Die Berliner Feier-Dok «Tage ausserhalb der Zeit» feiert im Basler Hinterhof Schweizer Premiere.
Zwei Clubs stehen wie keine anderen für die Auferstehung Berlins als Feiermetropole des 21. Jahrhunderts: Zunächst der monolithische Techno-Tempel Berghain mit seinen legendär strikten Türstehern und totalem Foto- und Filmverbot. Andererseits aber sein Gegenentwurf: die «Bar 25», eine Art Robinson-Spielplatz für Erwachsene, dessen Bretterverschlag an der Spree über die Jahre zum Inbegriff des Paralleluniversums der weltweiten Partygemeinschaft mutierte.
Bekannt wurde die Bude zunächst als exzessiver Afterhour-Hotspot, wo die Clubnächte gerne bis weit in die nächste Woche andauerten und in ausgelassenen Konfetti- und Kissenschlachten mündeten. Doch die Bar 25, die im Herbst 2010 nach jahrelangem Kampf um Bewilligung definitiv dem Megaprojekt «Mediaspree» weichen musste, war mehr als nur ein Hafen für nimmermüde Feierwütige oder der rettende Anker für alle, die nicht nach Hause wollten: Es war ein Hort gelebter Gegenkultur, eine kleine Utopie mitten in Berlins aufgewertetem Zentrum – und Ausgangspunkt Dutzender Ableger, die bis heute den erhöhten Puls der Berliner Clublandschaft bestimmen.
An diese Verdienste erinnert die Dokumentation «Tage ausserhalb der Zeit», die am Samstag Schweizer Premiere feiert. Der Film ist in mehrfacher Hinsicht ein aussergewöhnliches Experiment: Denn er enstand in den letzten Monaten der Bar 25 unter Mithilfe der Bar-25-Macher selbst und zeigt die zentralen Szene-Exponenten – DJs, Gaukler, Artisten und Türsteher – genauso wie mehr oder weniger zufällig anwesende Partygäste. Dabei verzichtet er (im Vergleich etwa zum fiktionalen Kultfilm «Berlin Calling») auf einen roten Faden und taucht stattdessen voll und ganz ein in das Lebensgefühl, in diesen gelebten «Rausch mit und unter Freunden». Entstanden ist ein hemmungslos nostalgisches Dokument der Feierszene der Jetzt-Zeit und ihrer jüngsten Vergangenheit, das in erster Linie dem Hedonismus und der Lebensfreude seiner Ermöglicher huldigt.
Nur folgerichtig, dass ein solcher Film über die Feierkultur nach einer ungewöhnlichen Premierenfeier verlangt – und so verbinden die Basler Partyveranstalter Daniel Karpati und Nicolas Albrecht vom lokalen Label «Balztanz» die Ausstrahlung gleich mit einer Sause der Superlative.
Gestartet wird bereits nachmittags um 17 Uhr auf der Dachterrasse des Hinterhofs mit DJ-Sets vom Basler Newcomer Jamie Shar und Danny Faber, seines Zeichens einer der Mitbegründer und Aushängeschilder der Bar 25.
Die offizielle Filmvorführung findet zwischen 22 und 24 Uhr im Offspace des Hinterhofs statt, anschliessend wird auf zwei Floors mit Bar-25-Resident Nico Stojan und Lokalmatadorin Herzschwester bis in die Morgenstunden gefeiert. Dass die Nacht nicht nur feuchtfröhlich, sondern auch zum Live-Erlebnis wird, dafür sorgen die Live-Acts des Südamerikaners NU und des Zürchers Canson, die beide mit verträumtem Sound zwischen Deep House, Techno und Electro-Folklore verzaubern. Wer die Filmpremiere verpasst hat, der kann sich die Dokumentation stilecht noch die ganze Nacht lang in Endlosschlaufe zu Gemüte führen.
Übrigens: Der Bar-25-Mythos ist alles andere als passé. Zurzeit stecken die Macher in Verhandlungen mit der Stadt Berlin, um ihr ehemaliges Hauptquartier und die umliegenden Strassen definitiv zurückzuerobern und mit dem Projekt «Holzmarkt» in einen Kulturort bisher ungekannter Grössenordnung zu verwandeln: Aus dem Club soll ein ganzes Partyquartier werden.
Hinterhof, Basel. Münchensteinerstrasse 81. Sa, 4. August, ab 17 Uhr.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 03.08.12