Die pixeligen Freizeitaktivitäten eines Computergrafikdesigners im Jahre 1988.
Die Firma Genigraphics erhielt 1973 von der Nasa den Auftrag, Soft- und Hardware für einen Flugsimulator zu entwickeln, mit dem sich Flüge mit den kommenden Spaceshuttles simulieren liessen. Daraus entstand als Nebenprodukt eine der ersten Plattformen zur digitalen Bildverarbeitung.
Die neue Technik kam rasch auch in der Privatwirtschaft zum Einsatz, und zwar zunächst zur Herstellung von Computergrafiken für Firmenpräsentationen. Umsatzsteigerungen und Gewinne sollten in topmodernen Kuchendiagrammen und Infografiken visualisiert werden. Damit brach eine neue Ära an: Zuvor hatte man die Präsentations-Dias und -Folien in langwieriger Handarbeit gestaltet und reingezeichnet.
1988 arbeitete mein Kollege Reto Jeltsch als «Computergrafikdesigner» in einer Agentur in Binningen. Diese investierte die stattliche Summe von einer halben Million Franken in eine Computeranlage, bestehend aus einer professionellen Fernsehkamera zum Abtasten von Bildvorlagen (Scans), einem mit einem 60-Megabyte-Speicher ausgerüsteten Grossrechner der Firma IBM, einem farbigen (!) Röhrenmonitor, einem Lichtgriffel (der Vorgänger der Maus) und einem Diabelichter (Auflösung: 4000 Zeilen), um die Resultate auf Diafilm zu belichten. Kunden waren Grossbanken, Versicherungen und Werbeagenturen, die für Firmenpräsentationen Computergrafiken benötigten.
Reto bearbeitete Bilder und Grafiken mithilfe einer prähistorischen Form von Photoshop und Illustrator. Er experimentierte in seiner Freizeit an der teuren Maschine, veränderte eigene Kreationen Pixel für Pixel. Ein Jugendportrait seiner Mutter (Abbildung) rasterte er auf und montierte grafische Elemente ins Bild.
Diese Resultate haben uns damals sehr fasziniert, sie rochen nach Zukunft und deuteten darauf hin, dass sich vieles verändern würde. Das passierte dann auch. Die Veränderungen waren allerdings nicht unbedingt im Interesse des Geschäftsinhabers und Besitzers der teuren Apparatur: Denn nun kamen die – wesentlich billigeren – Desktopcomputer auf den Markt und eroberten die Werbeagenturen und die Grafikateliers im Nu. 1990 erschien Adobes Photoshop 1.0 und veränderte die grafische Welt rasant.
Die buchhalterisch nicht ganz abgeschriebenen Grossrechner wurden entsorgt und mit kleinen günstigen Macintosh-Rechnern ersetzt. Schnell lernten Grafiker mit den neuen Möglichkeiten umzugehen und entsprechend radikal veränderte sich auch die visuelle Sprache in der Kommunikation.
1987 liess Microsoft Genigraphics die Vorlagen für ihr neues Program Powerpoint herstellen. Einige davon sind noch heute in der aktuellen Powerpoint-Version anzutreffen.