kampf bereit, im Grossen Rat dürfte die Frage der städtebaulichen Verträglichkeit noch viel zu reden geben – und die Jury liefert die Gegenargumente gleich selber.

Wo Türme sich erheben – wie der 60 Meter hohe Bettenturm im Modell des Spitalneubaus –, da ist der Zorn des Heimatschutzes nicht weit. (Bild: Visualisierung: Architekturbüros giuliani.hoenger.ag)

Über das Neubauprojekt des Klinikums 2 des Universitätsspitals Basel ist ein heftiger Streit entbrannt. Der Heimatschutz ist zum Kampf bereit, im Grossen Rat dürfte die Frage der städtebaulichen Verträglichkeit noch viel zu reden geben – und die Jury liefert die Gegenargumente gleich selber.

Über Geschmack lässt sich trefflich streiten. Nicht so beim heutigen Bau des Klinikums 2 des Universitätsspitals Basel. Der klobige Spitalbau aus den 1970er-Jahren wird einhellig als Schandfleck empfunden. Aus städtebaulicher Sicht gilt der achtstöckige Komplex am Rande des historischen Stadtkerns als Bausünde. Und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb der mit hässlichen Metallplatten verkleideten Mauern beklagen sich über missliche Arbeitsbedingungen in den beengten und meist fensterlosen Stationsräumlichkeiten.

Entsprechend wird der Plan, das Klinikum 2 nicht zu sanieren, sondern durch einen Neubau zu ersetzen, als Chance wahrgenommen. Dies, obschon der Neubauprozess bei laufendem Spitalbetrieb schwierig zu bewältigen sein wird und deswegen ziemlich teuer zu stehen kommt. 700 Millionen Franken kostet allein der Neubau, zusammen mit den Sanierungsarbeiten in den restlichen Gebäuden summiert sich das Ganze auf rund eine Milliarde – viel Geld, welches das ausgelagerte Spital selber auftreiben muss.
Mit dem kürzlich abgeschlossenen Projektwettbewerb ist nun ein erster Schritt getan. Aber nicht mehr. Denn gegen das siegreiche und zur Weiterbearbeitung empfohlene Projekt des Zürcher Architekturbüros Giuliani-Hönger regt sich Widerstand.

Das Neubauprojekt mit dem Namen «Arcadia» geht mit seinem strengen, vier- bis fünfgeschossigen und in der Mitte leicht geknickten Riegel gegen den Petersgraben und mit einem beinahe 60 Meter hohen Bettenturm im Spitalgarten tatsächlich nicht ­sonderlich zurückhaltend mit der städtebaulichen Situation am Rand der ­Basler Altstadt um.

Der Juryvorsitzende und Basler Kantonsbaumeister Fritz Schumacher hebt im Jurybericht hervor, «dass es gelungen ist, aus der Vielzahl von Entwürfen ein Projekt auszuwählen, das den betrieblichen, städtebaulichen und architektonischen Zielen in hohem Masse entspricht».

Städtebauliche Aspekte sind zweitrangig

Architekt Jacques Herzog, dessen Büro mit einem durchgehend niedrigen Bau auf Platz zwei landete, kann diese Aussage nicht nachvollziehen: «Wenn man die Chance hat, den hässlichen Bettenturm von heute verschwinden zu lassen, sollte man doch nicht einen neuen bauen», sagte er in einem Interview mit der TagesWoche. Und auch der Obmann des Basler Heimatschutzes, Robert Schiess, wetzt bereits die Messer: «Wir werden alles daran setzen, um diesen Turm zu verhindern», sagte er in einem Interview mit der «Basler Zeitung».

Für Spitaldirektor Werner Kübler sind städtebauliche Aspekte offensichtlich zweitrangig. Gegenüber dem SRF-Regionaljournal Basel meinte er, dass es den Patienten egal sei, welche Architekten zum Zug kämen, «Hauptsache, es funktioniert». Solche Argumente scheinen letztlich den Ausschlag für den Juryentscheid gegeben zu haben – ein Entscheid, der einstimmig gefallen sei, wie aus Insiderkreisen zu vernehmen ist.

Hauptstreitpunkt wird der rund 60 Meter hohe Bettenturm sein.

Trotzdem treten auch im Jury­bericht Bedenken zum architektonischen Erscheinungsbild deutlich zutage. Unter anderem heisst es: «Der architektonische Ausdruck und die Materialisierung im Innen- und Aussenraum treffen noch nicht die Erwartungen an ein Universitätsspital.» Und: «Die Fassade gegen den Petersgraben vermag (…) noch nicht zu überzeugen. Ihre Höhe (fünf Geschosse) und Ausgestaltung, insbesondere die Auskragung des Klinikums 2 über dem Haupteingang, ist im Umfeld der historischen Bebauung ungünstig.» 

Mit solchen Sätzen liefert die Jury einen Teil der Argumente, die gegen das ausgewählte Neubauprojekt sprechen, gleich selber. Hauptsächlicher Streitpunkt ist sicher der rund 60 Meter hohe Bettenturm im Spitalgarten. Dieser wird im Grossen Rat, der einen neuen Bebauungsplan für das Spitalareal bewilligen muss, auf Widerstand stos­sen. Denn bereits der Bebauungsplan für das mehrere Hundert Meter weiter vom historischen Stadtkern entfernte Areal des neuen Biozentrums mit seinem 70 Meter hohen Turm wurde nur mit Murren bewilligt.

Im Bericht der Bau- und Raumplanungskommission heisst es: «Insgesamt kann das vorgesehene Hochhaus aus der Fernwirkung bestenfalls als erträglich bezeichnet werden, und auch dies nur, weil es erstens eine massvolle Höhe nicht überschreitet und zweitens genügend Abstand vom historischen Stadtkern hat.» Dieser Abstand ist beim Neubauprojekt für das Klinikum 2 nicht gegeben.

Hat die Jury beim Spitalneubau richtig entschieden? In der Wochendebatte diskutieren Samuel Schultze, Burckhardt & Partner, und Daniel Goepfert, Basler SP-Grossrat. Diskutieren Sie mit.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 14.06.13

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