Ave Caesar, les Alsaciens te salutant

Wie lebten die Menschen im Elsass der gallorömischen Zeit? Die Frage lässt sich nur ansatzweise beantworten, wie eine Ausstellung im Musée Unterlinden in Colmar zeigt.

Zwei Wohngebiete im 2. Jahrhundert: das Landgut («villa») bei Steinbourg und die Ansiedlung von Horbourg-Wihr.

Im Sommer des Jahres 58 v. Chr. siegte Gaius Julius Caesar in zwei Schlachten, mit denen er den Anspruch Roms auf Gallien anmeldete. Diesen sah er durch den Zug der Helvetier und ihrer Verbündeten Richtung südliches Gallien sowie durch die Annexion linksrheinischer Gebiete durch Germanen infrage gestellt.

Die Helvetier und Konsorten (unter ihnen die Rauracher) schlug Caesar bei Bibracte im heutigen Département Saône-et-Loire und gebot ihnen, in ihre früheren Gebiete zurückzukehren. Kurz darauf siegte er auch in der Nähe des Rheins – wohl im heutigen Elsass – über ein germanisches Heer unter Ariovist, der seit einiger Zeit die Sequaner in ihren Gebieten zwischen Saône, Rhone und Jura bedrängte.

Sechs Jahre später geriet mit Caesars Sieg über Vercingetorix bei Alesia «ganz Gallien» (ausser jenem wohlbekannten kleinen Dorf natürlich!) unter römische Herrschaft.

Schwierige Spurensuche

In der Folge kam es zu dem, was man üblicherweise als Romanisierung bezeichnet. Römische Garnisonsstädte entstanden, das Wegnetz wurde ausgebaut, der Fernhandel intensiviert und die Nutzbarmachung der Landschaft vorangetrieben. Latein und römische Lebensart drückten Gallien ihren Stempel noch stärker auf, als dies schon in der Zeit vor Caesars Eroberung der Fall gewesen war.

Gerne wüsste man genauer, was sich im Einzelnen abgespielt hat, doch die Spurensuche erweist sich als schwierig, wie sich am Beispiel des Elsass erweist. Dies schon deshalb, weil die ursprünglich «einheimische» Bevölkerung – die mit den Helvetiern ausgezogenen Rauracher und die mit Ariovist verbündeten Triboker – für uns nur schwer zu fassen ist. So wissen wir nicht einmal mit Sicherheit, wo sich Argentovaria, der Hauptort der Rauracher, befand. Dass er bei Biesheim liegt, ist lediglich eine Vermutung.

Dieses Schmuckstück aus dem 2. Jh. zeigt Kaiser Commodus (161–192 n. Chr.), der über einen Gegner triumphiert.

Mehr wissen wir über Brocomagus, die Hauptstadt der Triboker; diese lässt sich in Brumath, in der Nähe von Strassburg, lokalisieren. Die Anfänge von Strassburg seinerseits gehen auf den im Jahre 11 v. Chr. vom römischen Feldherrn Drusus gegründeten militärischen Aussenposten Argentoratum zurück.

Unterschiedliche Wohnformen

Erschwerend kommt hinzu, dass – auch wenn in den letzten zwanzig, dreissig Jahren im Elsass zahlreiche archäologische Grabungen stattfanden – unser Wissen bruchstückhaft bleibt. So viel lässt sich immerhin sagen: In der gallorömischen Zeit gab es sowohl im städtischen wie ländlichen Kontext unterschiedliche Wohnformen. Rund um die Städte prägten kleinere Ansiedlungen (Horbourg, Kembs, Sierenz, Koenigshoffen) und einzeln stehende Gehöfte (Scherwiller) die elsässische Ebene. Zudem überzog ein Netz von Villae als Zentren landwirtschaftlicher Betriebe (Steinbourg, Bergheim, Dutzenheim) das Land.

In seiner Ausstellung «Romains des villes, Romains des champs?» präsentiert das Musée Unterlinden kleinere und grössere Fundstücke aus elsässischen Grabungen der gallorömischen Epoche. Aus ihnen lässt sich eine Vorstellung vom Lebensumfeld und den verschiedenen Tätigkeiten der damaligen Menschen gewinnen.

Äussere Zeichen des Wohlstands

Die Annahme, auf die der Titel der Ausstellung anspielt, nämlich dass im gallorömischen Elsass «Städter» und «Landleute» in zwei verschiedenen Welten lebten, wird von Ausstellungskuratorin Suzanne Plouin relativiert. Punkto Organisation, Architektur und Fundmaterial liessen sich zwischen Stadt und Land ebenso viele Ähnlichkeiten wie Unterschiede feststellen.

Äussere Zeichen des Wohlstands wie Schmuck, Schönheits- und Hygieneartikel sowie alles, was mit dem Schreiben in Zusammenhang steht, liessen sich zwar meist besser in den Städten als auf dem Land fassen. Dabei sei aber die unterschiedliche Bevölkerungsdichte in Betracht zu ziehen.

Schmuck jedenfalls war kein Privileg der Städterinnen. Dies zeigt die schmucke Fibel in Form eines Pferdes, die in der kleinen Ansiedlung bei Horbourg-Wihr gefunden wurde.

Musée Unterlinden, Colmar, bis 21. Januar 2018.
Führungen So, 17. Dez. und 21. Jan., auf Französisch, So, 14. Jan., auf Deutsch.

Begleitpublikation: «Romains des villes, Romains des champs? Visions récentes des cadres de vie de l’Alsace romaine», Actes Sud 2017 (24 Euro).

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