Ein Grossmaul und politischer Fürsprecher kämpfte sich zur Legende: Vor vierzig Jahren schlug Muhammad Ali in Kinshasa George Foreman k.o. Und wurde zum Grössten.
Vor vierzig Jahren donnerte es im Dschungel von Kongo (damals Zaire) und dies nicht nur wegen der kurz bevorstehenden Regenzeit. Zwei Schwergewichte des Boxsports trafen in der Hauptstadt Kinshasa ein. Der eine, George Foreman, war 25 Jahre jung und seinerzeit das Nonplusultra im Ring: Olympiasieger 1968, amtierender Schwergewichtsweltmeister, in 40 Kämpfen ungeschlagen, in 37 schlug er innert weniger Runden seine Widersacher k.o.
Der andere war bereits eine Legende: Muhammad Ali. The Greatest, dessen beste Jahre bereits vorbei zu sein schienen. 1964, zehn Jahre zuvor, holte er noch unter seinem Taufnamen Cassius Clay gegen Sonny Liston seinen ersten Weltmeistertitel und verteidigte ihn, bis er ihm 1967 aberkannt wurde: Ali, mittlerweile zum Islam konvertiert und bekennender Anhänger der Bewegung Nation of Islam, verweigerte den Wehrdienst im Vietnamkrieg («Ich habe keine Probleme mit den Vietcong, sie haben mich nie Nigger genannt», so seine Begründung). Er wurde deswegen verurteilt, kam auf Kaution frei, konnte jedoch während drei Jahren zu keinem Kampf antreten. Eine Zeit, in der er sich vermehrt gesellschaftspolitisch für die Rechte der amerikanischen Schwarzen starkmachte.
Man muss diese Politisierung Clays/Alis berücksichtigen, will man die mythische Kolorierung des «Rumble in the Jungle» erfassen. Ali, der 1970 wieder zurück in den Ring durfte, hatte sich gegen das System aufgelehnt, eine Religion der (mehrheitlich) Armen angenommen und musste sich gegen alle möglichen Kontrahenten hochboxen, um gegen den neuen Titelhalter Foreman antreten zu können. Inspiriert von den Elementen der «Black Supremacy», betrachtete Ali den Gang ins schwarzafrikanische Kinshasa als eine Rückkehr – nicht nur zum Titel, sondern zu seinen schwarzen Brüdern, die trotz Armut und in Unterschied zu den Afroamerikanern ihre Würde behalten hätten.
Kommt hinzu, dass der Kampf nicht nur als Sportevent inszeniert wurde, sondern die Crème de la crème des Souls, Funks und Blues Ali und Foreman begleiteten: James Brown, B.B. King und The Spinners traten im Rahmen des Kampfes in Kinshasa auf, dazu die südafrikanische Sängerin und Anti-Apartheid-Aktivistin Miriam Makeba. Dass der Kampf überhaupt in Zaire angesetzt wurde, war indes eher Zufall, denn propagandistisches Kalkül. Der legendäre wie berüchtigte Boxpromoter Don King versprach den beiden Kontrahenten Ali und Foreman eine Gage von je fünf Millionen Dollar, damit sie in den Kampf einwilligen würden. Jedoch fand er weder in den USA noch in England einen Veranstalter, der dazu bereit war.
Rückkehr wider Erwartung
Einer jedoch zahlte: Mobutu Sese Seko, Diktator von Zaire und einer der brutalsten Herrscher im postkolonialen Afrika. Für Mobutu schien der Kampf eine Gelegenheit, seiner Herrschaft internationalen Glanz zu verschaffen, für Don King war der «Rumble in the Jungle» der Durchbruch seiner Promoterkarriere, und für Muhammad Ali bedeutete sein Sieg, auf den die wenigsten gehofft hatten, die Wiedereroberung des Weltmeistertitels. «They Never Come Back», lautete damals ein ungeschriebenes Gesetz des Boxsports. Bis Ali kam.
So viel Legendenstoff gehört ins Kino, und 1996 setzte Leon Gast mit dem Film «When We Were Kings» dem Kampf ein Denkmal. Gast erzählte die Geschichte nicht nach, sondern zimmerte aus Originalaufnahmen sowie Interviews mit Beteiligten eine Chronik zusammen, die einzig auf Alis Wiederauferstehung ausgerichtet war: seinen Aktivismus, seine Technik, seine politischen Überzeugungen – und seine grosse Klappe. An einer Pressekonferenz zur Ankündigung des Kampfs gab Ali Details aus seinen Trainingsprozeduren preis, die eher an die Gefechte griechischer Sagenhelden erinnerten: «Ich habe mit einem Alligator gerungen, mit einem Wal gerauft, dem Blitz Handschellen angelegt und den Donner eingekerkert.» Aus der Verfemung schlug sich «The Greatest» wider Erwartung wieder nach oben – eine Geschichte, für die Hollywood 1997 den Oscar für den besten Dokumentarfilm sprach.
Der britische Sänger Johnny Wakelin war schon Mitte Dreissig, als ihm endlich der Durchbruch gelang: Nach Alis legendärem Comeback huldigte er ihm in Form eines eher leichtgewichtigen Schlagers: «Black Superman» wurde in den USA und Australien ein Top-10-Hit. Wakelin hatte Blut geleckt, sprich gemerkt, dass er der Popularität von Ali durchaus weiter Tribut zollen sollte. Denn die Leute lechzten nach Soundtracks zum legendären Kampf gegen Foreman. So presste Wakelin 1976 den legendären «Rumble in the Jungle» erneut auf Single: «In Zaire» hiess der Song – und im Unterschied zum seichteren «Black Superman» blieb er mit seinen Tribal-Rhythmen und den packenden Chören bis heute ein unverwüstlicher Evergreen.