Ein Basler will Trumps  Grenzmauer für die Ewigkeit retten

Christoph Büchel will die im Auftrag des US-Präsidenten gebauten Prototypen für die Mauer zu Mexiko als kollektives Kunstdenkmal schützen lassen.

Schön muss die Mauer nur auf der US-Seite sein.

Die provokativen Kunstaktionen von Christoph Büchel haben oft ihren Abbruch zur Folge. Für Aufsehen sorgte an der Biennale in Venedig 2015 etwa die Schliessung der Kirche, die er zur Moschee umfunktionierte, um den Dialog in der Gesellschaft anzustossen. Seine Installation «Training Ground for Democracy» für das Massachusetts Museum of Contemporary Art blieb dagegen noch vor der Eröffnung wegen Budgetüberschreitungen unvollendet.

Bei seiner neuesten Aktion auf amerikanischem Boden agiert Büchel wieder auf der Schnittstelle zwischen Politik und Kunst: Er will die acht Prototypen-Elemente, die Präsident Donald Trump zu Testzwecken der geplanten Grenzsicherung zu Mexiko errichten liess, per Petition zum nationalen Denkmal erklären.

Dazu gründete Büchel MAGA. Das Kürzel steht wahlweise für Trumps Wahlslogan «Make America Great Again» oder für die Abwandlung «Make Art Great Again». Die Organisation sammelt auf ihrer Website derzeit Unterschriften. Sie beruft sich auf den «Antiquities Act» aus dem Jahr 1906, welcher den Präsidenten zur Ernennung nationaler historischer Kunstwerke sowie zum Schutz von Landstrichen befugt.

Monumentale Mauerstücke

Doch damit nicht genug der Aktion. Büchel erklärt das Testgelände an der Grenze schon jetzt zum Freiluft-Kunstgelände oder Skulpturengarten «Prototypes». Für 20 Dollar bietet er geführte (und bereits ausgebuchte) Touren an. Im Preis enthalten sind professionelle Führungen in Spanisch und Englisch, Erfrischungen sowie die Fahrtkosten vom amerikanischen San Diego über die Grenze via Tijuana zum Testgelände – da es nur von der mexikanischen Seite zugänglich ist.

Monumental sind die acht Mauerstücke mit 9,1 Metern Höhe definitiv. Robust sind sie auch. Schliesslich soll die Mauer entlang der 3140 Kilometer langen Grenze dereinst lateinamerikanische Einwanderer vom illegalen Übertritt in die USA abhalten – ein zentrales Wahlversprechen Trumps.

Darum müssen die Prototypen aus Stahl und Beton nicht nur den harten Witterungsbedingungen der Wüstenregion trotzen. Die Mauerelemente müssen auch halbstündige Attacken mit Vorschlaghammer und Schweissbrenner überstehen. Zudem sollen sie von der amerikanischen Seite her hübsch anzuschauen sein.

Die brutale Wucht der Wälle offenbare beim genaueren Betrachten die unbestreitbare Majestät minimalistischer Skulpturen, meint Büchel. Weshalb ihn die acht Prototypen an die riesigen Kunstwerke von Donald Judd und dessen Jüngern erinnerten. Judd hatte in der amerikanischen Wüste seinen Traum von einem Freiluftmuseum verwirklicht, das man heute nur mit geführten Touren per Auto erkunden kann.

Wobei Büchel noch eins draufsetzt: «Als ich die ersten Bilder sah, dachte ich an Stonehenge. It’s so strong.»

Kunstexperten diskutieren derzeit, ob eine Mauer als Symbol der Abgrenzung überhaupt Kunst sein kann.

Der Künstler selbst will für dieses Werk allerdings keine Autorenschaft. Vielmehr hievt er Trump in die Rolle des Künstlers, gemeinsam mit dem amerikanischen Volk, das ihm per Wahl die Verwirklichung seiner Obsession ermöglichte. Schon fragt die «New York Times»: «Is Donald Trump, Wall-Builder-in-Chief, a Conceptual Artist?» Kunstexperten ennet des Atlantiks diskutieren derzeit, ob eine Mauer als Symbol der Abgrenzung überhaupt Kunst sein kann.

Tom Eccles, Direktor am renommierten Bard College in New York, der schon über hundert Ausstellungen und Freiluftprojekte für das MoMA oder das Whitney Museum kuratiert hat, widerspricht:

«Die Geschichte und auch unsere Landschaften sind übervoll mit schrecklichen und beängstigenden Strukturen. Skulpturen sollten das Gute in uns ansprechen. Die Berliner Mauer als Land Art oder Konzeptkunst zu bezeichnen, macht sie noch nicht dazu. Die abscheulichen Dinge an der Grenze sind keine Kunst und werden auch nie welche werden.»

Mit der Diskussion über die Trump-Mauer befeuert Büchels Aktion nun also auch die aktuelle Debatte in Berlin. Dort wird derzeit heftig gegen ein Hotel protestiert, das direkt vor die letzten Mauerreste der «East Side Gallery» hingebaut werden soll. Prominente Unterstützung erhält das Protest-Komitee auch von David Hasselhoff, der den Verantwortlichen per Video drohte, persönlich über den Atlantik zu kommen, falls das Bauprojekt weiterverfolgt würde.

Wenn The Hoff sich auch für Büchels Petition starkmachen würde, könnte man sich auf einen amüsanten Schlagabtausch zwischen David «Looking for Freedom»-Hasselhoff und Goliath «My Button is bigger than yours»-Trump freuen.

Ob das 3,3-Millionen-Dollar-Projekt «Protoypes» dem amerikanischen Volk nun als Mahnmal für die Fantasie eines Präsidenten erhalten bleibt (die  realisiert geschätzte 21 Milliarden kosten würde) oder ob das Kunstprojekt in der Wüste versandet wie Büchels geplante Vergrabung einer Boeing 727: Der Künstler hat einmal mehr den Zeitnerv-Button getroffen.

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