Seit ein paar Tagen hängen in Basel Plakate mit seltsamen Sprüchen eines gewissen Jacob Burckhardt. «Im Grunde sind wir ja überall in der Fremde, und die wahre Heimath ist aus wirklich Irdischem und aus Geistigem und Fernen wundersam gemischt», heisst es da zum Beispiel. Und darunter sind Kommentare junger Menschen zu finden, die nicht immer zu verstehen scheinen, was der alte Mann damit sagen möchte.
Wer ist nun dieser Jacob Burckhardt (1818–1897)? Jetzt haben wir doch erst einen Johann Ludwig Burckhardt gefeiert, der als Scheich Ibrahim Berühmtheit erlangt hatte. Zwei Vertreter des Basler Daigs, was man an der Schreibweise des Namens mit dem charakteristischen ckdt erkennt. Aber darüber hinaus?
Der Kopf auf der Tausender-Note
Bildungsbürger mögen über diese Frage den Kopf schütteln, aber die breite Bevölkerung? Als Konterfei der noch gültigen Tausend-Franken-Note beweist, dass die Person einen bedeutenden Status in der Schweizer Geschichte haben muss. Aber wer trägt schon Tausender-Noten mit sich herum.
Dass Burckhardt als wichtigster Schweizer Historiker und Geisteswissenschaftler des 19. Jahrhunderts gilt, dass er als Begründer der Kulturgeschichte gehandelt wird, wissen wohl nicht ganz so viele. Auch nicht, dass sein vor 160 Jahren geschriebenes Werk «Die Cultur der Renaissance in Italien» noch immer zu den Standardwerken der Geschichtswissenschaften und der Kunstgeschichte gehört.
Dies möchte eine Gruppierung um das Departement Geschichte der Universität Basel ändern. Gelegenheit dazu bietet der 200. Geburtstag Burckhardts, der dieses Jahr begangen wird: mit seriöser Wissenschaft, aber auch mit Veranstaltungen und Aktionen, die ein breiteres Publikum ansprechen sollen.
Virtuelle Reise durch den Burckhardtschen Kosmos
So lockt unter anderem eine virtuelle Reise durch Burckhardts Kosmos. Im Historischen Museum Basel kann man sich an einen der zwei Nachbauten von Burckhardts Schreibtisch setzen, eine Datenbrille aufsetzen und in eine faszinierende dreidimensionale Bilderwelt eintauchen. Und hoffentlich auch wieder mal auftauchen, um sich auch noch den danebenstehenden Originalschreibtisch anzuschauen, der zur Sammlung des Museums gehört. Zumindest hofft das Museumsdirektor Marc Fehlmann, wie er an der Medienpräsentation im Schiff der Barfüsserkirche sagte. Am Freitag, 4. Mai, ist Vernissage in der Barfüsserkirche.
Dazu kommen viele, sehr viele weitere Aktionen und Veranstaltungen. Rund um seinen eigentlichen Geburtstag am 25. Mai findet eine internationale Tagung statt. Am 8. Mai sprechen der Autor Lucas Bärfuss und die Kunsthistorikerin Bice Curiger an einem Podium im Foyer des Theaters Basel über die «Aktualität des Historischen». Im Staatsarchiv sind Originalschriften zu sehen, in der Unibibliothek und der Bibliothek des Kunsthistorischen Seminars werden Teile seiner immensen Fotosammlung gezeigt, die Burckhardt für seine Vorlesungen brauchte. Und in der Kaserne Basel wird im Juni unter anderem «Das Jacob Burckhardt Katzenstück» von Marcel Schwald zu sehen sein.
Lucas Burkart, Professor für Geschichte des Spätmittelalters und der italienischen Renaissance an der Universität Basel, ist einer der Initianten des ausgedehnten Geburtstagsreigens. «Wir wollen Jacob Burckhardt nicht zum neuen Stadtheiligen erheben, sein Leben und Werk aber trotzdem über den Kreis der universitären Wissenschaften hinaus den Menschen näherbringen», sagt er. Deshalb habe er von Beginn weg Partner ausserhalb der Uni mit in die Programmgestaltung einbezogen.
Es erscheint vorbildlich, wie die Universität hier vom Elfenbeinturm heruntersteigt und durch Kooperationen mit Museen und Veranstaltungsorten wie der Kaserne Basel andere Herangehens- und Sichtweisen zulässt. Aber natürlich kniet sich auch die Wissenschaft gehörig in das Thema hinein. Seit vielen Jahren schon arbeiten Geschichts- und Kulturwissenschaftler an einer kritischen Gesamtausgabe von Jacob Burckhardts Werk. Sie ist auf 28 Bände angelegt – sehr viel Lesestoff also.
Hier eine Übersicht über die vielen Veranstaltungen und Aktionen zu Jacob Burckhardt.