Andreas Beck: «Zahlen können eben interpretiert werden»

Nach der Kunst kommen die Zahlen: Das Theater Basel konnte in der ersten, verkürzten Spielzeit unter dem neuen Intendanten weniger Zuschauer anlocken, seine durchschnittliche Auslastung aber von 63 auf 65 Prozent steigern.

Die Drei vom Theater: Intendant Andreas Beck, Verwaltungsratspräsident Samuel Holzach und die kaufmännische Direktorin Danièle Gross.

(Bild: Dominique Spirgi)

Nach der Kunst kommen die Zahlen: Das Theater Basel konnte in der ersten, verkürzten Spielzeit unter dem neuen Intendanten weniger Zuschauer anlocken, seine durchschnittliche Auslastung aber von 63 auf 65 Prozent steigern.

Das mit den Zahlen ist so eine Sache. Sie können eben interpretiert werden, sagte der Intendant Andreas Beck im buchhalterischen Rückblick auf seine erste Spielzeit. Da spricht der Mann für die Kunst, der im Jahresbericht von einer «glückvoll erlebten ersten Spielzeit» spricht – eine Aussage, der wir durchaus zustimmen können.

Anders die Verwaltungsdirektorin Danièle Gross, die dafür sorgen muss, dass neben der Kunst auch die Zahlen stimmen. Sie erklärt, dass ein Vergleich von Becks erster mit George Delnons letzter Spielzeit nur schwer zu ziehen ist. Beck konnte seine Spielzeit wegen Sanierungsarbeiten erst rund sechs Wochen später beginnen – mit einer Opernproduktion weniger. Das wirkt sich auf die absoluten Zuschauerzahlen aus. Und im umgebauten Zuschauerraum der Grossen Bühne gibt es weniger Sitze als zuvor (863 statt 998), was sich auf die Auslastung auswirkt.

Soweit die Erklärung. Nun aber zu den Zahlen:

  • Die Gesamtzahl der Zuschauerinnen und Zuschauer ist von 169’077 (2014/15) auf 166’347 gesunken. Das sind 2730 Zuschauer weniger. Die Anzahl der Vorstellungen sank wegen des verspäteten Spielzeitbeginns von 573 auf 529.
  • Die durchschnittliche Auslastung stieg von 63,1 auf 65,1 Prozent. Gut ausgelastet waren vor allem die Sparten Ballett mit 81,8 Prozent (bei 63,2 Prozent im Vorjahr) und Oper mit 68,4 Prozent (53,2 Prozent im Vorjahr), während im Schauspiel die durchschnittliche Auslastung von 65,6 auf 48,2 Prozent sank.
  • Am besten vergleichbar mit dem Vorjahr sind die absoluten Zahlen der Besucher pro Vorstellung: Sie stieg um 19 von 295 auf 314.

Aufbruch und Einbruch beim Schauspiel

Auffällig ist vor allem der zahlenmässige Einbruch beim Schauspiel. Diese Sparte erlebte unter Beck künstlerisch und in der internationalen Beachtung einen fulminanten Aufbruch. Und sie konnte in absoluten Zahlen auch beachtliche 5029 Zuschauer mehr anziehen (bei einem Plus von 34 Vorstellungen).

Wie kommt es nun angesichts dieser positiven Entwicklung zur gesunkenen Auslastung? Die Erklärung liegt unter anderem in der Tatsache, dass Beck anders als sein Vorgänger Delnon mit dem Schauspiel wieder die Grosse Bühne bespielte, die wesentlich mehr Zuschauerplätze hat als das Schauspielhaus und die Kleine Bühne.

Ein Beispiel: Die Produktion «Kinder der Sonne» von Maxim Gorki auf der Grossen Bühne beeinflusste mit einer durchschnittlichen Auslastung von 37,6 Prozent bei 12 Vorstellungen die Statistik negativ. Mit durchschnittlich 265 Zuschauern hätte sie im Schauspielhaus eine Auslastung von gegen 60 Prozent verzeichnen können.

Die Hitparade der erfolgreichsten Produktionen

Auf der anderen Seite vermochte die zweite Schauspielproduktion auf der Grossen Bühne die absolute Zahl der Zuschauer sehr positiv zu beeinflussen: Simon Stones gefeierte Inszenierung von Ibsens «John Gabriel Borkman» erreichte einen Schnitt von 679 Zuschauern pro Vorstellung und eine durchschnittliche Auslastung von 96,3 Prozent. Bitter für das Theater Basel, dass aus terminlichen Gründen nicht mehr als neun Vorstellungen angesetzt werden konnten.



Gefeiert von der internationalen Presse und überrannt von den Basler Zuschauern: Simon Stones Inszenierung von Ibsens «John Gabriel Borkman».

Gefeiert von der internationalen Presse und überrannt von den Basler Zuschauern: Simon Stones Inszenierung von Ibsens «John Gabriel Borkman». (Bild: Reinhard Maximilian Werner)

Nun aber zu den Top Drei der auslastungs- und zuschauermässig erfolgreichsten Eigenproduktionen:

  1. «John Gabriel Borkmann» von Henrik Ibsen (Schauspiel) mit 96,3 Prozent und 6113 Zuschauern
  2. «Tewje» von Richard Wherlock (Ballett Basel) mit 93 Prozent und 15’283 Zuschauern (das Ballett konnte diesen Wert bei den zwei Jubiläums-Galavorstellungen mit 99 Prozent Auslastung noch toppen)
  3. «Zauberflöte» von Wolfgang Amadeus Mozart (Oper) mit 82,7 Prozent und 15’743 Zuschauern

Zu den auslastungsmässigen Top-Produktionen gehörten unter anderem auch die Rock-Oper «Jesus Christ Superstar» von Andrew Lloyd Webber (78,9 Prozent), «Donnerstag aus ‹Licht›» von Karlheinz Stockhausen (78 Prozent), die Kinderoper «Gold» (mit 98,7 Prozent) und die Hunkeler-Reihe des Schauspiels (100 Prozent).

Der verflixte spätsommerliche Herbst

Zahlen zur angelaufenen zweiten Spielzeit konnte Beck noch keine nennen. Künstlerisch sei er sehr zufrieden, zuschauermässig lief sie wegen des aussergewöhnlich warmen Herbstes, so die Begründung, aber nur gemächlich an. Die gefallenen Temperaturen sorgen laut Beck nun aber für mehr Gefallen an der Theaterkasse.

Solide Finanzen

Kaum Spuren hinterlassen hat die kürzere Spielzeit in der Rechnung des Theaters Basel. Die Besuchereinnahmen sanken um 150’626 Franken auf 8,41 Millionen Franken. Vom Gesamtertrag von 55,9 Millionen Franken entfallen knapp 45 Millionen Franken (80 Prozent) auf Staatsbeiträge der beiden Basel.

Obwohl dem Theater aus Basel-Stadt mit 40,2 Millionen Franken 756’000 Franken weniger zuflossen als in der Spielzeit 2014/15, resultierte unter dem Strich ein Gewinn von 47’504 Franken. Im Vorjahr musste ein Defizit von 15’923 Franken verbucht werden.

Alle Zahlen der vergangenen Spielzeit des Theater Basel gibt es im Jahresbericht, den man hier herunterladen kann.

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