Antanzen, bitte!

Die Schweizer Tanztage finden 2013 erstmals in Basel statt. Sie zeigen auf, dass die Tanzszene nicht nur sich selbst rege hinterfragt, sondern auch immer stärker die Verbindung zu anderen Künsten eingeht.

Cindy van Acker zeigt im Roxy ihr Stück «Diffraction». (Bild: ©Louise Roy)

Die Zeitgenössischen Schweizer Tanztage finden 2013 erstmals in Basel statt. Sie zeigen auf, dass die Tanzszene nicht nur sich selbst rege hinterfragt, sondern auch immer stärker die Verbindung zu anderen Kunstformen eingeht.

Um jeglichen Missverständnissen vorzubeugen: Bei den Zeitgenössischen Schweizer Tanztagen, die ab 6. Februar in Basel stattfinden, handelt es sich nicht um jene TanzTage, die die Kaserne Basel jeweils mit dem Theater Roxy in Birsfelden durchführt. Nein, die Schweizer Tanztage finden alle zwei Jahre an einem anderen Ort in der Schweiz statt.

Für die neunte Ausgabe nun hat das «Schaufenster für den zeitgenössischen Schweizer Tanz» erstmals seinen Weg ans Rheinknie gefunden. In verschiedenen Häusern, darunter die Kaserne, das Roxy und das Theater Basel, werden innert fünf Tagen 15 Produktionen gezeigt – und das nicht nur vor tanzinteressierten Besucherreihen, sondern vor allem auch vor einem Fachpublikum, das sich hier einen Überblick über das Schweizer Tanzschaffen bilden soll.

Das genaue Programm der Zeitgenössischen Schweizer Tanztage entnehmen Sie der Website www.swissdancedays.ch.

Eröffnung ist am Mittwoch, 6. Februar, im Theater Roxy Birsfelden (Cie Projet 11 / Mamaza, 19 Uhr), im Theater Basel (Ballett Basel, 19.30 Uhr) und in der Kaserne Basel (Ballet du Grand Théâtre de Genève / Emanuel Gat, 21 Uhr).

Weitere Eindrücke der einzelnen Produktionen erhalten Sie auf der Youtube-Page der Tanztage.

Über 100 Produktionen habe man in der fünfköpfigen Jury angeschaut und diskutiert, sagt Tobias Brenk, Dramaturg der Kaserne Basel und Jurymitglied, und daraus jene 15 glücklichen Kompagnien und Künstler ausgewählt, die ihr Schaffen nun auf einer der drei Bühnen präsentieren können. Dass sich ein offensichtliches Schwergewicht auf Genfer Produktionen ergeben habe, sei einerseits Zufall, andererseits dem Umstand zuzurechnen, dass in Genf oder auch Lausanne sowohl die Förderbedingungen für Tanz schon seit geraumer Zeit besser seien als in der Deutschschweiz als auch der Nachwuchs gezielter gefördert werde.

Die Schweizer Tanztage sind selbst ein Förderprogramm. Ursprünglich als Selektionsplattform für einen internationalen Wettbewerb ins Leben gerufen, blieben die Tanztage bestehen, nachdem der Wettbewerb 2002 aufgelöst wurde.

Heute bieten sie die Möglichkeit, das Schweizer Tanzschaffen einem internationalen Publikum vorzustellen und freien Choreografen die nötigen Engagements zu vermitteln. Murielle Perritaz, Geschäftsleiterin des Reso-Tanznetzwerkes, das zusammen mit der Kaserne als Organisator der Tanztage waltet, gibt aber zu, dass dies nicht für alle Stücke funktioniert, die an den Tanztagen gezeigt werden: «Wir führen zwar keine Statistik, aber es gibt klar Produktionen, die besser ankommen als andere.» Trotzdem sei erwiesen, dass die Tanztage nachhaltige Konsequenzen hätten, was die Aufmerksamkeit auf die Tanzszene allgemein und einzelne Künstler betreffe.

Keine Sprachbarrieren

Die Schweizer Tanzszene präsentiert sich aktuell immer noch sehr disparat. Die Bedingungen jedoch hätten sich in den letzten Jahren vielerorts verbessert, sagt etwa Simone Aughterlony. Die Choreografin darf als Jurymitglied der Tanztage auch gleich mit einem eigenen Stück mitwirken. Als Neuseeländerin mit britischen Wurzeln repräsentiere sie für viele vielleicht nicht das typisch schweizerische Tanzschaffen, erklärt sie in Englisch – oder vielleicht eben doch, denn der Tanz kenne keine Sprachbarrieren. Er könne so internationaler funktionieren als andere künstlerische Bereiche.

Aughterlony, die seit elf Jahren in Zürich tätig ist, macht vor allem auf die grosse Mobilität aufmerksam, die die Tanzszene auszeichne. Nicht nur einzelne Produktionen gehen international auf Tour, sondern auch als Tänzer oder Choreograf müsse man bereit sein, sein Zelt immer wieder an verschiedenen Orten aufzuschlagen.

Die Vernetzung, die sich dadurch ergibt, ist auch an den Schweizer Tanztagen spürbar. So ist etwa das Ballet de Lorraine aus dem französischen Nancy zu Gast, das die Schweizer Performancekünstlerin und Choreografin La Ribot und deren französische Kollegin Mathilde Monnier mit zwei Neuproduktionen beauftragt hat. Der Schweizer Thomas Hauert wiederum arbeitet seit Jahren in Brüssel und bringt mit Angels Margarit eine Tänzerin aus Barcelona nach Basel.

Grundsätzliche Tendenzen lassen sich bei den diesjährigen Tanztagen auch ausmachen: Da ist zum Beispiel das Hinterfragen von tänzerischen Prozessen, wie es in der bereits erwähnten Produktion des Ballet de Lorraine geschieht: Auf ironische Weise wird dort ein Blick auf die Arbeitsweise eines Tänzers geworfen, was teilweise lautstark über Sprache geschieht.

Weiter ist ein Trend zu grossen Gruppenchoreografien sichtbar, etwa bei Laurence Yadi, Nicolas Cantillon & Cie 7273. Ebenfalls wichtiger wird die Verbindung von Tanz und anderen Kunstrichtungen. Bei Cindy van Acker beispielsweise darf man sich fragen, ob die Choreografie eher für die Tänzer und Tänzerinnen ersonnen wurde oder doch eher für die Lichtinstallation, die einen ebenso wichtigen Teil der Produktion einnimmt. Alexandra Bachzetsis wiederum wird ihr «Piece Danced Alone» gleich im Museum für Gegenwartskunst aufführen.

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