Zuversicht oder Verzweiflung? Wie geht es der Weltwirtschaft zehn Jahre nach dem Beginn der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, und was bedeutet das für die Schweiz? Und wie geht es jetzt weiter?
Das waren, grob umrissen, die Fragen, die am Donnerstag im Zentrum der Herbstprognose-Tagung des Schweizer Wirtschaftsforschungsinstituts BAK Economics in Basel standen. Titel der Veranstaltung: «Finanzkrise: 10 Jahre danach».
Auf- oder abwärts?
Wer definitive Antworten erwartete, wurde enttäuscht – aber für spannende Standpunkte waren die zahlreichen Teilnehmer am richtigen Ort. Zwei unterschiedliche Wahrnehmungen trafen aufeinander, insbesondere, was die Entwicklungen auf globaler Ebene angeht. So zeichnete Alexis Bill-Körber, Leiter Macro Research von BAK Economics, ein mehrheitlich positives Bild in seinen «Prognosen für die Welt».
«Vielleicht ist Basel derzeit gar nicht so unglücklich, keinen so starken Finanzsektor zu haben». Beat Stamm, BAK Economics
Verschiedene Indikatoren deuteten darauf hin, dass es aufwärts gehe, legte Bill-Körber dar. Die globalen Rahmenbedingungen, die politischen Risiken, der Welthandel, die Investitionsgüternachfrage: Die Zeichen stünden auf «synchronen und kräftigen Aufschwung». Nicht ohne Risiken – aber selbst die seien «insgesamt ausgeglichener» als noch vor kurzer Zeit.
Demgegenüber trat Professor Tobias Straumann von der Universität Zürich beinahe als «Dr. Doom» auf: Seine Analyse – anhaltende schwere Probleme in Südeuropa und Irland («die sind in einer Spirale drin, aus der sie nicht mehr rauskommen»), daraus abgeleitet weitreichende negative Folgen für den ganzen Euro-Raum, eine schwächelnde USA mit wieder zunehmender Privatverschuldung – fasste er wie folgt zusammen: «Finanzrepression für die nächsten 30 Jahre».
Rosige Aussichten für Basel-Stadt
Wie auch immer das herauskommen mag: Laut der von BAK-Geschäftsleiter Michael Grass vorgetragenen aktuellen Prognosen für die Schweizer Branchen und Regionen sieht die nahe wirtschaftliche Zukunft rosig aus. Ganz speziell rosig für den Kanton Basel-Stadt.
Das liegt am «Struktureffekt», der bei Basel-Stadt besonders positiv ausgeprägt sei. Zwar gingen zwischen 2007 und 2017 schweizweit 25’000 Arbeitsplätze in der Industrie verloren. Nicht aber in Basel-Stadt, wo die Bilanz gar positiv ausfällt.
Einer der Gründe: Während in den Sektoren Elektrotechnik, Holzindustrie, Gummi/Kunststoffe, sonstiges Verarbeitendes Gewerbe, Metallindustrie, Chemie, Papier und Druck sowie dem Maschinenbau schweizweit 58’000 Stellen verloren gingen, kamen bei Pharma, Nahrungsmittel, Uhren, Medtech und Fahrzeugbau insgesamt 33’000 dazu.
Basel nur dank Pharma Schweizer Spitze?
Deutlich sichtbar ist: Basel-Stadt weist das höchste reale BIP-Wachstum aller Kantone vor – weil der Kanton weit mehr als andere von günstigen Struktureffekten profitiert.
Laut «Prognose für die Schweizer Kantone» von BAK Economics darf sich Basel-Stadt auch im nächsten Jahr auf das höchste kantonale BIP-Wachstum freuen.
Ist es wirklich nur die Pharma-Industrie, die Basel an diese Position bringt oder sind es auch andere Faktoren? «Die beiden Pharma-Riesen sind ganz klar wesentlich beteiligt am starken positiven Struktureffekt», sagt Beat Stamm, Bereichsleiter Schweizer Regionen bei BAK Economics.
Aber Basel sie nicht nur deshalb hier an der Pole Position: Mitverantwortlich sei auch die Tatsache, dass Basel ein urbaner Raum sei – mit einem hervorragenden Dienstleistungssektor. «Die Stadt vereint das Beste aus der Industrie mit dem Besten aus dem Dienstleistungssektor», so Stamm.
Zürich sei zwar ein sehr dynamischer Raum – in keinem anderen Kanton sind zwischen 2007 und 2017 mehr neue Arbeitsplätze geschaffen worden – doch sei es «recht lange bis zur Bereinigung» gegangen beim wirtschaftlich wichtigen Zugpferd Finanzsektor. «Vielleicht ist Basel derzeit gar nicht so unglücklich, keinen so starken Finanzsektor zu haben», fügt Beat Stamm mit Blick auf die rosigen Basler Wirtschaftsprognosen an.