Wohnraumentwicklung: «Wir haben keinen Plan B»

Die Basler Verwaltung reagiert auf das doppelte Nein zu den Stadtrandentwicklungsprojekten Ost und West. Mit Zähneknirschen und Katerstimmung auf der einen und vorsichtigem Vorwärtsdenken auf der anderen Seite.

Eine reduzierte Neuauflage des Stadtrandentwicklungsprojekts Ost ist für das Bau- und Verkehrsdepartement keine Option. (Bild: Bau- und Verkehrsdepartement)

Die Basler Verwaltung reagiert auf das doppelte Nein zu den Stadtrandentwicklungsprojekten Ost und West. Mit Zähneknirschen und Katerstimmung auf der einen und vorsichtigem Vorwärtsdenken auf der anderen Seite.

Auf dem Papier sieht eigentlich alles gut aus. Im neuen Wohnraumfördergesetz ist festgehalten, dass der soziale, namentlich genossenschaftliche Wohnungsbau gefördert werden soll. Dass für «besonders benachteiligte Personen» günstiger Wohnraum bereitgestellt werden soll. Und dass zur Erleichterung des Neubaus von Wohnhäusern bürokratische Hürden abgebaut werden sollen.

«Damit verfügt der Kanton über eine gute gesetzliche Grundlage, um den Wohnungsbau und die Bereitstellung von bezahlbaren Wohnungen voranzutreiben», sagt der Leiter der Kantons- und Stadtentwicklung, Thomas Kessler. An den Abstimmungsurnen wurde der Gegenvorschlag zur Mieterschutzinitiative vor Jahresfrist mit stattlichem Mehr angenommen.

Mittel- bis langfristig keine Lösung in Sicht

Wohnbauförderung funktioniert aber nur, wenn auch Platz vorhanden ist, um neue Wohnungen zu erstellen. Mit dem doppelten Nein zu den Stadtrandentwicklungsprojekten Ost und Süd wurde nun eine Möglichkeit, die Wohnbauförderung zu konkretisieren, verbaut. Wohnungen für weit über 2000 Menschen können nun nicht gebaut werden.

Basel braucht neuen Wohnraum, das ist unbestritten. Die Leerstandsquote von 0,2 Prozent ist ein deutliches Zeichen hierfür. Kurzfristig dürfte sich diese Situation zwar wieder etwas entschärfen: «Im vergangenen Jahr sind relativ wenig neue Wohnungen auf den Markt gekommen», sagt der Leiter der Kantons- und Stadtentwicklung, «das wird sich aber in naher Zukunft mit den aktuellen Bauprojekten zum Beispiel auf dem Erlenmatt-Areal ändern.» 

Mittel- und langfristig sieht Kessler aber Probleme auf die Stadt zukommen. «Wenn der Bevölkerungszuwachs von jährlich 1 bis 1,5 Prozent anhält, und davon gehen wir aus, werden diese Projekte bei Weitem nicht ausreichen», mahnt er. Für Kessler ist jetzt nicht «Alarmismus» angesagt, aber die Situation zwinge die Behörden zu konkretem Handeln.

Ratlosigkeit im Bau- und Verkehrsdepartement

Nur weiss man gegenwärtig nicht wie und wo. Im Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) herrscht nach der verlorenen Abstimmung Katerstimmung und etwas Ratlosigkeit: «Das Problem des Unterangebots an Wohnraum bleibt, aber wir haben keinen Plan B, wie wir diesen Verlust an Wohnraum wettmachen können», sagt Departementssprecher Marc Keller. «Offensichtlich ist die Dringlichkeit des Problems bei der Stimmbevölkerung nicht richtig wahrgenommen worden.»

Auch der Leiter der Kantons- und Stadtentwicklung, Thomas Kessler, kann keine Ersatzstandorte aus dem Ärmel schütteln. Aber er behält sich vor, «in aller Freiheit über Alternativen nachzudenken». «Allenfalls könnte es sich – natürlich unter Einbezug der Hauptargumente der Gegnerschaft – lohnen, darüber nachzudenken, ob auf dem Stadtrandentwicklungs-Areal eine reduzierte Überbauung möglich wäre», sagt er. Mit weniger hohen Häusern und einer Überbauung, die sich auf den heute bereits überbauten Teil westlich der Allmendstrasse konzentriert.

Für das federführende BVD ist eine reduzierte Neuauflage des Stadtraumentwicklungsprojekts Ost aber keine Option: «Ein Nein ist ein Nein, das haben wir zu akzeptieren», betont Keller. Eine Neuauflage könnte allenfalls dann zur Option werden, wenn sie aus dem Grossen Rat oder vielleicht gar von der Bau- und Raumplanungskommission eingebracht würde. Das aber ist zum jetzigen Zeitpunkt noch reine Hypothese.

Auch Regierungsrat Hans-Peter Wessels betont, dass das Kapitel Stadtrandentwicklung Ost sicher für die nächsten zehn Jahre geschlossen ist. «Uns bleibt nichts anderes übrig, als dieses Kapital abzuschliessen und uns den weiteren Arealen zu widmen, die sich für die Wohnraumentwicklung eignen», sagt er.

Verdichtung und Umnutzung nur ein kleiner Beitrag

Ganz mit leeren Händen steht die Verwaltung nicht da. Wessels nennt unter anderem Areal des Felix-Platter-Spitals oder das Areal an der Maiengasse 7 bis 11, wo sich heute Werkstätten des Hochbauamtes befinden. Dazu kommt die Optionen der inneren Verdichtung in den Quartieren und der Umnutzung von leerstehenden Bürohäusern. Kessler schränkt aber sogleich ein: «Wir haben das Potenzial von Umnutzungen seriös abgeklärt, wir sprechen hier von der Möglichkeit, Wohnraum für 400 bis maximal 600 Menschen schaffen zu können», sagt er. «Mehr als ein Beitrag im beschänkten Rahmen ist das nicht.»

Und auch die geplante Umwandlung eines Teils des Hafenareals bietet kurz- bis mittelfristig keine Lösung. «Wir sind noch weit von der konkreten Hafenentwicklung entfernt», sagt Marc Keller. Bevor auf diesem Areal Wohnungen gebaut werden können, muss nämlich zuerst die Hafeninfrastruktur gehörig umgekrempelt werden – Stichworte Hafenbecken 3, Neubau eines Containerterminals und Verlegung der Bahnanlagen. «Die Logistik hat ganz klar Vorrang», betont Kessler.

Mit dem Entwicklungsgebiet Lysbüchel-Areal im nördlichen St. Johann hat der Kanton noch ein weiteres Projekt in der Hinterhand. «Wir können heute aber noch nicht sagen, wie viele neue Wohnungen dort erstellt werden können», sagt Marc Keller. Ausserdem hat das dort ansässige Gewerbe angekündigt, dass es von einer allfälligen Mischnutzung auf diesem Areal wenig hält.

 

 

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