Am Fischmarkt steht eine der bekanntesten und begehrtesten Wohnungen der Stadt. Die geschwungene Glasfront weckte bereits so manche Begehrlichkeiten. Der bevorstehende Mieterwechsel gibt Gelegenheit für einen Perspektivenwechsel.
Die Wohnung ist ein Blickfang, und das seit über hundert Jahren. Kaum ein Passant, der am Fischmarkt stehend nicht bereits einmal den Kopf in den Nacken gelegt und sich gefragt hat: Wer hier wohl wohnt? Und vor allem: Wie es von innen aussieht?
Beides ist derzeit leicht zu erfahren. Adrian Krähenbühl, der bisherige Mieter, geht raus und sucht einen Nachfolger. Er gehe schweren Herzens aus dieser Wohnung, schreibt er in seinem Inserat (Das Inserat wurde in der Zwischenzeit gelöscht. Es ist auf anderen Immobilienportalen weiterhin verfügbar). Es ziehe ihn ins Ausland. Zurück lässt er eine etwas enge 4,5 Zimmer-Wohnung mit einzigartiger Aussicht auf zwei Etagen; die Miete beträgt 2300 Franken pro Monat. Am Dienstag stand die Wohnung an der Stadthausgasse noch einmal zur Besichtigung offen.
Krähenbühl ist weder Künstler noch Adliger. Der Fürst vom Fischmarkt ist ein höflicher, etwas unscheinbar wirkender Mann in seinen besten Jahren. «Wer hier wohnt, der ist ausgestellt. Das muss man mögen, sonst ist es nicht die richtige Wohnung.»
Die Interessenten stehen Schlange
Während der Fasnacht sei es ein einzigartiger Aussichtspunkt, ebenso während des 1. August-Feuerwerks, sagt Krähenbühl. Der Abschied falle ihm nicht leicht.
Doch die Wohnung hat auch Nachteile. Auch bei geschlossenen Fenstern dringt der Lärm ratternder Trams und hupender Autos in das lichtdurchflutete Wohnzimmer. Die alten Scheiben sind wenig schalldicht. Und im Sommer könne es in der Wohnung direkt unter dem Flachdach ganz schön heiss werden.
Das hohe Alter ist der Wohnung auch von innen anzumerken. Der Fensterkitt bröckelt, der Lift im Treppenhaus steht bereits seit einigen Jahren still.
Wer hier einziehen will, der macht das wegen des Ausblicks. Vom Sofa aus geht die Sicht durch das Fensterglas bis zur Schifflände und zwischen zwei Häuserzeilen hindurch bis auf den Rhein.
Zwanzig Interessenten
So exponiert zu wohnen, habe ihn nicht gestört, sagt Krähenbühl. Der Rummel um seine Wohnung ist ihm in den letzten Tagen aber doch zu gross geworden. Ein TV-Sender habe um ein Interview angefragt, auf den sozialen Netzwerken wurde das Inserat dutzendfach verbreitet.
Alleine während der ersten Stunde der Besichtigung kamen über zwanzig Interessenten vorbei. Am liebsten wäre ihm, der zweite Besichtigungstermin bliebe hier verschwiegen. Wer die Wohnung nach Krähenbühl bewohnen kann, entscheidet der private Besitzer.
Eine steile und schmale Treppe führt von der Wohnung hoch zur Dachterrasse. Auf wackligem Boden und morschen Beinen steht dort ein Grill. Ringsum öffnet sich ein für Basel einzigartiges Panorama. Die mittelalterlichen Dachfirste ragen ringsum in den Himmel hinauf.
Im Rücken sieht man den Verkäufern auf dem Marktplatz auf die Standdächer, rechts schlagen die Münsterglocken zur halben Stunde, und zu den Füssen rattern die Trams über die Schifflände. Wer hier wohnt, wohnt mittendrin. Das ist bestimmt nicht jedermanns Sache, ein Besuch lohnt sich jedoch allemal.