Basler Messen droht das Ende

Messestandbauer müssen sich neu an einen Gesamtarbeitsvertrag halten. Das kommt die Aussteller teuer zu stehen. So teuer, dass es für Messen finanziell schwierig wird.

Baustellen-Kontrolleure können ab sofort Verstösse von Messestandbaufirmen gegen den Gesamtarbeitsvertrag ahnden. Im Bild: Kontrolle solcher Firmen am Swiss-Indoors-Turnier im Herbst 2011. (Bild: Stefan Bohrer)

Messestandbauer müssen sich neu an einen Gesamtarbeitsvertrag halten. Das kommt die Aussteller teuer zu stehen. So teuer, dass es für Messen finanziell schwierig wird.

Als sich Messedirektor René Kamm einschaltete, war es bereits zu spät: Vergeblich warnte er Bundesrat Johann Schneider-Ammann, der Standort Schweiz für Messen werde verteuert und geschwächt, wenn der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für Schreiner unverändert verabschiedet werde. Keine Woche später verabschiedete der Bundesrat den GAV trotzdem und erklärte diesen per 1. Juni 2012 als allgemein verbindlich.

Und dieser Gesamtarbeitsvertrag hat es in sich, denn er betrifft nicht nur wie bisher Schreiner, neu sind darin ausdrücklich auch Messestandbauer aufgeführt. Dafür hatten sich der Schreinerverband und die Gewerkschaften Unia und Syna gemeinsam stark gemacht: Schreinereien sollten gegenüber Messestandbauern gleich lange Spiesse haben.

Gleich lange Spiesse heisst etwa, dass Messestandbauer ihren Angestellten für Sonntagsarbeit einen Zuschlag von hundert Prozent zahlen müssen. Für gelernte Berufsleute gilt ein Mindestlohn von gegen dreissig Franken. Löhne, von welchen ausländische Messestandbauer häufig sehr weit entfernt sind, wie Michel Rohrer, Leiter der Zentralen paritätischen Kontrollstelle, bestätigt: «Bisher stiessen wir bei unseren Kontrollen häufig auf Messe­bauer, die für zehn bis fünfzehn Franken die Stunde arbeiteten.»

Vorbei mit Billigarbeitskräften

Kein Wunder, rechnet er damit, dass sich die Kosten für die Auftraggeber mit einem Schlag etwa verdreifachen werden – zumindest für alle, die bis anhin ihre Stände von ausländischen Billigarbeitern aufbauen liessen. Eine Schätzung, die von Branchenkennern geteilt wird.

Messe-Pressesprecher Christian Jec­ker erklärt: «Für Aussteller, die bis jetzt einen Standbauer beauftragten, der vorwiegend mit Billigarbeitskräften zusammenarbeitete, kann die Verteuerung unter Umständen markant sein.» Weniger stark betroffen sei die Messebaufirma Expomobilia, eine Tochterfirma der MCH Group. Deren Angestellte hätten schon heute «sehr gute Arbeitsverträge».

Wie viele Aussteller wegen dieser Verteuerung jetzt darauf verzichten, an einer Messe teilzunehmen, kann die MCH Group nicht abschätzen. Doch die Lage ist ernst. Im schlimmsten Fall setzte sich eine Spirale in Gang, an deren Ende viele Aussteller von Fachmessen abspringen und es sich für die MCH Group nicht mehr lohnt, die entsprechende Messe durchzuführen.

Doch selbst an den lukrativsten Messen wie der Baselworld drohen Uhren- und Schmuckhersteller fernzubleiben. Erhöht die Messe doch ausgerechnet auf nächstes Jahr die Preise massiv: Allein für die gemietete Standfläche, eine Art Grundgebühr, verlangt sie 20 Prozent mehr. Dazu kommen allerlei Zuschläge, welche die Messe teilweise verdoppelt oder verdreifacht.

Drohende Abwärtsspirale

Wenn jetzt auch noch die Kosten für den Standbau massiv teurer werden, könnte dies die Abwärtsspirale in Gang setzen. Offensichtlich ist sich dessen auch die Messe bewusst: Selbst nachdem der Gesamtbundesrat den neuen GAV verabschiedet hatte, intervenierte sie noch einmal bei Bundesrat Schneider-Ammann, schriftlich.

Weniger Sorgen als die Messe machen sich die Verantwortlichen des Tennisturniers Swiss Indoors. Zwar bauen auch hier Messebaufirmen die Infrastruktur auf. Doch dank Verträgen, die erst in ein paar Jahren auslaufen, können die Messebauer allfällige Mehrkosten nicht überwälzen.

Der Verband der Messebaufirmen, der erst vom neuen GAV erfuhr, als die Einsprachefrist längst verstrichen war, will jetzt die Verbandsmitglieder an einer ausserordentlichen Generalversammlung über allfällige Widerstandsmassnahmen entscheiden lassen.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 17.08.12

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