Basel erwartet Petra

Im Antikenmuseum Basel bereitet man sich auf eine Ausstellung vor, die von den Ausgrabungen in der jordanischen Felsenstadt Petra erzählen wird.

Restauratoren des Antikenmuseums konservieren die Stuckfragmente aus der Villa von Ez Zantur in Petra. (Bild: Andreas Voegelin)

Im Antikenmuseum Basel bereitet man sich auf eine Ausstellung vor, die von den Ausgrabungen in der jordanischen Felsenstadt Petra erzählen wird.

Nein, mit Petra ist kein Mädchen gemeint, und dennoch wird das Ereignis freudig erwartet. Im Herbst soll es so weit sein. Dann wird die grosse, der jordanischen Felsenstadt Petra gewidmete Ausstellung im Basler Antikenmuseum ihre Tore öffnen, der genaue Termin ist noch nicht bekannt. Im Museum ist man aber schon eifrig an den Vorbereitungen.

Ein Burckhardt als Scheich 

Basel ist mit Petra besonders verbunden – aus zwei Gründen: Der erste, der auch den Anstoss zur Ausstellung gab, ist die Entdeckung der antiken Stadt durch den Gelehrten Johann Ludwig Burckhardt alias Scheich Ibrahim am 22. August 1812. Es war also ein Basler, der vor genau zweihundert Jahren den Grundstein für die Erforschung der mysteriösen Stadt legte, die heute zum Unesco-Welterbe gehört. Zweitens helfen seit 1988 Basler Archäologen mit, Petra zu untersuchen. Die Ergebnisse ihrer Forschungen werden nun erstmals einem breiten Publikum vorgestellt.

Petra besteht aus einer antiken Stadt und einem Friedhof. Es war um die Mitte des ersten Jahrtausends v. Chr., als das antike Nomadenvolk der Nabatäer in die Felswüste zwischen dem Toten Meer und dem Golf von Akaba einwanderte. Als Karawanenhändler und Kamelbesitzer wurden sie rasch reich und errichteten ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. eine blühende Stadt mit eindrücklicher Architektur und einem genialen Wasserleitungssystem. Den Namen Petra, also Fels, gaben jedoch die Griechen dem Ort; wie die Nabatäer ihn nannten, ist nicht überliefert.

Prunkvolle Bankettsäle

Im Laufe der Zeit haben die Basler Forscher in Petra mehrere Gebäude ausgegraben. Unter der Leitung von Bernhard Kolb wurde zuletzt eine herrschaftliche Villa untersucht, ein prachtvolles Beispiel nabatäischer Architektur. Die Böden der Räume waren luxuriös mit Mosaiken belegt, ein Bad und ein heizbarer Winterraum sorgten für Annehmlichkeit. «Es kann in Petra, das immerhin fast 1000 Meter über Meer liegt, im Winter extrem kalt und windig werden», sagt Kolb aus Erfahrung. Als eigentliche Sensation entpuppten sich aber die mit über sechs Metern Raumhöhe repräsentativen Bankettsäle: Ihre Wände waren farbig mit illusionistischen Architekturdarstellungen bemalt, im oberen Teil prangten reiche, mit Blattgold versehene und in Orange und Blau bemalte Stucka­turen. Es sei eine einzigartige Entdeckung, sagt Kolb nicht ohne Stolz, «der qualitätvollste Wanddekor aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. im ganzen Vorderen Orient».

Tausende Fragmente

Zwei Ausschnitte aus diesen Wandmalereien werden jetzt im Atelier des Antikenmuseums für die Ausstellung vorbereitet. Es sind zwei leintuchgros­se Stücke, an denen zwei bis drei Restauratoren seit letztem April arbeiten. Dazu muss man wissen, dass die Reste dieser Malerei aus einer Ausgrabung stammen und nicht von einer stehenden Wand abgelöst werden konnten. Das heisst, es waren Tausende von Fragmenten, die vermutlich beim gros­sen Erdbeben im 4. Jahrhundert von den einstürzenden Wänden abplatzten und unter dem Erdbebenschutt begraben wurden – bis sie die Basler Archäologen in behutsamer Kleinarbeit wieder freilegten.

«Es war wie ein gigantisches Puzzle ohne Vorlage», erinnert sich Kolb, als er und seine Helfer noch in Petra herauszufinden versuchten, wie die Dekora­tion zu lesen war. «Noch heute ist nicht alles klar», sagt er. Das sieht man auf den ersten Blick, denn die beiden Wandausschnitte weisen zahlreiche Leerstellen auf. Dennoch ist ein Muster, sind aus Stuck geformte oder in Farbe gemalte Simse und Pilaster erkennbar.

Bunte Wandmalereien

Kolb erläutert mit Begeisterung den nabatäischen Stil, den die herrschende Oberschicht entwickelt hatte: «Sie haben aus umliegenden Kunststilen, vor allem aus dem ägyptischen, herausgepickt, was ihnen gefiel und damit etwas Eigenes kreiert. Das ist eine bedeutende Kulturleistung, die den heutigen Potentaten im arabischen Raum völlig abgeht; die übernehmen nur noch Fixfertiges, ohne einen eigenständigen Stil in Kunst oder Architektur zu entwickeln.» Gemalt wurden hauptsächlich bunte Flächen, Linien, Bänder und geometrisch-architektonische Elemente, welche die Horizontale und Vertikale betonen. Dazwischen sind Blümchenmuster, laut Kolb eine Art «Laura-Ashley-Stil», und selten auch figürliche Darstellungen zu entdecken. «Jedenfalls war alles bemalt, in Rot, Blau, Grün, Gelb … Keine Fläche, keine Kante ohne Farbe und Muster. Vielleicht haben wir hier einen Vorläufer der islamischen Kunst mit ihren kleinteiligen, repetitiven Mustern?»

Ungetüm als Blickfang

Im Basler Atelier war es Aufgabe der Restauratoren, die vielen Einzelteile zu zwei ansprechenden Ausstellungsstücken zusammenzusetzen. Kurt Bosshard, Leiter der Konservierung, erklärt das Vorgehen. «Wir mussten zuerst die Farbe festigen, denn die Nabatäer haben die Mineralfarben a secco auf den Mörtel gemalt, also ohne Bindemittel, sodass heute alles abfärbt.» Die Fragmente wurden auf eine neue Unterlage, einen «Mörtel» aus Acrylharz, eingebettet, dann wurde mit dem Skalpell ausgebessert, bis sich das Ausstellungsstück makellos präsentierte.

Aber bereits kümmert sich Bosshard um ein weiteres Projekt für die Ausstellung: Er hat eine kleine, im Original nur etwa A4-grosse Steinstele in zehnfacher Grösse aus Polyurethanplatten nachgebaut. Die Stele, vermutlich der Göttin Isis geweiht, zeigt auf der Vorderseite ein stilisiertes Gesicht mit Augen, Nase und Schmollmund à la Scarlett Johansson. Das nun etwa 250 Kilogramm schwere, über drei Meter hohe Ungetüm wird als Blickfang schon bald im Garten des Antikenmuseums zu sehen sein, um die Vorübergehenden auf den kommenden Event aufmerksam zu machen.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 17.02.12

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